Drucksache - 1343/3  

 
 
Betreff: Bezirklicher Wohnungsmarkt, Mietentwicklung und Segregationstendenzen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Ludwig/Dr.Hess/Dr.Lehmann 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
28.05.2009 
31. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
schriftliche Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

Wir fragen das Bezirksamt:

 

1.      Liegen dem Bezirk Erkenntnisse darüber vor, wie stark sich die Wohnungsmieten in regionalen Teilmärkten des Bezirks in den letzten drei Jahren entwickelt haben und welche Wirkung dies vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auf die Wohnungsversorgung der einkommensschwächeren Haushalte erzielt?

 

2.      Lassen sich bereits Segregationstendenzen (z. B.  durch Mietschulden) erkennen und welche Ortsteile müssen mit Verdrängung rechnen bzw. welche Wirkung hat dies auf die Problemlagen der unterschiedlichen Ortsteile?

 

3.      Welche Initiativen ergreift der Bezirk, um die Verdrängung von einkommensschwächeren Haushalten in andere Bezirke zu verhindern und wie bewertet das BA die Miet- und Wohnungsmarktentwicklung im Bezirk?

 

4.      Wie hoch ist die Leerstandquote im Bezirk und lassen sich Schwerpunkte des Leerstands identifizieren bzw. wo gibt es keinen nennenswerten Leerstand?

 

5.      Welche Bedeutung hat der Wohnungsbestand der ehem. städtischen Wohnungsbaugesellschaften für die Versorgung einkommensschwächerer Haushalte, auch im Hinblick auf Belegungsrechtwohnungen und welche Politik verfolgt das Bezirksamt diesbezüglich?

 

 

das Bezirksamt beantwortet die o.g. Große Anfrage schriftlich wie folgt:

 

Einleitung:

 

Einleitend ist anzumerken, dass ein Großteil der Fragen mangels erhobener Daten nicht beantwortet werden kann.

 

Ein Eigentümerkataster wird in Charlottenburg-Wilmersdorf nicht geführt! Lediglich den Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen (sog. sozialer Wohnungsbau) wird überwacht.

 

1.)  Liegen dem Bezirk Erkenntnisse darüber vor, wie stark sich die Wohnungsmieten

in regionalen Teilmärkten des Bezirks in den letzten drei Jahren entwickelt haben und welche Wirkung dies vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auf die Wohnungsversorgung der einkommensschwächeren Haushalte erzielt?

 

Zu 1.: Aktuelle Erhebungen liegen dem Bezirk nicht vor.

 

Des ungeachtet nimmt der Bestand an preiswertem/mietpreisbilligem Wohnraum kontinuierlich weiter ab.

 

Ausgehend von einer Gesamtzahl von 190.511 Wohnungen in Charlottenburg-Wilmersdorf (Stand 31.12.2007) entfallen nur noch  11.646 Wohneinheiten  auf den öffentlich geförderten Wohnungsbau. Am 31.12.2004 waren von 190.148 Wohnungen noch 14.078  Sozialwohnungen.

 

Unter Hinweis auf den Mietspiegel 2007 stiegen die Mieten in Berlin im Mietspiegel 2007 im Vergleich zum Mietspiegel 2005 um 5,8 %. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Entwicklung von rund 2,9 %. Im Vergleich zum letzten Berliner Mietspiegel ist die durchschnittliche Nettokaltmiete über alle Wohnungen von 4,49 €/m² auf 4,75 €/m² angestiegen.

 

Nach Wohnlagen differenziert entwickelten sich die Mieten wie folgt:

 

Einfache Wohnlage:      Leicht unterdurchschnittlicher Anstieg (5,0 %)

Mittlere Wohnlage:       Unterdurchschnittlicher Anstieg (4,1 %)

Gute Wohnlage:            Deutlicher Anstieg über dem Durchschnitt (7,3 %)

 

Ausschlaggebend für die kontinuierliche Mietpreisentwicklung ist die relativ kurze Verweildauer in den Wohnungen. Betrachtet man die Wohndauer nach Wohnungsgrößen, so ist auffällig, dass die Wohndauer in kleinen Wohnungen mit weniger als 40 m2 Wohnfläche und in großen Wohnungen ab 90 m² Wohnfläche am geringsten ist. In beiden Wohnungsgrößenklassen bestehen über 50 % der Mietverhältnisse weniger als vier Jahre. Ursächlich für die vergleichsweise höhere Fluktuation in den sehr kleinen Wohnungen ist die größere Mobilität der Single-Haushalte, die diese Wohnungen häufig als Erstwohnungen und Übergangslösung nutzen.

