Der
Ausschuss empfiehlt der BVV einstimmig, den Antrag anzunehmen.
Von den angekündigten
ExpertInnen waren anwesend:
Prof. Dr. Wolfgang Benz, Zentrum
für Antisemitismusforschung
Prof. Gerhard Baader, Zeitzeuge
Dr. Hans Coppi, VVN-BdA Berlin
e.V.
Herr Kühne, Leiter der Abteilung
II – Städtebau und Projekte, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Dr. Franz Schulz,
Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtentwicklung
Dr. Thomas Flierl, Vorsitzender
des Ausschusses für Stadtentwicklung im Abgeordnetenhaus von Berlin
Absagen:
Prof. Dr. Nachama, Stiftung
Topographie des Terrors, musste seine Teilnahme kurzfristig absagen. Alice
Ströver, Vorsitzende des Ausschusses Kulturelle Angelegenheiten im
Abgeordnetenhaus von Berlin, war verhindert.
Ergebnis:
1. Alle Experten unterstützen das Anliegen der DS 1685/III Informations-
und Gedenkort am Columbiadamm.
Ob der zu schaffende Erinnerungsort zwingend auf dem authentischen Gelände
zu errichten ist, beantworten die Experten unterschiedlich. Fragen des
Standortes müssen auf jeden Fall im Rahmen eines Gesamtkonzeptes erörtert und
die Frage geprüft werden, ob eine etwaige Bebauung auf dem historischen Gelände
hinderlich wäre.
2. Im öffentlichen Bewußtsein
wird mit dem Tempelhofer Feld vor allem die Geschichte der
Alliierten-Luftbrücke (Rosinenbomber) verbunden. Die Geschichte des KZ Columbia
und die Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie auf, unter und in der Umgebung
des Tempelhofer Flughafens während der NS-Zeit ist hingegen wenig bekannt.
Daher soll ein öffentlicher Diskurs über diese geschichtliche Dimension des
Geländes angeregt werden.
Hierfür wäre es wichtig,
unverzüglich - nicht erst im Jahr 2017 -
auf dem Tempelhofer Feld ein wie auch immer gearteter provisorischer Ort
(Pavillon, Hütte, Box, Container o.ä.) zu schaffen, an dem öffentliche
Informations- und Diskussionsveranstaltungen stattfinden können. Nur eine
entsprechende Informationstafel aufzustellen, wird als nicht ausreichend
erachtet.
3. Die Beschäftigung der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit der Geschichte des KZ Columbia und
der Zwangsarbeit auf, unter und in der Umgebung des Tempelhofer Flughafens
während der NS-Zeit steht ganz am Anfang. Sie wurde bisher bei den Überlegungen
zur Entwicklung des Tempelhofer Feldes nicht berücksichtigt. Deshalb muss nun
unbedingt die Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten, die bislang
keine eigenständigen Beiträge zum Thema geleistet hat, in die weitere
Entwicklungsarbeit für das Tempelhofer Feld einbezogen werden.
4.
Benötigt wird ein erinnerungspolitisches Gesamtkonzept, das sich mit den
verschiedenen historischen Schichten des Tempelhofer Feldes und ihren
spezifischen Fragestellungen auseinandersetzt und klärt, wie die verschiedenen
historischen Dimensionen sinnvoll in eine Beziehung gesetzt werden. Es sollte
auf jeden Fall vermieden werden, dass etwa die Architekturgeschichte des
Flughafengebäudes und die Alliiertengeschichte getrennt und losgelöst von der
NS-Geschichte dargestellt werden.
Beschluss:
Der Ausschuss beschließt die DS 1685/III Informations- und Gedenkort am
Columbiadamm einstimmig.
