Drucksache - 1343/3
Wir fragen
das Bezirksamt: 1. Liegen dem Bezirk Erkenntnisse darüber
vor, wie stark sich die Wohnungsmieten in regionalen Teilmärkten des Bezirks in
den letzten drei Jahren entwickelt haben und welche Wirkung dies vor dem
Hintergrund der aktuellen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auf die
Wohnungsversorgung der einkommensschwächeren Haushalte erzielt? 2. Lassen sich bereits
Segregationstendenzen (z. B. durch
Mietschulden) erkennen und welche Ortsteile müssen mit Verdrängung rechnen bzw.
welche Wirkung hat dies auf die Problemlagen der unterschiedlichen Ortsteile? 3. Welche Initiativen ergreift der
Bezirk, um die Verdrängung von einkommensschwächeren Haushalten in andere
Bezirke zu verhindern und wie bewertet das BA die Miet- und
Wohnungsmarktentwicklung im Bezirk? 4. Wie hoch ist die Leerstandquote im Bezirk und lassen sich Schwerpunkte des Leerstands identifizieren bzw. wo gibt es keinen nennenswerten Leerstand? 5.
Welche
Bedeutung hat der Wohnungsbestand der ehem. städtischen
Wohnungsbaugesellschaften für die Versorgung einkommensschwächerer Haushalte,
auch im Hinblick auf Belegungsrechtwohnungen und welche Politik verfolgt das
Bezirksamt diesbezüglich? das Bezirksamt beantwortet
die o.g. Große Anfrage schriftlich wie folgt: Einleitung: Einleitend ist anzumerken,
dass ein Großteil der Fragen mangels erhobener Daten nicht beantwortet werden
kann. Ein Eigentümerkataster wird
in Charlottenburg-Wilmersdorf nicht geführt! Lediglich den Bestand an
öffentlich geförderten Wohnungen (sog. sozialer Wohnungsbau) wird überwacht. 1.) Liegen dem Bezirk Erkenntnisse darüber vor,
wie stark sich die Wohnungsmieten in regionalen Teilmärkten
des Bezirks in den letzten drei Jahren entwickelt haben und welche Wirkung dies
vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auf die
Wohnungsversorgung der einkommensschwächeren Haushalte erzielt? Zu 1.: Aktuelle Erhebungen
liegen dem Bezirk nicht vor. Des ungeachtet nimmt der
Bestand an preiswertem/mietpreisbilligem Wohnraum kontinuierlich weiter ab. Ausgehend von einer
Gesamtzahl von 190.511 Wohnungen in Charlottenburg-Wilmersdorf (Stand
31.12.2007) entfallen nur noch 11.646
Wohneinheiten auf den öffentlich
geförderten Wohnungsbau. Am 31.12.2004 waren von 190.148 Wohnungen noch 14.078 Sozialwohnungen. Unter Hinweis auf den
Mietspiegel 2007 stiegen die Mieten in Berlin im Mietspiegel 2007 im Vergleich
zum Mietspiegel 2005 um 5,8 %. Das entspricht einer durchschnittlichen
jährlichen Entwicklung von rund 2,9 %. Im Vergleich zum letzten Berliner
Mietspiegel ist die durchschnittliche Nettokaltmiete über alle Wohnungen von
4,49 €/m² auf 4,75 €/m² angestiegen. Nach Wohnlagen differenziert
entwickelten sich die Mieten wie folgt: Einfache Wohnlage: Leicht unterdurchschnittlicher Anstieg
(5,0 %) Mittlere Wohnlage: Unterdurchschnittlicher Anstieg (4,1 %) Gute Wohnlage: Deutlicher Anstieg über dem
Durchschnitt (7,3 %) Ausschlaggebend für die