 

Die geringe Wohndauer in vielen großen Wohnungen ist sowohl auf die demografische Entwicklung mit der Verkleinerung und Neuorientierung der Haushalte als auch auf die Vergrößerung des Wohnungsangebots in diesem Marktsegment zurückzuführen

 

2.) Lassen sich bereits Segregationstendenzen ( z. B. durch Mietschulden) erkennen,

und welche Ortsteile müssen mit Verdrängungen rechnen bzw. welche Wirkung hat dies auf die Problemlagen der unterschiedlichen Ortsteile?

 

Zu 2.: Die Abt. Soziales äußert sich hierzu wie folgt:

 

Es ist nicht möglich hierzu verlässliche Angaben zu machen. Die Erhebung entsprechen-

der Daten ist nicht vorgesehen und ließe sich auch nur schwer durchführen, da sich  nicht alle wegen Räumungsklagen/Zwangsräumung angeschriebenen Bürger an das Sozialamt wenden. Die Anzahl der Räumungsklagen und Zwangsräumungen ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken:

 

Räumungsklagen:                    

                                                                                                           

2007

1015

2008

765

 

Zwangsräumungen:

 

2007

598

2008

414

 

Mangels statistischer Angaben lässt sich hierzu auch von der Abt. Bürgerdienste keine verlässliche Aussage treffen. Ob eine Verdrängung durch die  Miethöhe und Mietschulden erfolgt, ist nicht nachvollziehbar, da diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Einkünften bestreiten können,  auf ALG II/Grundsicherung angewiesen sind und noch kein durchgängiger Zwang ausgeübt wird, die Wohnung in eine kleinere und /oder günstigere zu tauschen.

 

3.) Welche Initiativen ergreift der Bezirk, um die Verdrängung von einkommens-

schwächeren Haushalten in andere Bezirke zu verhindern und wie bewertet das BA die Miet- und Wohnungsmarktentwicklung im Bezirk?

 

Zu 3.: Die Abt. Soziales äußert sich hierzu wie folgt:

 

Eine diesbezügliche Steuerung ist von Seiten des Bezirks nicht möglich. Der Mietpreis­spiegel wird laut Sen IAS (AV-Wohnen) in der Jahresmitte aktualisiert herausgegeben, die Angemessenheitskriterien sollen sich danach entsprechend verändern. Grundsätzlich ent­sprechen die Mieten des Mietpreisspiegels in guten Wohnlagen in der Regel nicht den An­gemessenheitskriterien der AV-Wohnen.

 

Die Abt. Bürgerdienste hat nach den Wegfällen des Verbots der Zweckentfremdung, der Fehlbelegungsabgabe sowie der Aufgabe des öffentlich geförderten Wohnungsbaus aus Gründen des Überangebotes von Wohnraum mit Ausnahme der Belegung von öffentlich gefördetem Wohnraum kaum noch Gestaltungsmöglichkeiten.

 

Nach Aussage der Abt. Bauwesen nimmt das Interesse an Charlottenburg-Wilmersdorf als Wohnstandort erkennbar zu. Dies gilt sowohl für die Nutzer/innen, Mieter/innen und Eigentümer/innen als auch für Investoren/innen. Mit einer Leerstandsquote von 2 – 3 % hat der Bezirk die geringste Leerstandsquote Berlin, was als Vollbelegung qualifiziert werden kann.

 

Das Bezirksamt fördert Wohnungsbauvorhaben durch eine aktive Bauberatung und drängt dabei auf eine Mischnutzung mit Wohnungen bei Neubauvorhaben. Die Beseitigung von Wohnraum wird, soweit rechtlich zulässig, unterbunden. Durch entsprechendre Bebauungspläne wird insbesondere der Wohnanteil im City-Bereich gestützt, um der nachfrage gerecht zu werden.