Elvira
Pichler
Ausschussvorsitzende
Anlage 1
Ablaufplan der
Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Kultur und Bildung der
Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg zur DS 1685/III
Informations- und Gedenkort am Columbiadamm
von Elvira Pichler,
Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung der BVV
Friedrichshain-Kreuzberg,
mobil 0177 429 1290
Stand: 11.06.2010
A. Begrüßung und Vorstellung der ExpertInnen durch die Ausschußvorsitzende
B. Anhörung
Erste Runde
Prof. Dr. Andreas Nachama (max. 15 Minuten):
1) Welche Funktion und Bedeutung hatte das KZ Columbia-Haus in der
NS-Zeit ?
2) Ist es aus Sicht der Stiftung Topographie des Terrors
wichtig, bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes einen eigenen Informations-
und Gedenkort in Erinnerung an das KZ Columbia-Haus und die ZwangsarbeiterInnen
zu schaffen?
3) Welcher Standort wäre aus Sicht der Stiftung Topographie des Terrors ggf. am geeignetsten?
4) Wäre die Stiftung Topographie des Terrors bereit und in
der Lage, ein entsprechendes
Gedenkkonzept zu entwickeln und ggf. die Trägerschaft für den Informations- und
Gedenkort zu übernehmen?
Prof. Dr. Wolfgang Benz (max. 10 Minuten):
1) Ist es aus Sicht des Zentrums
für Antisemitismusforschung wichtig, bei der Entwicklung des Tempelhofer
Feldes einen eigenen Informations- und Gedenkort in Erinnerung an das KZ
Columbia-Haus und die zur Zwangsarbeit
gezwungenen Menschen zu schaffen? Wenn ja, warum?
2) Ist es aus Sicht des Zentrums für Antisemitismusforschung sinnvoll, dass die Stiftung
Topographie des Terrors die Konzeptentwicklung und Trägerschaft für den
Informations- und Gedenkort übernimmt?
3) Welcher Standort wäre aus Sicht des Zentrums für Antisemitismusforschung ggf. am geeignetsten?
Prof. Dr. Gerhard Baader, Zeitzeuge (max. 5 Minuten)
1) Ist es aus Ihrer Sicht wichtig, bei der Entwicklung des Tempelhofer
Feldes einen eigenen Informations- und Gedenkort in Erinnerung an das KZ
Columbia-Haus und die zur Zwangsarbeit
gezwungenen Menschen zu schaffen?
2) Welcher Standort wäre aus Ihrer Sicht ggf. am geeignetsten?
Dr. Hans Coppi, Berliner Vereinigung der Verfolgten
des Naziregimes, Berliner VVN-BdA)
(max. 5 Minuten)
1) Ist es aus Sicht der Berliner Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes wichtig, bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes einen eigenen
Informations- und Gedenkort in Erinnerung an das KZ Columbia-Haus und die zur
Zwangsarbeit gezwungenen Menschen
zu schaffen?
2) Welcher Standort wäre aus Ihrer Sicht ggf. am geeignetsten?
Herr Kühne, Leiter der Abteilung II - Städtebau und
Projekte, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (max. 15 Minuten)
1) Beabsichtigt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bei der Entwicklung
des Tempelhofer Feldes einen eigenen Informations- und Gedenkort zu den
Themen KZ Columbia-Haus und
Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion
zu schaffen?
2) Gibt es konkrete Überlegungen und Planungen, in welcher
Weise diese historische Dimension bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes
berücksichtigt werden soll? Wenn
ja, welche?
3) Wird von der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bei der Ausschreibung von
Entwicklungsaufträgen und Planungswettbewerben das Thema KZ Columbia-Haus und Zwangsarbeit berücksichtigt?
Wenn ja, bei welchen
Ausschreibungen und in welcher Weise?
4) Welcher Standort wäre aus Sicht der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung für ein Informations- und Gedenkort ggf. am
geeignetsten?
5) Welche Pläne hat die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung gegenwärtig für das Gebiet südlich des Columbiadamms? Wie ist
der aktuelle Planungsstand?
Dr. Franz Schulz, Bezirksbürgermeister von
Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtentwicklung (max. 5 Minuten)
1) Ist es aus Sicht des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg wichtig,
bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes einen eigenen Informations- und
Gedenkort in Erinnerung an das KZ Columbia-Haus und die zur Zwangsarbeit gezwungenen Menschen zu schaffen?
