Drucksache - 1434/3  

 
 
Betreff: Bürgerämter - weiterhin Aushängeschilder der Berliner Verwaltung?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-Fraktion 
Verfasser:Schmitt/Halten-Bartels 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
17.09.2009 
34. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vertagt   
15.10.2009 
35. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage, schriftl. Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

Wir fragen das Bezirksamt:

 

1.      Wie hat das Bezirksamt die Berichterstattung der Printmedien der letzten Wochen über unzumutbare Zustände ("lange Wartezeiten", "Massenabfertigung", telefonische Nicht-Erreichbarkeit) in den Bürgerämtern empfunden und wahrgenommen?

 

Zu 1.

 

Das Bezirksamt hat die angesprochenen Zeitungsberichte zur Kenntnis genommen. Soweit Charlottenburg-Wilmersdorf direkt angesprochen wird, geht die Berichterstattung auch auf Pressemitteilungen und Interviews zurück, die das Bezirksamt selbst gegeben hat.

 

Insbe­sondere zu Sommerferienbeginn, aber auch am Ende der Ferien musste in unseren drei Bürgerämtern mehrfach die Nummernausgabe vorzeitig gestoppt werden. Soweit ent­sprechende Maßnahmen z.B. wegen eines extremen Krankenstandes vorabsehbar waren, wurden auf der Homepage des Bezirksamtes beim Bereich „Bürgerämter“ „Warnhin­weise“ eingestellt.  Natürlich bedauert das Bezirksamt solche Maßnahmen, die die Bürger­freundlichkeit und auch die Berechenbarkeit von Bürgeramtsbesuchen erheblich ein­schränken. Dass die Presse darüber berichtet und berichten muss, ist nicht zu kritisieren.

 

Es ist allerdings auch zu erwähnen, dass es auch Bürgerämter – überwiegend in den Rand­bezirken – gegeben hat, die während dieser kritischen Zeiten keine nennenswert er­höhten bis hin zu gar keinen Wartezeiten hatten. Schließlich entscheiden die Bürgerinnen und Bürger selbst, in welchem Bezirk sie ihre Anliegen bearbeiten lassen wollen.

 

 

2.      Hält das Bezirksamt die Kritik des Hauptpersonalrates des Landes Berlin über "dauerhafte Überlastung" der Beschäftigten in den Bürgerämtern vor allem in der Urlaubszeit für gerechtfertigt?

 

3.      Wenn ja, wo sind die Gründe dafür zu suchen?

 

Zu 2. und 3.

 

Die Kritik des Hauptpersonalrats über dauerhafte Überlastung der Beschäftigten in den Bürgerämtern und/oder speziell in den Ferienzeiten ist nur bedingt nachvollziehbar.

 

Hintergrund der eskalierten Situation in unseren Bürgerämtern war einerseits die saisonal vor und zu Beginn der Sommerferien ansteigenden Publikumszahlen bei gleichzeitigem aus­nahmsweise unverhältnismäßig hohem Personalausfall durch Erkrankungen, der kurz- bis mittelfristig keine Möglichkeiten für ein aktives Gegensteuern zur Verbesserung der Kunden­situation ermöglichte. Auch muss festgestellt werden, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die frühzeitig und in Absprache mit den örtlichen Leitungen Urlaub in den Sommerferien beantragt und Buchungen eingegangen waren, einen Anspruch hatten, ihren Urlaub auch an­treten zu dürfen. Allerdings wurde zur Entlastung der Sachbearbeiter dann ja von dem In­strument der Einstellung der Nummernvergabe Gebrauch gemacht um zu verhindern, dass mehrstündige Nacharbeiten nach offiziellem Sprechstundenende entstehen und ggf. die ge­setzliche Höchstarbeitszeit überschritten würden. Allerdings gibt es unbestreitbar sub­jektive Überlastungsempfindungen bei den Sachbearbeiter/innen, wenn die wegen langer Wartezeiten entnervten Kundinnen und Kunden dann endlich aufgerufen werden und beim Sachbearbeiter dann auch persönlich ihren Unmut darüber kundtun können.

 

Dass immer wieder auch zu bestimmten Spitzenzeiten im Jahr oder seit der Verlagerung der Berlin-Pass-Ausgabe von den Job-Centern in die Bürgerämter zum Monatswechsel erhöhte Publikumsnachfragen entstehen, ist mehr oder weniger planbar und wird bei der Personal­einsatzplanung nach Möglichkeit berücksichtigt, insofern es um die Gewährung von Urlauben und Freistellungstagen etc. geht. Trotz aller dieser Bemühungen lassen sich zu diesen Stoß­zeiten längere Warte­zeiten nicht immer vermeiden.

 

 

4.      Wie verträgt sich die aktuelle Situation in den Bürgerämtern mit der Aussage des Senats, sie seien Aushängeschilder der Berliner Verwaltung, und mit den Inhalten der Zielvereinbarung, die vor wenigen Jahren zwischen dem Staatssekretär für Inneres und den Bezirken geschlossen wurde?

