Drucksache - 0903/4
Wir fragen das Bezirksamt:
Zur Beantwortung Herr BzBm Naumann:
Frau Vorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe fragestellende Fraktion, ich beantworte die Große Anfrage wie folgt:
zu 1. Die Messe Berlin hat uns auf Nachfrage mitgeteilt, dass im Zeitraum 2009 bis 2013 960.200 Personen, also fast 1 Mio. Menschen, das ICC Berlin besucht haben. Unzweifelhaft hat das ICC zu einem nicht unerheblichen Anteil zum Kaufkraftzuwachs für den Bezirk und Berlin insgesamt beigetragen. Insbesondere die Hotelbranche, die Gastronomie und der Einzelhandel profitieren von den zahlreichen Messebesucher/-innen. Genaue Kennzahlen über den Kaufkraftzuwachs allein bezogen auf das ICC liegen hier nicht vor. Regelmäßig ermittelt wird die Kaufkraft pro Einwohner/-innen. Diese lag 2010 für das südwestliche Berlin bei 5.332,-- Euro. Für Deutschland höher, bei 5.602,-- Euro (Quelle: IHK Berlin).
Zu 2. Generell, meine Damen und Herren, haben sich, und das ist erfreulich festzuhalten, die Geschäftsstraßen in dem Bezirk in den letzten Jahren positiv entwickelt. Wobei durchaus nach einzelnen Gebieten zu differenzieren ist: Die City-West erlebt derzeit einen erfreulichen Aufschwung. Damit einhergehend entwickelt sich der Bereich Ku'damm/Tauentzienstraße sehr gut. Dies beruht zu einem großen Teil auf zwischenzeitlich fertig gestellten Anziehungspunkte, wie Waldorf-Astoria-Hotel, Ku'damm 195, Haus Cumberland, Zoo Palast und nunmehr seit kurzem Bikini Berlin. Und mit der gerade jetzt am Dienstag erfolgten der BMW-Hauptstadtniederlassung wird ein sehr positiver Impuls für den Bereich Kaiserdamm gesetzt. Die Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße, die für Charlottenburg-Wilmersdorf von besonderer Bedeutung ist, hat sich durch das Engagement des Bezirks in enger Kooperation mit den ansässigen Geschäftsleuten und ihrer Arbeitsgemeinschaft stetig in ihrer Qualität und Ausstrahlung verbessert und ist, ich denke zu unser aller Freude, wieder ein beliebtes Einkaufsziel. Das, meine Damen und Herren, war nicht immer so. Auch stark im Kiez verankerte Geschäftsstraßen, wie die Westfälische Straße oder die Reichsstraße im Umfeld des ICC, behaupten sich gut.
Zu 3. Herr Wirtschaftsstaatssekretär Bunde hat das Bezirksamt, Herrn Schulte und mich, verabredungsgemäß am Dienstag über das von der Senatsverwaltung für Wirtschaft in Auftrag gegebene Gutachtenergebnis informiert und das entsprechende Ergebnis. Eine Positionierung des Senates, meine Damen und Herren, gibt es dazu noch nicht. Das interne Bezeichnungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen, schauen wir mal. Positiv zu bewerten ist zunächst, dass die aus Sicht des Bezirkes unverantwortliche Idee eines Abbruchs des ICC nicht mehr zur Debatte steht. Uns wurden im Ergebnis kursorisch fünf Varianten vermittelt, welche Nachnutzung für das ICC möglich erscheinen und welche Kosten damit verbunden wären. Ausgehend von der politischen Vorgabe der Deckelung öffentlicher Finanzmittel in Höhe von 200 Mio. Euro für die Sanierung bzw. bauliche Weiterentwicklung des ICC durch den Haushaltsgesetzgeber sollen sich, und das ist zu beachten, die zusätzlichen Kosten, also nichts geht kostenneutral, je nach Variante auf weitere 50 bis 200 Mio. Euro belaufen. Eine Variante geht von einer vollständigen Entkernung des Gebäudes und einer anschließenden Nutzung als Hotel und großflächigem Einzelhandelstandort aus und jetzt festhalten, Sie sitzen alle, unter Realisierung von 45.000 qm bis 50.000 qm Einzelhandelsfläche.