2) Welcher Standort wäre aus Ihrer Sicht für ein
Informations- und Gedenkort
ggf. am geeignetsten?
3) Welche Position hat das Bezirksamt
Friedrichshain-Kreuzberg zu den Plänen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für das
Gebiet südlich des Columbiadamms?
Dr. Thomas Flierl, Vorsitzender des Ausschusses für
Stadtentwicklung im Abgeordnetenhaus von Berlin (max. 5 Minuten)
1) Ist es aus Ihrer Sicht wichtig, bei der Entwicklung des Tempelhofer
Feldes einen eigenen Informations- und Gedenkort in Erinnerung an das KZ
Columbia-Haus und die zur Zwangsarbeit
gezwungenen Menschen zu schaffen?
2) Welcher Standort wäre aus Ihrer Sicht für ein
Informations- und Gedenkort
ggf. am geeignetsten?
3) Wie bewerten Sie die gegenwärtigen Plänen der
Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung für das Gebiet
südlich des Columbiadamms?
Offene Runde für Fragen der BVV-Verordneten (max. 35
Minuten)
Schlussrunde/Resümee (max. 25 Min.)
Gez. Elvira Pichler
Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung der Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg
Anlage
2 zum Protokoll der Öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Kultur und Bildung
der BVV Friedrichshain-Kreuzberg am 15.06.2010
TOP Öffentliche Anhörung zur DS 1685/III Informations- und Gedenkort am
Columbiadamm
Wortprotokoll der
Redebeiträge von
Herrn Kühne, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, und
Herrn Dr. Thomas Flierl, Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung im
Abgeordnetenhaus von Berlin
(Aufgrund eines technischen Problems gibt es von den anderen Wortbeiträgen
keine Tonaufnahme.)
Herr Kühne:“Es wurde
eben schon erwähnt, die Senatsbaudirektorin Frau Lüscher hat sich im
parlamentarischen Raum auch schon dazu geäußert. Es ist unserem Haus sehr
deutlich, dass es ein hohes öffentliches Interesse am Flughafen Tempelhof als
historischen Ort gibt. In den öffentlichen Auseinandersetzungen der letzten
Jahre hat natürlich stark die Nachkriegszeit eine Rolle gespielt das
Luftbrücken. Und Alliiertenthema. Dazu hat es ja auch schon eine Reihe von
Vorüberlegungen gegeben, beispielsweise perspektivisch das Alliiertenmuseum an
den Standort Tempelhof zu verlagern, aber es ist auch darauf hingewiesen
worden, es hat ja vor allem in den 80iger Jahren eine intensive
Auseinandersetzung mit dem Standort Tempelhof und den anderen Standorten und in
der Stadt als Orte des Terrors im Nationalsozialismus gegeben. Da gibt es ja
sehr gute inhaltliche Grundlagen.
Wir gehen davon aus, dass wir uns bei der Entwicklung von Tempelhof
mit den unterschiedlichen historischen Schichten auseinander setzen müssen. Wir
sind allerdings konzeptionell in jeder Hinsicht am Anfang der Entwicklung. Wir
erwarten auch, dass es auch im Abgeordnetenhaus, also nicht nur in diesem
Gremium, auch ganz klare politische Aufträge dazu geben wird und die werden wir
in unserer Konzeptentwicklung für den Standort natürlich auch berücksichtigen.
Wir sind gerade dabei, mit unserem Entwicklungsträger, der gerade gegründet
wird, Herr Steindorf ist ja hier anwesend, das Leitbild für den Standort zu
konkretisieren, auch eine politische Beschlussfassung über Investitionen in den
nächsten Jahren und Jahrzehnten auf den Weg zu bringen und damit wird natürlich
dann auch der politische Rahmen abgesteckt, was an diesem Standort stattfinden
soll. Ich gehe davon aus, dass diese historischen und politischen Themen in
jedem Falle zum Auftragsspektrum gehören werden, das wir aus dem
Abgeordnetenhaus bekommen.