kontinuierliche Mietpreisentwicklung ist die relativ kurze Verweildauer in den
Wohnungen. Betrachtet man die Wohndauer nach Wohnungsgrößen, so ist auffällig,
dass die Wohndauer in kleinen Wohnungen mit weniger als 40 m2 Wohnfläche und in
großen Wohnungen ab 90 m² Wohnfläche am geringsten ist. In beiden
Wohnungsgrößenklassen bestehen über 50 % der Mietverhältnisse weniger als vier
Jahre. Ursächlich für die vergleichsweise höhere Fluktuation in den sehr
kleinen Wohnungen ist die größere Mobilität der Single-Haushalte, die diese
Wohnungen häufig als Erstwohnungen und Übergangslösung nutzen. Die geringe Wohndauer in
vielen großen Wohnungen ist sowohl auf die demografische Entwicklung mit der
Verkleinerung und Neuorientierung der Haushalte als auch auf die Vergrößerung
des Wohnungsangebots in diesem Marktsegment zurückzuführen 2.) Lassen sich bereits
Segregationstendenzen ( z. B. durch Mietschulden) erkennen, und welche Ortsteile
müssen mit Verdrängungen rechnen bzw. welche Wirkung hat dies auf die
Problemlagen der unterschiedlichen Ortsteile? Zu 2.: Die Abt. Soziales
äußert sich hierzu wie folgt: Es ist nicht möglich hierzu
verlässliche Angaben zu machen. Die Erhebung entsprechen- der Daten ist nicht
vorgesehen und ließe sich auch nur schwer durchführen, da sich nicht alle wegen Räumungsklagen/Zwangsräumung
angeschriebenen Bürger an das Sozialamt wenden. Die Anzahl der Räumungsklagen
und Zwangsräumungen ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken: Räumungsklagen:
Zwangsräumungen:
Mangels statistischer Angaben
lässt sich hierzu auch von der Abt. Bürgerdienste keine verlässliche Aussage
treffen. Ob eine Verdrängung durch die
Miethöhe und Mietschulden erfolgt, ist nicht nachvollziehbar, da
diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Einkünften bestreiten
können, auf ALG II/Grundsicherung
angewiesen sind und noch kein durchgängiger Zwang ausgeübt wird, die Wohnung in
eine kleinere und /oder günstigere zu tauschen. 3.) Welche Initiativen
ergreift der Bezirk, um die Verdrängung von einkommens- schwächeren Haushalten in
andere Bezirke zu verhindern und wie bewertet das BA die Miet- und
Wohnungsmarktentwicklung im Bezirk? Zu 3.: Die Abt. Soziales
äußert sich hierzu wie folgt: Eine diesbezügliche Steuerung
ist von Seiten des Bezirks nicht möglich. Der Mietpreisspiegel wird laut Sen
IAS (AV-Wohnen) in der Jahresmitte aktualisiert herausgegeben, die
Angemessenheitskriterien sollen sich danach entsprechend verändern.
Grundsätzlich entsprechen die Mieten des Mietpreisspiegels in guten Wohnlagen
in der Regel nicht den Angemessenheitskriterien der AV-Wohnen. Die Abt. Bürgerdienste hat
nach den Wegfällen des Verbots der Zweckentfremdung, der Fehlbelegungsabgabe
sowie der Aufgabe des öffentlich geförderten Wohnungsbaus aus Gründen des
Überangebotes von Wohnraum mit Ausnahme der Belegung von öffentlich gefördetem
Wohnraum kaum noch Gestaltungsmöglichkeiten. Nach Aussage der Abt.
