Drucksache - 1901/5  

 
 
Betreff: Denkmalschutz für die Wilhelmsaue 31
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Ausschuss für Stadtentwicklung 
   
Drucksache-Art:BeschlussvorschlagVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtentwicklung Beratung
17.03.2021 
100. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
18.03.2021 
55. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin - Zoom-Meeting - Unter diesem LINK können Sie die BVV verfolgen: https://www.youtube.com/watch?v=peOpLDtgOyM ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlagen:
Beschlussvorschlag
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

 

 

Die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf hat in ihrer Sitzung am 18.03.2021 beschlossen:

 

„Das Bezirksamt wird aufgefordert, sich beim Landesdenkmalamt dafür einzusetzen, dass vom LDA geprüft wird, ob das Grundstück Wilhelmsaue 31 und seine Bebauung aufgrund seiner herausragenden geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung gemäß § 2 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz Berlin als Baudenkmal in die Denkmalliste Berlin eingetragen werden kann.

 

Der BVV ist bis zum 31.5.2021 zu berichten.“

 

 

 

Das Bezirksamt teilt dazu Folgendes mit:

 

Aufgrund des Beschlusses hat sich das Bezirksamt an das Landesdenkmalamt gewandt und um Einschätzung des Denkmalwertes gebeten.

 

Die Rückmeldung des Landesdenkmalamtes wird nachstehend wiedergegeben:

 

„Das 2,5 geschossige fünfachsige Wohnhaus mit Satteldach, ehemals klassizistischer Stuckfassade und einem Balkon in der Mittelachse wurde 1886 nach Entwürfen des Baumeisters Franzke errichtet (vgl. Räch, H.-J., Die Dörfer in Berlin, Berlin 1988, S. 368-373 und Schreiben der Expertengruppe des Denkmalbeirats der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf zum Objekt Wilhelmsaue 31 vom 11.03.2021). Bauherr war Friedrich Stork, der in den 1890er Jahren als Amts- und Gemeindevorsteher von Wilmersdorf amtierte. Laut Expertengruppe des Denkmalbeirats der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf wurde die Fassade in den 1950er Jahren als Putzfassade erneuert, die im heutigen Bestand überliefert ist. Rückwärtig befand sich anfangs ein Stallgebäude. Ab 1906 wurde der Hofbereich gewerblich genutzt und die Hofbebauung sukzessive erweitert und verdichtet.

 

Das Objekt Wilhelmsaue 31 war bisher nicht vom Landesdenkmalamt Berlin erfasst und bewertet (keine Akte). Aus Anlass der Anfrage hat am 23.07.2021 ein Ortstermin stattgefunden. Zusätzlich wurde die Literatur ausgewertet sowie die „Empfehlung der Expertengruppe des Denkmalbeirats der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf vom 11.03.2021“ berücksichtigt.

 

Kommentar zu den Ausführungen der Expertengruppe auf S. 2/3:

Zutreffend ist, dass die historische Bebauung der Parzelle mit dem straßenseitigen Wohnhaus mit Vorgarten im Südwesten, der Hofzufahrt im Südosten und den rückwärtigen bzw. nördlichen Nebengebäuden erhalten ist. Richtig ist auch, dass an dem Objekt Wilhelmsaue 31 die offene Bauweise und die niedrige lockere vorstädtisch anmutende Bebauung ablesbar ist.

Festzuhalten ist, dass das Objekt in der Übergangsphase Wilmersdorfs vom Dorf zur Stadt entstand, die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts einsetzte und um 1885 zu einer rasanten intensiven Verstädterung des ehemaligen Dorfes Wilmersdorf führte, die sich in einer höheren, dichteren und urbanen Bebauung deutlich manifestierte.

Im Fall des Objekts Wilhelmsaue 31 ist die Straßenfassade nicht als bauzeitliche spätklassizistische Stuckfassade, sondern als Putzfassade der 1950er Jahre überliefert. Im Gegensatz dazu ist das typologisch vergleichbare denkmalgeschützte Objekt Wilhelmsaue 17 authentischer und substantiell vollständiger überliefert, nämlich mit klassizistischer Fassade. Außerdem liegt das Objekt Wilhelmsaue 17 unmittelbar am ehemaligen Dorfanger von Wilmersdorf, heute Wilhelmsaue und in direkter Sichtbeziehung zur denkmalgeschützten Auenkirche, während sich das Objekt Wilhelmsaue 31 im westlichen Randbereich des ehemaligen Angers bzw. der Wilhelmsaue befindet. Schließlich ist das zwischen 1875 und 1882 realisierte Objekt Wilhelmsaue 17 älteren Baudatums. Mit dem Schoeler-Schlößchen von 1753 gehört es zu den ältesten überlieferten Bauten in Wilmersdorf. Der Vergleich zeigt, dass bei dem Objekt Wilhelmsaue 17 ein großer historischer Zeugniswert vorliegt, der von dem guten Überlieferungsgrad untermauert wird. Die Tatsache, dass der Hofbereich von Wilhelmsaue 31 ab 1906 gewerblich genutzt wurde, lässt sich an der Pferderampe, die auf die historische Nutzung der rückwärtigen Pferdeställe hindeutet, und an der sukzessiv erweiterten rückwärtigen Bebauung zwar noch ablesen, aber auch die rückwärtigen Bauten sind von starken baulichen Veränderungen geprägt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Objekt Wilhelmsaue 31 zwar in seiner städtebaulichen Struktur und Bebauung der Parzelle historisch verankert ist, aber die substantielle Überlieferung der Bauten nur eine geringe Aussagekraft entfalten kann.

 

Zu den Ausführungen der Expertengruppe auf S. 3:

In dem Schreiben der Expertengruppe heißt es, das Objekt sei in seinem städtebaulichen Kontext von herausragender Bedeutung wegen seiner „z.T. drastischen Erkennbarkeit der Dynamik der Stadtentwicklung auch in den Vorstädten seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert."

 

Kommentar:

Zutreffend ist, dass die beiden benachbarten Objekte Wilhelmsaue 30 (fünfgeschossiges Wohnhaus von 1912) und Wilhelmsaue 31 die städtebauliche Entwicklung und den Maßstabssprung zeigen, der sich im Zuge der raschen Urbanisierung von Wilmersdorf Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr manifestierte. Fakt ist jedoch, dass der heutige städtebauliche Kontext des Objekts Wilhelmsaue 31 sehr heterogen ist. Im Vergleich dazu ist das stadtbildprägende Objekt Wilhelmsaue 17 mit seiner Lage im historischen Ortskern bzw. an der späteren Wilhelmsaue und mit seinem deutlich besser überlieferten städtebaulichen Kontext aussagekräftiger.

 

Fazit:

Das Objekt Wilhelmsaue 31 mag baukulturelle Qualitäten aufweisen und für das Stadtbild von Wilmersdorf in seiner Maßstäblichkeit im Vergleich zu den höherzonigen Umgebungsbauten „ins Auge fallen" und eine gewisse Relevanz haben, aber im berlinweiten Vergleich kann nach jetzigem Kenntnisstand ein Denkmalwert nicht dargestellt werden. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass dem Landesdenkmalamt Berlin nach derzeitigem Kenntnisstand keine Hinweise vorliegen, dass von dem o.g. Objekt die Kriterien für ein Baudenkmal gemäß § 2 DschG Berlin erfüllt werden könnten.“

 

Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.

 

 

Kirstin Bauch Fabian Schmitz-Grethlein

Bezirksbürgermeisterin Bezirksstadtrat

 
 

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