Wir haben uns in diesem Jahr zunächst sehr stark bei
unserer Arbeit auf die Vorbereitung und Durchführung der Eröffnung der
Freiflächen für die Bevölkerung konzentriert und sind natürlich auch in diesem
Zusammenhang dann auch schon gefragt worden, wie wollen wir mit diesem Thema
umgehen. Jetzt, wo man dieses Gelände begehen kann, ist der Zeitpunkt gekommen,
wo man sich mit solche Fragen
nicht mehr nur abstrakt auseinander setzen kann und muss, sondern
einerseits in die Diskussion einsteigen muss, und vor allem auch auf Entdeckung
gehen kann.
Wenn man sich einen Stadtplan oder einen Lageplan aus den
40iger Jahren ansieht, dann sieht man vieles sehr deutlich, was heute ohne
weiteres nicht mehr nachvollziehbar ist. Also neben diesem monumentalen
Flughafengebäude, das wir heute vor uns haben, gab es damals den Zwanzigerjahreflughafen.
Es gab aber auch eine Vielzahl von kriegsbedingten Infrastrukturen,
Barackenlagern, es gab Zwangsarbeiterlager, also das Gelände war in den
Randbereichen trotz des Flugbetriebs intensiv besetzt und vieles ist jetzt
unmittelbar nicht mehr zu sehen, also nicht nur das Columbia-Haus, und insofern
können wir einerseits auf eine sehr gute Dokumentationslage zurück greifen. Wir
werden uns aber bemühen, die authentischen Orte aufzuspüren und auch heraus zu
finden, was tatsächlich noch Vorort an Relikten vorhanden ist. Also das ist
eine Frage, die dann hin bis zu archäologischen Untersuchungen führen wird. Wir
haben in Berlin inzwischen ja sehr viel Erfahrungen mit dem Umgang mit solch
vergleichbaren Orten, wenn man Vergleiche überhaupt anstellen will, wie man
sich an eine solche Aufgabe heran macht.
Es gibt ja in den letzten beiden Legislaturperioden (…?)
sind ja Gedenkkonzepte für die Erinnerungen an die beiden Diktaturen des 20.
Jahrhunderts erarbeitet worden. Diese Konzepte sind ja auch so angelegt, dass
sie auf Ergänzungen und Vertiefungen vorbereitet sind und in diesem
Zusammenhang gibt es ja auch bewährte Arbeitsstrukturen. Wir werden uns bemühen
dazu schnell in eine enge Zusammenarbeit mit der Kulturverwaltung zu kommen,
die ja auch im Senat die Federführung für die Gedenkpolitik hat. Wir hatten ja
gerade Eröffnungsveranstaltungen zu Projekten die zeigen, dass diese Arbeit ja
auch sehr kurzfristig zu Erfolgen führen kann. Die Bernauer Strasse ist ja
gerade als Gedenkstätte eröffnet worden, auch die Topographie des Terrors nach
einem sehr langen Weg. Und insofern sind wir in meiner Einschätzung nicht nur
mir den Sachverständigen sehr gut aufgestellt. Wir haben bewährte
Arbeitsstrukturen und, das ist ja auch schon angeklungen, wir haben vor allem in
der Stadt auch inzwischen die Institutionen, die bereit und in der Lage sind,
sich auch qualifiziert mit diesen Themen auseinander zu setzen.
