Drucksache - 2096/3  

 
 
Betreff: Charlottenburg-Wilmersdorf 2.0
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Ludwig/Wendt 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
19.05.2011 
52. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Bau, Liegenschaften und Grünflächen Beratung
15.06.2011 
75. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bau, Liegenschaften und Grünflächen vertagt   
17.08.2011 
76. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bau, Liegenschaften und Grünflächen mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
25.08.2011 
54. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag
Beschlussempfehlung
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

Die BVV möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 25.08.2011 folgenden Beschluss gefasst:

 

Wir fordern das Bezirksamt auf, seine Kommunikationsmaßnahmen um Instrumente des Web 2.0 zu ergänzen. Folgende Anwendungen wären mindestens beispielhaft einzurichten:

·         Eine Twitterpräsenz (hier könnten die Pressemitteilungen und Baumfällankündigungen des Bezirksamts veröffentlicht werden)

·         Ferner soll die Einrichtung einer Facebook-Identität (Pressemitteilungen, Baumfällankündigungen wie auch Veranstaltungshinweise könnten hier veröffentlicht werden) geprüft werden.

Ob auch die Einführung weiterer Anwendungen Sinn macht, wie zum Beispiel die einer App. für Mobiltelefone (z. B. für Ordnungsamt-Meldungen, Bürgeramt-Termine) soll ebenfalls geprüft werden.

 

Das Bezirksamt teilt hierzu mit:

 

Das Bezirksamt hält eine Beteiligung der Bezirksverwaltung an sozialen Netzwerken im Internet für problematisch.

 

Wenn ein Auftritt in einem sozialen Netzwerk erfolgreich sein soll, bedarf er einer sehr aufwändigen Pflege. Da soziale Netzwerke auf Kommunikation abzielen, muss jeder, der interessant bleiben will, ständig kommunizieren und schnell reagieren. Wenn eine Seite unverändert bleibt, bleiben auch die Nutzer fern. Außerdem muss der eigene Auftritt ständig überprüft werden, um Missbrauch – etwa persönliche Verunglimpfungen – zu bereinigen.

 

User schreiben meist eher emotional und persönlich und erwarten schnelle persönliche Stellungnahmen und klare Meinungsäußerungen. Die Verwaltung ist dagegen zur Neutralität verpflichtet und sollte sich nicht am "Gezwitscher" beteiligen.

Die mit einem Auftritt der Behörde in sozialen Netzwerken verbundene Veröffentlichung personenbezogener Daten und Meinungen von Beschäftigten wäre datenschutzrechtlich sehr problematisch.

 

Rein statische Seiten, die lediglich eine Verdoppelung bereits vorhandener Inhalte sind, würden eher zu Unmut und Spott der social community führen, der sich dann auf den Pinwänden einzelner Nutzer äußert, was niemand verhindern kann.

Bisher vorhandene Inhalte wie Pressemitteilungen und Veranstaltungshinweise könnten nicht einfach in ein soziales Netzwerk übernommen werden, sondern sie müssten für die dortige Zielgruppe ansprechend umgeschrieben werden. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu dem möglicherweise erreichbaren Erfolg.

Die bisherige Erfahrung mit dem Diskussionsforum auf der bezirklichen Website ist negativ: Es wird nahezu ausschließlich für unflätige Beiträge missbraucht, die nichts mit den Inhalten der Seite zu tun haben.

 

Da ständig neue soziale Netzwerke entstehen, stellt sich die Frage der Auswahl. Es ist durchaus denkbar, dass Facebook, Twitter, Myspace, Xing, Google+ wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden und durch andere Netzwerke abgelöst werden. Eine Präsenz in allen relevanten sozialen Netzwerken wäre mit einem sehr hohen Aufwand verbunden.