Zu 4. und 5. Das Bezirksamt hält an seiner nachweislich bewährten generellen Linie der Vermeidung zusätzlichen großflächigen Einzelhandels fest. Um die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in der City West und die damit verbundene Vielfalt und insbesondere auch die damit verbundenen Arbeitsplätze, und das, glaube ich, ist ein Aspekt, den wir in der weiteren Debatte unbedingt auch mit ins Feld und in die Diskussion mit einführen müssen, zu sichern. Dies gilt auch mit Blick auf die dringende notwendige Zukunftssicherung des ICC. Meine Damen und Herren, ein maximales Shopping Mall-Ufo, so habe ich es mir erlaubt, auch in Pressegesprächen so zu nennen, lehnen wir ab.
Ich denke, es besteht hier parteiübergreifend Übereinstimmung im Hause. Es besteht die reale Gefahr erheblich negativer Auswirkungen auf die Einkaufsstraßen im Umfeld des ICC, und zwar angesichts ihrer Angebotsstruktur, insbesondere auf die Wilmersdorfer Straße. Die Zustimmung des Bezirkes zu einer weiteren Verdrängung von gewachsenen Einzelhandelsstrukturen, ja einem ungezügelten Shopping-Mall-Kannibalismus wird es nicht geben. Unabhängig übrigens von der fraglichen planungsrechtlichen Zulässigkeit einer derartigen Nutzungsänderung haben wir deutlich gemacht, dass wir sehr gerne an einer klugen konzeptionellen Weiterentwicklung des ICC aktiv mitwirken möchten als Bezirk. Dies, meine Damen und Herren, bedeutet aus unserer Sicht, dass wir einem integrierten Konzept offen gegenüber stehen. Integriert muss aus hiesiger Sicht heißen: Vorrang weiterhin für Messenutzung, zzgl. der Realisierung seit langem als sinnvoll erachteter Hotelnutzung einschließlich Gastronomie und in dieser Reihenfolge dann erst ergänzender Shoppingnutzung und/oder Kultur. Da lässt sich vieles denken. Es muss was finanziert werden, keine Frage, aber dieses Szenario halten wir für sinnvoll, dass es weiterverfolgt wird.
Aus unserer Sicht kommt es hier maßgeblich auf die richtige Balance an. Und eine der geprüften fünf Varianten könnte möglicherweise in diesem Sinne sogar verstanden werden und müsste entsprechend vertiefend geprüft werden, da uns dies nur kursorisch in der Stunde, die zur Verfügung stand mit Herrn Staatssekretär Bunde, übermittel wurde, setzen wir auf weitere Gespräche im Detail.
Meine Damen und Herren, der Bezirk tritt dafür ein, das Thema ICC nicht allein unter fiskalischen und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten zu behandeln, wie es bisher leider verkürzt der Fall ist, sondern in die weiteren Überlegungen zur Zukunft des ICC städtebauliche Aspekte mit einzubeziehen. Wir meinen, dies ist überfällig. Dies betrifft insbesondere das südlich vom ICC gelegene Areal bis zum Bahnhof Grunewald. Überraschend ist zugleich, dass das ICC als ein besonderer herausragender Bau der Architektur der 70er/80er Jahre bisher nicht, zumindest in wesentlichen Teilen, unter Denkmalschutz steht. Ich weiß, dabei geht es nicht um Geschmacksfragen. Und es kann dabei auch nicht darum gehen, über den Denkmalschutz Verhinderungsstrategien zu verfolgen. Das ist nicht unsere Zielsetzung, sondern es geht darum, diesen wichtigen Aspekt des Denkmalschutzes aus Respekt vor dem ICC in die weiteren Überlegungen zu dessen Zukunftssicherung flankierend mit einzubeziehen.
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