Ich habe persönlich auch mit Herrn Nachama dazu
Gespräche geführt. Auch er war zunächst mal mit der Vollendung des
Topographie-Standortes beschäftigt
und ich habe jetzt zum Monatsende auch die naheliegenden Akteure, also vom
Deutschen Historischen Museum, Topographie des Terrors, Alliiertenmuseum und
weitere eingeladen. Wir wollen sozusagen ein Auftaktgespräch führen, um zu
sehen, was die Verwaltungen in ihren Möglichkeiten, aber auch was die
Institutionen und was externe Partner leisten können, um uns mit dieser
Thematik auseinander zu setzen. Wir werden sicherlich dafür auch sehr viel
externen Sachverstand benötigen. Das ist eigentlich üblich, dass solche
Projekte mit einem qualifizierten Beirat auch begleitet werden und wir wissen,
dass auch, wenn man mit ersten Schritten, also ganz kurzfristige Maßnahmen im
Auge hat, also z.B. solch eine Hinweistafel erst mal auf den Ort aufmerksam zu
machen oder dann bestimmte Zieljahre, wie 2013 ins Auge zu fassen, dass das in
der Regel ein relativ langer Weg ist, bis ein Konzept dann inhaltlich gereift
ist, bis politische Beschlüsse dazu gefasst sind und dann auch eine Finanzierung
gesichert ist.
Es wurde ja hier schon darauf hingewiesen, dass wir es
hier nicht mit einem lokalem Thema zu tun haben, sondern auch mit einem Thema,
dessen Bedeutung mehr als gesamtstädtisch ist. Es ist üblich für solche
Projekte ja dann auch die Bundesseite mit einzubinden, was nicht zuletzt dann
auch für Finanzierungsspielräume wichtig ist. Insofern wollte ich jetzt nur
kurz umreißen, wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Wir würden gerne auch
kurzfristig jetzt Zeichen setzen. Wir bemühen uns, nachdem wir viele Menschen,
die auf dem Weg in den Park sind , auch in diesen Bereichen herumirren sehen,
wir bemühen uns, die Zugänglichkeit vom Columbiadamm aus kurzfristig auch
herzustellen und würden auch gerne in diesem Zusammenhang dann eine erste Hinweistafel
an diesen Ort anbringen, in dem Bewusstsein, dass man über das Konzept und auch
die Einbindung in die Berliner Gedenkstättenlandschaft sicherlich noch intensiv
nachdenken muss und vor allem auch in Bezug zu den anderen historischen Spuren
und den anderen historischen Themen, die mit dem Standort verbunden sind.
Auf Nachfrage:
Herr Kühne:
In ihren Fragen wurde ja auch ganz gezielt nach Verfahren
gefragt. Sie werden morgen in der Presse und in den Medien nachvollziehen
können, dass wir jetzt gerade einen Wettbewerb durchgeführt haben zur
Gestaltung der zukünftigen Parklandschaft. Der größte Teil des Geländes, also
die zentralen 200 ha sollen ja als Park gestaltet werden, aber auch bei diesen
Planungsschritten sind wir im Moment noch in einer sehr groben Maßstabsebene.
Andererseits müssen wir uns mit dem Standort, über den wir heute hauptsächlich
sprechen, Standort Columbia-Haus, intensiv auseinandersetzen, weil wir im
nächsten Jahr, im Anschluss an diesen Parkwettbewerb einen Wettbewerb
durchführen werden, der sich mit einer internationalen Gartenschau
auseinandersetzt, die 2017 im Bereich Columbiadamm ihren Schwerpunkt haben
soll. lnsofern werden wir durchaus relativ bald, relativ konkret werden müssen,
um dann sicher zustellen, dass wir mit den Ambitionen für eine Neugestaltung
nicht noch weiter Spuren verwischen und auch klar wissen, also für alle Seiten,
in welchem Umfang und mit welchem Anspruch dann diese historische
Spurensicherung und vor allem dann auch Ausstellung und Dokumentation berücksichtigt
werden müssen.
