Drucksache - 1275/3
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Wir fragen
das Bezirksamt: 1. Wie veränderten sich die
Konzentrationen von Schwebstoffen, Stickoxiden (NOx) und SO2 in der Luft im
Bereich der Umweltzone und wie bewertet das Bezirksamt die Veränderungen im
Einzelnen? 2. Welcher Anteil kann saisonbereinigt
auf die Einführung der Umweltzone zurückgeführt werden und welcher ist auf
meteorologische und andere Einflüsse zurückzuführen? 3. Welche gesundheitlichen
Beeinträchtigungen können direkt auf die genannten Belastungen zurückgeführt
werden und welche Erleichterung kann hier der Umweltzone angerechnet werden? 4. Wo bedarf die Maßnahme der
Umweltzone gegebenenfalls einer Nachbesserung? 5. Welche Tendenz sieht das Bezirksamt
für die Jahre 2009 und 2010 unter Berücksichtigung externer Effekte und wie
sähe die Entwicklung ohne Umweltzone aus? Das Bezirksamt beantwortet die Große Anfrage wie folgt
schriftlich: Vorbemerkung:
Die
Zuständigkeit für die Einführung der Umweltzone, für die Datenerhebung und für
sich daraus ergebende fachliche Schlussfolgerungen liegt ausschließlich bei der
Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Die dieser
Beantwortung zugrunde liegenden Daten und Bewertungen folgen im Wesentlichen
einer Stellungnahme dieser Verwaltung. Zu 1.
und 2.: Die
mittleren Konzentrationen dieser Stoffe (Schwebstoffe = PM10 bzw. Feinstaub) in
den Jahren 2007 und 2008 werden an einer
Reihe von Messstationen im Stadtgebiet erfasst. Am aufschlussreichsten sind für
die Umweltzone vermutlich die Messergebnisse der Verkehrsmessstationen.
Allerdings profitieren von den Emissionsminderungen durch schadstoffärmere
Autos auch die Bereiche außerhalb der Innenstadt. In unserem Bezirk befindet
sich eine Verkehrsmessstation auf dem Hardenbergplatz. Hier ergaben sich
folgende Werte: Feinstaub
(PM 10) 2007: Das
Jahresmittel betrug 26 μg/m³ (Grenzwert 40 μg/m³), die Anzahl der Überschreitungen
des zulässigen Tagesmittels (50 μg/m³) 18 (erlaubt max. 35). Stadtweit
lagen die Messwerte bei den anderen Verkehrsstationen sehr ähnlich. Feinstaub
(PM 10) 2008: Das
Jahresmittel betrug 27 μg/m³ (Grenzwert 40 μg/m³), die Anzahl der Überschreitungen
des zulässigen Tagesmittels (50 μg/m³) 13 (erlaubt max. 35). Auch hier
waren die Jahresmittel bei den anderen Verkehrsstationen ähnlich, die Anzahl
der Überschreitungen der zulässigen Tageswerte aber an zwei anderen Stationen
(Silbersteinstraße, Frankfurter Allee) deutlich höher: 21 bzw. 24. Im
Vergleich zu früheren Jahren sind beide Jahre wegen der meteorologischen
Austauschbedingungen als ausgesprochen günstig zu bezeichnen. Der gemessene
Jahresmittelwert für Feinstaub ist in den Jahren 2007 und 2008 stadtweit
vergleichbar hoch. Aufgrund der im Jahr 2008 im Vergleich zu 2007 etwas
schlechteren meteorologischen Ausbreitungsbedingungen wäre allerdings für das
Jahr 2008 ohne Umweltzone ein etwa 3 % höherer Jahresmittelwert zu erwarten
gewesen. Stickstoffdioxid
(ist in Bezug auf
die Umweltzone der wichtigere Messwert als die in der Frage enthaltenen NOx)
2007: 60 μg/m³ als Jahresmittel, Grenzwert ab 2010 40μg/m³, das
1-h-Mittel von 200 μg/m³ wurde 6x-mal überschritten (erlaubt ab 2010 18x).
Dies deckt sich recht gut mit anderen Straßenmessstellen, die aber etwas
günstiger lagen. Stickstoffdioxid
(2008): 59
μg/m³ als Jahresmittel, keine Überschreitungen des 1 – h-Mittels.
Die anderen Verkehrs-Messstationen lagen wieder etwas günstiger. Damit war eine
leichte Abnahme zu verzeichnen (2008 zu 2007). Bei der
Bewertung der Stoffe ist zu berücksichtigen, dass die Emission von
Schwefeldioxid durch die Umweltzone nicht beeinflusst wird und auch nicht beeinflusst
werden soll, da dieser Stoff in erster Linie aus Kraftwerken, Industrie und
Hausbrand stammt. Schwefeldioxid ist nicht zuletzt dank der Erfolge der
Luftreinhaltepolitik der 80`er-Jahre praktisch kein Thema mehr in Berlin. Nur noch an
zwei Messstationen - Karlshorst,
Frankfurter Allee - wird SO² gemessen.