 

4.)  Wie hoch ist die Leerstandsquote im Bezirk und lassen sich Schwerpunkte des

       Leerstandes identifizieren bzw. wo gibt es keinen nennenswerten Leerstand?

 

Zu 4.:  Konkrete und aktuelle Aussagen können nur zum öffentlich geförderten sozialen

           Wohnungsbau gemacht werden.

 

Von insgesamt 11.646 Wohnungen standen im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 107 Wohnungen länger als 6 Monate und 254 länger als 12 Monate leer.

 

Dies entspricht einer Quote von 3,09 v. H.

 

Schwerpunktbereiche mit erheblichen Leerstand im Bezirk lassen sich nicht ausmachen. Problematisch sind Wohnungslagen an lärmbelasteten Durchgangsstraßen (Brandenburgische Str., Kaiser-Friedrich-Str., Lietzenburger Straße, Spandauer Damm).

 

5.) Welche Bedeutung hat der Wohnungsbestand der ehem. städtischen Wohnungs-

baugesellschaften für die Versorgung einkommensschwächerer Haushalte, auch im Hinblick auf Belegungsrechtwohnungen und welche Politik verfolgt das Bezirksamt diesbezüglich.

 

Zu 5.: Die Abt. Soziales äußert sich hierzu wie folgt:

 

Die Wohnungen des ehem. Grundstücksamtes Wilmersdorf, jetzt GESOBAU überschrei­ten mit ihrer Miethöhe die Angemessenheitskriterien der AV-Wohnen erheblich. Die Beleg­rechtswohnungen bei der DEGEWO (ehem. Grundstücksamt Charlottenburg) sind durch Verkäufe dezimiert und Modernisierungsmaßnahmen häufig für das Klientel zu teuer. Es finden kaum noch Vermittlungen statt. Durch das Geschützte Marktsegment (GM) wurden im vergangenen Jahr von insgesamt 102 Wohnungsvermittlungen innerhalb des Be­zirkes 44 vermittelt.

 

Aus Sicht der Abt. Bürgerdienste hat der Wohnungsbestand an öffentlich geförderten  Sozialbauwohnungen der Wohnungsbaugesellschaften unverändert eine große Bedeutung für Inhaber/innen eines WBS, die über geringe Einkünfte verfügen bzw. häufig im Transferleistungsbezug sind. Allerdings wird es für diesen Personenkreis immer schwieriger,  eine bezahlbare Sozialbauwohnung zu finden.

 

Die Wohnungen der Wohnungsbau-Programme vom Ende der 70er Jahre bis zum Ende der Wohnungsbauförderung sind mit Netto-Kaltmieten von 5,80 EUR/m2 aufwärts bis 6,11 EUR/m2 insbesondere für Transferleistungs-Empfänger auf Grund rechtlicher Vorschriften (AV-Wohnen) nicht erschwinglich. Hierzu trägt insbesondere der planmäßigen Abbau der Förderung in den letzten Jahren bei.

 

Auch die Mieten der Wohnungen, denen keine Anschlussförderung bewilligt wurde, haben sich extrem verteuert.

 

Wohnungen mit Besetzungsrecht des Landes Berlin (für Dringlichkeitsfälle) sind seit Jahren auf Grund genereller Freistellung durch den Senat von der Verpflichtung gegen Vorlagen eines WBS mit anerkannt dringendem Wohnbedarf zu überlassen freigestellt und können an alle WBS-Inhaber/innen überlassen werden.

 

 

Resumee:

 

Es bleibt Aufgabe der Wohnungspolitik, vor allem mietpreisgünstige Bestände zu schützen und möglichst noch zu erweitern. Unverändert haben sozial- und einkommensschwache Haushalte, kinderreiche und ausländische Familien sowie Alleinerziehende Schwierigkeiten eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen zu finden. Hierbei Abhilfe zu schaffen, ist durch bezirkliche Einflussmöglichkeiten faktisch kaum noch zu leisten.

 

 

Joachim Krüger

Bezirksstadtrat


 

 
 

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