Andererseits ist es ja schon angeklungen, der authentische
Ort verpflichtet ja auch nicht , das Gedenken jetzt an einen ganz bestimmten
Punkt zu konzentrieren und für Tempelhof ist ja bezeichnend, dass wir ein
Übermaß an Raum haben, aber sowohl im Freien als auch im Gebäude und insofern
wird es sicherlich auch keine Konflikte zwischen den unterschiedlichen
Gestaltungsansprüchen und Entwicklungsansprüchen geben und ich gehe davon aus,
dass man sich dann auch relativ zügig darüber verständigen kann, welche Orte
auf den Freiflächen und welche Bereiche im Gebäude sich besonders für diese
Thematik eignen.“
Dr. Thomas Flierl:“Lassen Sie mich zunächst
ganz allgemein sagen, dass eine Entwicklung von Tempelhof ohne historische
Aufarbeitung gar nicht denkbar ist und dass Herr Kühne ja sehr sensibel und
differenziert geschildert hat, wie es dazu kommt, dass die
Stadtentwicklungsverwaltung zu diesem Zeitpunkt diesen Auftrag erkannt hat, das
aber bisher bei den Ausarbeitungen für Tempelhof kein Gegenstand war und dass
auch die Kulturverwaltung bisher keine eigenständigen Beiträge dazu geleistet
hat.
Es scheint sich jetzt abzuzeichnen, deshalb bin ich sehr
dankbar für die Ausführungen von Herrn Kühne, dass wir im Rahmen auch der
Koalition mit der Senatsverwaltung darüber sprechen werden, wie es denn jetzt
zu einem Gesamtkonzept kommt. Ich kann sagen, dass für die beiden
Regierungskoalitionen es da
Gesprächsansätze gibt, dass es da Ideen für ein Antragsverfahren gibt,
das diesen hier umrissenen oder angedeuteten Auftrag näher konkretisieren sollte.
Mein spezielles Interesse, das ist auch schon angedeutet
worden, hängt natürlich damit zusammen, dass ich in anderer Funktion, an
anderer Stelle mit diesem Thema befasst war und in der Tat meine, wir brauchen
ein Gesamtkonzept, das aber nicht sozusagen globalistisch argumentiert, sondern
sich mit den einzelnen historischen Schichten und ihren spezifischen
Fragstellungen und Möglichkeiten von Aufklärung auch auseinandersetzt. Und
insofern bin ich auch außerordentlich dankbar, dass hier aus dem Bezirk durch
lokale Initiativen oder auch durch ihre Initiative dieser Anhörung dem Aspekt
des Columbia-Hauses der NS Geschichte, der Verfolgungsgeschichte, ja eben auch
der Zwangsarbeiter, der Kriegswirtschaft, die ja zusammen mit ihren
territorialen, infrastrukturellen Verbindungen ins Umfeld eine
lebensgeschichtliche Perspektive und produktionsgeschichtliche Perspektive
eröffnet, die bisher noch gar nicht hinreichend im öffentlichen Bewusstsein ist
und auch der Luftkriegsstützpunkt, also die militärstrategische Bedeutung zur
NS Zeit noch nicht hinreichend im öffentlichen Bewusstsein.
Es ist tatsächlich so, dass für die westberlinisch
geprägte und dann gesamtberlinisch geprägte Erinnerungskultur natürlich die
Alliiertengeschichte, die Luftbrücke, dominant war und das nun ein
Gesamtkonzept braucht, wie die verschiedenen, historischen Schichtungen,
Ereignisse, Kapitel sinnvoll zu einander in Beziehung gesetzt werden. Das macht
auch notwendig, dass man die unterschiedlichen Räume und die Orte
identifiziert, wenn man Zwangsarbeit darstellen will oder Zwangsarbeitlager,
die entlang des Columbiadamms zu identifizieren sind und mit möglichen
Bebauungsabsichten kollidieren. Das muss man erörtern, inwiefern das ein
Hinderungsgrund ist und wie man damit umgeht, aber es gibt natürlich auch die
Arbeitsstätten in den unterirdischen Geschossen, wo montiert und fabriziert
wurde. Und es gibt natürlich dann die hier schon erwähnte Geschichte des
Columbia-Hauses selber als Ort der politischen Verfolgung.
