Drucksache - 0825/6  

 
 
Betreff: Neue Wege aus der Obdachlosigkeit - Beratung, Unterbringung und Perspektiven für EU-Ausländer in Charlottenburg- Wilmersdorf
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP-Fraktion 
Verfasser:Dr. Recke-Friedrich/Beckers 
Drucksache-Art:AntragAntrag
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Entscheidung
23.05.2024 
31. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Soziales Beratung

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag

Die BVV möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, zur Unterstützung von wohnungs- und obdachlosen EU-Ausländern insbesondere aus dem osteuropäischen Raum sowie den baltischen Staaten eine Kompetenzzentrale nach Hamburger Vorbild, eine sogenannte „Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit“ im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf einzurichten. In dieser sollen durch fremdsprachenkundige Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen nicht nur - wie in Hamburg - umfassende Rechtsberatungen zum Arbeits- und Sozialrecht und „Perspektivberatungen“ angeboten, sondern in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter auch Arbeitsstellen vermittelt werden. Geklärt werden soll hier z.B., ob und welche Leistungsansprüche aus vorhergegangener sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung vorliegen oder weiterführende arbeits- oder sozialrechtliche Probleme einer Klärung bedürfen, welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer auf dem Berliner Arbeitsmarkt haben und welche Qualifikationen für bestimmte, in unserem Bezirk zur Verfügung stehenden Arbeitsbereiche vorliegen sollten oder müssen. Falls keine Leistungsansprüche vorliegen und keine Arbeit vermittelt werden kann, soll die „Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit“ auch dazu befugt werden, Angebote zur kostenfreien Rückreise der davon betroffenen Personen zu organisieren.

 

Ähnlich dem Hamburger Modell soll der „Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit“ eine „Arbeitnehmerpension“ angegliedert werden. Um einer Obdachlosigkeit in der Zeit der Arbeitsvermittlung vorzubeugen, können qualifizierte Arbeitssuchende mit guten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt aus den genannten EU-Ländern hier bis zu ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt untergebracht werden. Dazu müssen bestehende Unterbringungsmöglichkeiten für Obdachlose umgewidmet oder ein geeignetes Wohnheim neu geschaffen werden.

 

 

Begründung:

 

Seit den letzten Jahren steigt die Anzahl von wohnungs- und obdachlosen Personen aus den osteuropäischen sowie baltischen EU-Mitgliedstaaten in Charlottenburg-Wilmersdorf kontinuierlich an. Angelockt durch falsche Arbeitsversprechen oder um ihren Lohn von kriminellen Sub-Unternehmern geprellt, stranden diese resigniert und meist ohne weitere Perspektive in unserem Bezirk. Sprachbarrieren,

gesellschaftliche Isolation und das dadurch bedingte Verbleiben in der eigenen Gruppe verhindern eine eigenständige oder angeleitete Wohnungssuche und begründen oder verschärfen bereits bestehende Probleme wie Alkohol- und Drogensucht sowie psychisch-soziale Erkrankungen. Nach Jahren auf der Straße ist weder ein normales Leben in Berlin, noch eine Rückkehr in die meist zuvor intakten

sozialen und familiären Strukturen im Herkunftsland mehr möglich. Es gilt daher, schnelle und umfassende Hilfsangebote speziell für diese Gruppe von obdach- und wohnungslosen Menschen zu schaffen, bevor eine vollständige Perspektivlosigkeit für diese eintritt.

Die Hamburger „Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit“ mit ihrer angegliederten „Arbeitnehmerpension“ ist seit Jahren ein Erfolgsmodell mit bundesweiter Ausstrahlungskraft. Über 16 000 Personen konnten hier seit ihrer Gründung 2012 zu den Themenfeldern Arbeitsrecht, Gesundheitsschutz, Mindestlohn, Sozialversicherung etc. beraten werden, die „Arbeitnehmerpension“ vermittelt seit 2023 qualifizierten Arbeitskräften Arbeit und bewahrt diese vor drohender Obdachlosigkeit. Das Projekt ist damit eines der wenigen, das die Probleme der Arbeits-, Wohnungs und Obdachlosigkeit dieser Personengruppe als Ganzes aufgreift und diesen nachhaltig entgegenwirkt. Diesem Beispiel gilt es im Sinne der Betroffenen auch in unserem Bezirk zu folgen

 
 

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