Bauwesen nimmt das Interesse an Charlottenburg-Wilmersdorf als Wohnstandort
erkennbar zu. Dies gilt sowohl für die Nutzer/innen, Mieter/innen und
Eigentümer/innen als auch für Investoren/innen. Mit einer Leerstandsquote von 2
– 3 % hat der Bezirk die geringste Leerstandsquote Berlin, was als
Vollbelegung qualifiziert werden kann. Das Bezirksamt fördert
Wohnungsbauvorhaben durch eine aktive Bauberatung und drängt dabei auf eine
Mischnutzung mit Wohnungen bei Neubauvorhaben. Die Beseitigung von Wohnraum
wird, soweit rechtlich zulässig, unterbunden. Durch entsprechendre
Bebauungspläne wird insbesondere der Wohnanteil im City-Bereich gestützt, um der
nachfrage gerecht zu werden. 4.) Wie hoch ist die Leerstandsquote im Bezirk
und lassen sich Schwerpunkte des Leerstandes identifizieren bzw. wo gibt
es keinen nennenswerten Leerstand? Zu 4.: Konkrete und aktuelle Aussagen können nur zum
öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau gemacht werden. Von insgesamt 11.646
Wohnungen standen im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 107 Wohnungen länger als
6 Monate und 254 länger als 12 Monate leer. Dies entspricht einer Quote
von 3,09 v. H. Schwerpunktbereiche mit
erheblichen Leerstand im Bezirk lassen sich nicht ausmachen. Problematisch sind
Wohnungslagen an lärmbelasteten Durchgangsstraßen (Brandenburgische Str.,
Kaiser-Friedrich-Str., Lietzenburger Straße, Spandauer Damm). 5.) Welche Bedeutung hat
der Wohnungsbestand der ehem. städtischen Wohnungs- baugesellschaften für die
Versorgung einkommensschwächerer Haushalte, auch im Hinblick auf
Belegungsrechtwohnungen und welche Politik verfolgt das Bezirksamt
diesbezüglich. Zu 5.: Die Abt. Soziales
äußert sich hierzu wie folgt: Die Wohnungen des ehem.
Grundstücksamtes Wilmersdorf, jetzt GESOBAU überschreiten mit ihrer Miethöhe
die Angemessenheitskriterien der AV-Wohnen erheblich. Die Belegrechtswohnungen
bei der DEGEWO (ehem. Grundstücksamt Charlottenburg) sind durch Verkäufe
dezimiert und Modernisierungsmaßnahmen häufig für das Klientel zu teuer. Es
finden kaum noch Vermittlungen statt. Durch das Geschützte Marktsegment (GM)
wurden im vergangenen Jahr von insgesamt 102 Wohnungsvermittlungen innerhalb
des Bezirkes 44 vermittelt. Aus Sicht der Abt.
Bürgerdienste hat der Wohnungsbestand an öffentlich geförderten Sozialbauwohnungen der
Wohnungsbaugesellschaften unverändert eine große Bedeutung für Inhaber/innen
eines WBS, die über geringe Einkünfte verfügen bzw. häufig im
Transferleistungsbezug sind. Allerdings wird es für diesen Personenkreis immer
schwieriger, eine bezahlbare
Sozialbauwohnung zu finden. Die Wohnungen der
Wohnungsbau-Programme vom Ende der 70er Jahre bis zum Ende der
Wohnungsbauförderung sind mit Netto-Kaltmieten von 5,80 EUR/m2 aufwärts bis
6,11 EUR/m2 insbesondere für Transferleistungs-Empfänger auf Grund rechtlicher
Vorschriften (AV-Wohnen) nicht erschwinglich. Hierzu trägt insbesondere der
planmäßigen Abbau der Förderung in den letzten Jahren bei. Auch die Mieten der
Wohnungen, denen keine Anschlussförderung bewilligt wurde, haben sich extrem
verteuert. Wohnungen mit Besetzungsrecht
des Landes Berlin (für Dringlichkeitsfälle) sind seit Jahren auf Grund
genereller Freistellung durch den Senat von der Verpflichtung gegen Vorlagen
eines WBS mit anerkannt dringendem Wohnbedarf zu überlassen freigestellt und
können an alle WBS-Inhaber/innen überlassen werden. Resumee: Es bleibt Aufgabe der
Wohnungspolitik, vor allem mietpreisgünstige Bestände zu schützen und möglichst
noch zu erweitern. Unverändert haben sozial- und einkommensschwache Haushalte,
kinderreiche und ausländische Familien sowie Alleinerziehende Schwierigkeiten
eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen zu finden. Hierbei Abhilfe zu
schaffen, ist durch bezirkliche Einflussmöglichkeiten faktisch kaum noch zu
leisten. Joachim Krüger Bezirksstadtrat |
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