 

Privatwirtschaftlich organisierte soziale Netzwerke wie Facebook und Co. werden inzwischen zu Recht kritisch betrachtet – vor allem wegen ihrem undurchsichtigen Umgang mit den Nutzerdaten aber auch wegen dem Umgang mit den Inhalten, die auch auf Anforderung nicht gelöscht werden, was beispielsweise bei Urheberrechtsstreitigkeiten gefährlich werden kann. Wer sich unangemeldet informieren möchte, wird immer wieder aufgefordert, sich mit seinen persönlichen Daten anzumelden. Inzwischen verabschieden sich viele User wieder aus sozialen Netzwerken und ziehen es vor, sich auf eigenen, selbst produzierten Websites im Internet zu präsentieren.

 

Das Bezirksamt hat es bisher in zum Teil harten Verhandlungen mit der Senatskanzlei erreicht, dass der eigene Auftritt innerhalb von berlin.de werbefrei bleibt. In sozialen Netzwerken hätte das Bezirksamt keine Kontrolle über die Werbung, die möglicherweise mit unseren Seiten verbunden wird.

 

Wer in sozialen Netzwerken auftritt, weiß nicht, in welche Gesellschaft er sich begibt. Beispielsweise hat die Deutsche Telekom 2009 ihre Werbung auf Facebook beendet, weil dort auch rechtsextreme Inhalte erscheinen.

 

Soziale Netzwerke sind hochproblematische Privatunternehmen, die zu einer Gefahr für ihre Nutzer werden können. Durch ständige Änderungen ihrer Geschäftsbedingungen verschaffen sie sich immer mehr Rechte im Umgang mit den Daten und Fotos ihrer Kunden, die häufig für Werbezwecke verwendet werden. Das Bezirksamt sollte solchen Unternehmen nicht durch seine Mitwirkung den Anschein von Seriosität verleihen.

 

Bisher vorhandene Behördenauftritte können nicht überzeugen. Wenn man die vorhandenen Kommentare anschaut, scheinen es letztlich doch nur einige wenige zu sein, die immer wieder Kommentare zu einzelnen Beiträgen und Meldungen schreiben. Insgesamt scheint der Erfolg eher zweifelhaft zu sein. Vergleichsweise wenige Nutzer erwarten ständig neue Inhalte.

 

Die anderen Berliner Bezirke sind bisher als Behörden nicht in sozialen Netzwerken aktiv und beabsichtigen dies derzeit auch nicht. Einzige Ausnahme ist bisher die Jugendförderung Steglitz-Zehlendorf, die mit ihrem Auftritt in Facebook bisher keine guten Erfahrungen gemacht hat. Einige Kommentare mussten gelöscht werden, und "Freunde" oder "Fans" hat die Seite bisher nicht.

 

Auftritte in sozialen Netzwerken erscheinen sinnvoll, wenn es um Meinungs- und Informationsaustausch und Verständigung innerhalb einer Gruppe oder zwischen verschiedenen Personen und Gruppen im Internet geht wie beispielsweise auf der Seite der Auszubildenden des Bezirksamtes oder auf den Seiten von Politikerinnen und Politikern, die dem Bezirk verbunden sind.

 

Die Informationen des Bezirksamtes sind im Internet gut zu finden, sei es über Suchmaschinen oder systematisch über www.berlin.de oder www.charlottenburg-wilmersdorf.de.

 

Eine Kopie einzelner Angebote wie Pressemitteilungen, Veranstaltungshinweise oder Baumfälllisten in sozialen Netzwerken wäre zu wenig, und eine lebendige Präsentation des Bezirksamtes in sozialen Netzwerken ist nicht zu leisten und mit den Aufgaben einer Behörde nicht vereinbar.

 

Derzeit prüft die Senatskanzlei, ob und in welcher Form eine Präsenz des Landes Berlin in sozialen Netzwerken sinnvoll sein könnte. Das Bezirksamt wird den Ergebnissen dieser Prüfung nicht vorgreifen und sich vorerst nicht in sozialen Netzwerken im Internet engagieren.

 

Das Bezirksamt bittet, den Beschluss als erledigt anzusehen.

 

Monika Thiemen

Bezirksbürgermeisterin


 

 
 

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