Ich kann auch nur empfehlen, dass man den Gedanken des
Columbia-Hauses und daran anknüpfend der Zwangsarbeitgeschichte der
Kriegswirtschaft des Luftkriegsstützpunktes letztlich natürlich auch der
Architekturgeschichte des Gebäudes man sich konzentriert zuwendet und das
NS-Thema auch einen kompetenten, übergreifenden Partner geben sollte. Ich fände
es ganz misslich, wenn sich, wie es ja in manchen Nutzungsentscheidungen sich
schon darstellt, das Hauptgebäude als großes imposantes Werk der
Architekturgeschichte darstellt und der legendären Alliiertengeschichte und
dass es dann davon abgeteilt einen Bereich gäbe, der sich mit einer
NS-Verfolgungsgeschichte beschäftigt und das dann gewissermaßen auseinander
fällt und es da quasi ein Luftfahrtmuseum gibt, vielleicht noch mit
Alliiertenmuseum zusammen - quasi eine historische ILA oder so etwas -, und
dann gibt es da noch einen NS-Ort.
Da muss man aufpassen, dass das nicht auseinander fällt.
Das muss nicht in einem abstrakten Parcour münden, wie
....(Coppi).... befürchtet, dass man da verschiedene Stationen hat, die alle
nichts miteinander zu tun haben. Es geht schon in die Spezifik. Also ich
glaube, dass die Ankernutzung und da kann ich auch aus eigener Erfahrung
anknüpfen, wie wir es in Schöneweide gemacht haben mit der Stiftung Topographie
des Terrors. Es gab eine lokale
Initiative die mit diesem Standort , dass vor aller Augen - eben im Wohngebiet
- ein Barackenlager noch vorhanden war, dass dies zu einem Informations- und
Gedenkort aufgearbeitet wurde und dies als Außenstelle, als Zweigstelle der
Topographie des Terrors mit lokaler Anbindung Unterstützung möglich war. Das
schien mir hier auch sehr sinnvoll zu sein, was die Aspekte Columbiadamm u.ä.
angeht, zu tun.
Ob man das auf dem Freigelände macht oder im Gebäude oder
an welcher Stelle des Gebäudes mit Blick auf dieses Gelände oder an anderer
Stelle, muss man prüfen. Aber das Gelände ist aber so groß, dass man es quasi
eine nicht eine Hauptdarstellung irgendwo fabriziert, die man sicherlich
braucht, um das Gebäude und Gelände überhaupt an einem zentralen Ort zu
erschließen und dann gibt’s quasi noch ein Nebenthema, das mal das zentrale
eigentlich zeitgeschichtliche eigentlich ist. Also, dieses Problem, wie man die
Geschichte sinnvoll aufbereitet , zusammenfasst und dann doch in eine vernetzte
Struktur fasst, die Eigenständigkeiten und auch eigene Partner einbringt, das
scheint mir sinnvoll zu sein.
Und insofern werden wir auch auf der Basis ihre Anhörung
im Abgeordnetenhaus, wenn wir ihre Materialien dann bekommen, weiß nicht, ob es
da eine Abschrift gibt oder was, würde ich auch den anderen Fraktionen dann zur
Verfügung stellen, sodass der Diskussionsprozess dann im Abgeordnetenhaus
möglich sein sollte. Also, nicht auseinander fallen, aber auch nicht alles in
eine Gesamtdarstellung gleichschalten, sondern eben in der Differenzierung
erlebbar machen und dennoch auch Neugierde und Interesse für die Vielzahl von
Orten wecken. und deswegen wäre ich auch sehr stark auch für eine Einbindung
der Stiftung Topographie des Terrors. Ich bedaure das auch sehr, dass heute
niemand da ist, aber man kann das persönliche Interesse von Andreas Nachama
bezeugen, mit dem wir auch Gespräche hatten, hier mit zu wirken und auch mit
den lokalen Initiativen ein Bündnis, so wie in Schöneweide einzugehen.
Gez. Elvira
Pichler
Ausschussvorsitzende