Drucksache - 1409/4  

 
 
Betreff: Minderjährige Flüchtlinge im Bezirk - Was tut das Jugendamt?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Wuttig 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
15.10.2015 
50. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Wie viele der zur Zeit in Charlottenburg-Wilmersdorf lebenden Flüchtlinge sind
    1. sind minderjährig?
    2. fallen unter das SGB VIII (KJHG)?
       
  2. Mit wie vielen dieser Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen steht das Jugendamt in Kontakt?
     
  3. Wie wird das Jugendamt bei dieser Zielgruppe tätig
    1. aufsuchend?
    2. bei Anfrage?
       
  4. Welche Art von Hilfen nach SGB XIII (KJHG) hat das Jugendamt im Jahr 2015 bisher in welchem Umfang für benannte Zielgruppe geleistet, welche Art der Hilfen musste es im selben Zeitraum schuldig bleiben?
     
  5. Welche Art von Unterstützung hat das Jugendamt für benannte Zielgruppe gemeinsam mit den Jugendämtern der anderen elf Bezirke nachweisbar eingefordert?

 

 

Sehr geehrte Frau Bezirksverordnetenvorsteherin,

das Bezirksamt beantwortet die o.g. Große Anfrage wie folgt:

 

Zu 1a:

Nach Auskunft des LaGeSo gibt es mit Stand 30.08.2015 in den bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden 6 Unterkünften im Bezirk 562 minderjährige Flüchtlinge.

Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Charlottenburg-Wilmersdorf leben, ist nicht bekannt, da sich die Zuständigkeit des Jugendamtes nicht nach dem Aufenthalt, sondern nach Zuweisung durch das Landesjugendamt richtet.

             

Zu 1b,  2, 3 und 4:

Abgesehen von Aufgaben des Kinderschutzes/der Inobhutnahme (sowie daran anschließend, ggf. auf Antrag eines Vormundes, notwendige und geeignete HzE), der Ausstellung von Kitagutscheinen sowie Angeboten, die allen Menschen offen stehen (z. B. Jugendförderung oder Beratung), haben geflüchtete Menschen erst dann Anspruch auf weitere Sozialleistungen, wenn sie über einen Aufenthaltstitel verfügen.

 

Das Jugendamt informiert die Träger der jeweiligen Unterkünfte über die Erreichbarkeit des Jugendamtes z. B. bei Anzeichen von Kindeswohlgefährdung, zum Verfahren, insbesondere zur Ausstellung von Kitagutscheinen oder über Standorte von Jugendförderungseinrichtungen.

 

Kleinere Gruppen von Flüchtlingskindern aus den Einrichtungen werden von nahegelegenen Jugendfreizeiteinrichtungen für Angebote dort eingeladen, abgeholt und zurück begleitet. Weiterhin hat das Jugendamt zusammen mit anderen Trägern ein Spielangebot im Rathaus Wilmersdorf installiert.

Für diese Aktivitäten hat das Land für die Zeit von August bis Dezember 2015 für freie Träger der Jugendarbeit dem Bezirk Mittel in Höhe von rd. 12.600  Euro zur Verfügung gestellt. Weiter ist das Programm Jugendarbeit an Schulen ungefähr mit dem gleichen Betrag und dem gleichen Zeitraum für geflüchtete Schüler/innen aufgestockt worden. Es besteht die Notwendigkeit, dass auch im Haushalt 2016/17 entsprechende Mittel bereitgestellt werden.

 

Auch das Programm Jugendsozialarbeit an Schulen beim SPI ist für die Willkommensklassen erweitert worden. Davon hat der Bezirk im Umfang von drei Stellen profitiert. Diese werden im Einvernehmen zwischen Jugendamt und Schulaufsicht hälftig von zwei freien Trägern an den Schulen mit den meisten Willkommensklassen in Wilmersdorf bzw. Charlottenburg eingesetzt. Die Stellenbesetzungen konnten bereits größtenteils erfolgen und die Mitarbeiter/innen ihre Arbeit aufnehmen. Ein regelmäßiges Netzwerk zwischen allen beteiligen Fachkräften, in größeren Abständen auch unter Beteiligung der Schulaufsicht des Jugendamtes und der Trägerverträger ist etabliert.