 

Zu 4.

 

Noch auf einer Fachtagung zur Weiterentwicklung der Berliner Verwaltung vor wenigen Wochen hat der Innensenator Dr. Körting die Bürgerämter als erfolgreiche Ergebnisse der Verwaltungsreform bezeichnet, die die Aufgabe aus verschiedenen Verwaltungen für die Kunden sinnvoll bündeln und überflüssige Wege vermeiden helfen.

 

Die Aufgabe der Senatsverwaltung für Inneres und Sport innerhalb der mit den Bezirken ab­geschlossenen derzeit gültigen Rahmen-Zielvereinbarung besteht in der Verantwortlichkeit für das Politikfeld Bürger- und Ordnungsangelegenheiten. „Damit verbunden ist die Steue­rung der einheitlichen Entwicklung der Bürgerdienste auf dem Weg zum modernen Dienstleister der Berliner Verwaltung. Zur Stärkung dieser Steuerung erden mit der Rahmen-Zielvereinbarung einvernehmliche Mindeststandards festgelegt, die von besonderem gesamtstädtischem Interesse sind. Dazu gehören die Erhöhung der Dienstleistungsqualität wie auch die fachliche Entwicklung in den Handlungsfeldern Melde-, Pass-, Ausweis-, Personen­standswesen, Staatsangehörigkeits- und Ausländerangelegenheiten.“

 

Diese Vereinbarung hat sich jedoch als sehr einseitig erwiesen, da die Senatsseite keine Ver­pflichtung zur besseren personellen Ausstattung der Bürgerämter sieht und auch nicht ein­zugehen bereit war. Daher weisen die darin festgeschriebenen Qualitätsziele nur einen be­grenzten Realitätssinn auf, zumal die immer wieder herangezogene KLR Auskunft über ver­gleichbare Produktpreise allein auf quantitativer Basis gibt, ohne die Qualität der den Bürgern erbrachten Leistungen zu berücksichtigen.

 

 

5.      Welche Maßnahmen sind notwendig, um eine Verbesserung der misslichen Situation zu erreichen?

 

Zu 5.

 

Angesichts des relativ hohen Durchschnittsalters der in den Bürgerämtern eingesetzten Be­schäftigten können damit evtl. einhergehende Leistungseinschränkungen im Einzelfall nicht ganz ausgeschlossen werden. Die durch die Personalüberhangproblematik eingeschränkten Möglichkeiten neues und junges Personal auf neu zu besetzende Stellen bringen zu können, sind aber nach wie vor gering. Hinzu kommt, dass auch die Bürgerämter von notwendigen Personaleinsparungen in den vergangenen Jahren nicht gänzlich verschont bleiben konnten. Erfreulich bleibt dennoch die Feststellung, dass im berlinweiten Vergleich die Gesundheits­quote der in unserem Bezirk in den Bürgerämtern Beschäftigten nach wie vor an der Spitze steht. Hier dürften sich auch die Bemühungen des Bezirksamts, ein umfassendes Gesund­heitsmanagements zum implantieren, positiv auswirken. Nachhaltigkeit setzt auch auf diesem Gebiet eine weitere Verstärkung voraus.

 

Eine qualitative Verbesserung der Situation in den Bürgerämtern kann mittelfristig nur darin gesehen werden, wenn es gelänge, die Zuständigkeit für die Berlinpass-Ausstellung wieder zurück zu den Job-Centern und zum Sozialamt zu verlagern; dies machen allein in unserem Bezirk im Monat zwischen 2000-3000 Besucher aus. Ein solcher Weg erscheint jedoch der­zeit nicht realisierbar zu sein.

 

Die Möglichkeiten einer auch arbeitsrechtlich zulässigen nachfrageorientierten Personal­einsatzplanung hält das Bezirksamt für ausgeschöpft. Eine gewisse Entlastung ist noch zu erhoffen, wenn die Vielzahl der im Angestelltenverhältnis Beschäftigten zu Beginn des neuen Jahres und mit Auslaufen des Anwendungstarifvertrages wieder zu ungekürzter Arbeitszeit zurückkehren kann, sofern nicht die errechneten Stellenanteile von der Senatsverwaltung für Finanzen für entbehrlich erklärt werden und die Bezirke aufgefordert werden, Stellen in Höhe des tarifvertraglich erzwungenen Arbeitszeitwegfalles einzusparen.

 

Schließlich zieht das Bezirksamt aus der Entwicklung der letzten Jahre die Konsequenz, auch weiterhin die Einbringung von realistischen Qualitätsstandards in die KLR nachdrücklich zu fordern und zu befördern.

 

 

Auch ist das Bezirksamt der Auffassung, dass Zielvereinbarungen zwischen den Bezirken und der Senatsinnerverwaltung zukünftig nur dann abgeschlossen werden sollten, wenn verbindliche Personal- und Ausstattungsgarantien gegeben werden und die formulierten Standards auch realistisch erreichbar scheinen.

 

 

Joachim Krüger

 


 

 
 

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