 

Auch die Familienzentren haben eine Aufstockung ihrer Mittel zur Einrichtung flüchtlingsbezogener Angebote beantragen können. Hier sind die Bezirke nicht involviert, Erkenntnisse liegen dazu bisher im Bezirk noch nicht vor.

 

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden durch das Landesjugendamt in Obhut genommen und in der Clearingstelle bzw. deren Außenstellen untergebracht (letzteres können derzeit auch temporäre Beherbergungsstätten mit ambulanter Hilfe zur Erziehung sein, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind). Nach dem Clearingsverfahren und Einsetzen eines Vormundes werden diese Minderjährigen den Jugendämtern zugewiesen (Charlottenburg-Wilmersdorf rd. 9 %), und das jeweilige Jugendamt ist dann für die weiteren Jugendhilfebedarfe (Unterbringung, ggf. Krankenhilfe oder weitere Hilfebedarfe) sowohl sozialpädagogisch wie wirtschaftlich zuständig. Diese Jugendlichen erhalten auch die notwendigen Bildungsangebote (Schule, ggf. Ausbildung etc.).

 

Am 30.09.2014 wurden von Charlottenburg-Wilmersdorf 40 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut, zum Stichtag 30.09.2015  125. Eine hohe Zahl von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen befindet sich noch in der Clearingphase und wird noch auf die Bezirke zukommen.

Rechtsansprüche werden erfüllt.

 

Zu 5.:

Die Jugendämter haben verabredet, als Sofortmaßnahme jeweils 3 Stellen bei SenFin zu beantragen, um auf einem Mindestniveau arbeitsfähig zu bleiben. Charlottenburg-Wilmersdorf hat dies inzwischen getan. Diese Anträge werden von SenJug fachlich unterstützt und begleitet. Darüber hinaus hat der RdB eine generelle Abfrage zum flüchtlingsbedingten Personalmehrbedarf durchgeführt. Hier hat das Jugendamt Charlottenburg-Wilmersdorf produktscharf einen Mehrbedarf von 5,24 Stellen angemeldet.

 

Die Jugendhilfe geht davon aus, dass in Berlin 1.700 Plätze für die notwendige und geeignete Unterbringung benötigt werden. Hierfür bedarf es kurzfristig Immobilien, in denen freie Träger ein entsprechendes Angebot vorhalten können. Allerdings steht die Jugendhilfe in Konkurrenz mit den Unterbringungsbedarfen des LaGeSo, der Kältehilfe, dem Vorhaben Studentenwohnheimplätze zu schaffen u.ä., so dass es auf allen Ebenen Anstrengungen bedarf, damit die Jugendhilfe sich nicht, wie so häufig, hinten anstellen muss und die Jugendämter in die Lage versetzt werden, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Das Jugendamt Charlottenburg – Wilmersdorf hat mit seinen Möglichkeiten dies kommuniziert.

Die laufenden Kosten für die Unterbringung werden berlinweit auf 60 Mio. jährlich geschätzt.

Die Kosten für ggf. notwendige ambulante Jugendhilfeangebote können derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

Sachmittel für die Jugend- und Familienförderung werden auch 2016/17 weiterhin erforderlich sein und sind nach Auskunft von SenJug im Landeshaushaushalt eingeplant. Absehbar ist auch ein erheblich höherer Bedarf bei den Ausgaben für Sprachmittler; auch hier ist ein Mehrbedarfsantrag gestellt worden.

 

SenFin hat die Bezirke aufgefordert, flüchtlingsbedingte Ausgaben ebenso wie die Mengen in der KLR gesondert auszuweisen.

 

Bisher sind außer den rd. 25.000 Euro für die Jugendarbeit freier Träger im Bezirk keine Personal- oder Sachmittel angekommen. Dies führt inzwischen an vielen Stellen zu einer erheblichen Überforderung in der Mitarbeiterschaft.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Engelmann

Bezirksstadtrat

 

 

 

 

 

 


 

 
 

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