Die Jahresmittel lagen 2007 bei 2 bzw. 3 μg/m³, 2008 an beiden Messstellen
bei 3 μg/m³; es gab keine Überschreitungen der zulässigen 1-h bzw. 24
– h-Grenzwerte von 350 bzw. 125 μg/m³. Die zur
Wirkung der Umweltzone vorgenommenen Untersuchungen der Senatsverwaltung halten
folgendes fest: “Ein
positiver Effekt der Umweltzone lässt sich an den Messwerten für die
Luftqualität ablesen. Obwohl sich die Wetterbedingungen für die Ausbreitung von
Luftschadstoffen im ersten Jahr der Umweltzone im Vergleich zum Vorjahr
ungünstiger entwickelten, nahmen die Ruß- und Stickoxidwerte überproportional
ab. Infolge der
Stufe 1 der Umweltzone konnte die Feinstaubbelastung an Hauptverkehrsstraßen um
etwa 3% gesenkt werden. Dies entspricht im Jahr 2008 einem Rückgang von etwa 4
Tagen mit Überschreitungen des Tages – Grenzwertes für Feinstaub (PM10).
Ohne die Einführung der Umweltzone wäre demnach im Jahr 2008 an 28 statt an 24
Tagen der Feinstaubgrenzwert überschritten worden, bei insgesamt 35 erlaubten
Überschreitungstagen eine durchaus relevante Verbesserung. Der im Feinstaub
enthaltene, besonders gesundheitsschädliche Dieselruß wurde durch die
Umweltzone noch deutlicher vermindert. Anhand der routinemäßigen Luftgüte-Messdaten
lässt sich ein Rückgang der verkehrsbedingten Rußpartikelbelastung um 14% bis
22% nachweisen. Auch eine Minderung der Stickstoffdioxidkonzentration um etwa
10% kann der Stufe 1 der Umweltzone zugeschrieben werden. Dies ist eine
signifikante und dringend notwendige Verbesserung, denn die Einhaltung der
Grenzwerte im Jahre 2010 erfordert eine Minderung von über 20%.” Zu
3.: Es ist
Stand der Wissenschaft, dass insbesondere die Luftbelastung durch
Dieselrußpartikel von besonderer gesundheitlicher Relevanz ist. Dieselruß
schädigt die Atemwege und gilt als krebserregend, aber er erhöht auch das
Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, da diese ultrafeinen Partikel (kleiner
als 0,1 μm) über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen können. Mit
der Umweltzone konnte die Belastung durch den besonders gesundheitsgefährdenden
Dieselruß um 14 – 22 % (Auswertung der ca. 32 RUBIS-Messstandorte)
reduziert werden. (Mit
Rubis-Messstandorten sind kleine an Straßenlaternen aufgehängte
Probenahmegeräte gemeint, die an verkehrsreichen Standorten das stationäre
Messnetz seit 2007 ergänzen). Zu
4.: Die Stufe 1
der Umweltzone wurde bereits im Luftreinhalteplan nicht als ausreichend
angesehen. Ziel ist vielmehr die Modernisierung der Fahrzeugflotte auf den
Stand der grünen Plakette, d.h. für Dieselfahrzeuge Einhaltung des
Partikelgrenzwertes des Abgasstandards Euro 4. Die volle Wirkung der Umweltzone
kann erst dann eintreten, wenn die Stufe 2 umgesetzt ist. Diese tritt am
1.1.2010 in Kraft, so dass dann nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in die
Umweltzone dürfen. Aufgrund der Ausnahmepraxis für Fahrzeuge der
Schadstoffgruppe 1 (keine Plakette) wurde bisher das
Emissionsminderungspotenzial der Umweltzone Stufe 1 zu etwa 80 % realisiert.
Damit hat sich diese Praxis als geeignetes Instrument zur Wahrung der
Interessen des Gesundheits- und Umweltschutzes einerseits und der Interessen
der Wirtschaft andererseits bewährt. Weitere Emissionsminderungen sind mit
Auslaufen eines großen Teils der Ausnahmegenehmigungen im Sommer 2009 zur
erwarten. Zu
5.: Die
Entwicklung der Luftbelastung mit und ohne Umweltzone ist für das Jahr 2010 im
Luftreinhalte- und Aktionsplan Berlin 2005-2010 dargestellt. Untersuchungen für
das Jahr 2009 liegen nicht vor. Für das Jahr 2010 wurde berechnet, dass durch
die Umweltzone die Emissionen im Vergleich zum Trendfall, d.h. unter
Berücksichtigung des Rückgangs der Emissionen aufgrund der gesetzlichen
Regelungen in Europa und Deutschland, für Dieselruß um 46%, für PM10
(Auspuff + Abrieb und Aufwirbelung) um 9 % und für Stickoxide um 10 % sinken. Eine
Einhaltung der Grenzwerte für PM10 und Stickstoffdioxid konnte auch mit
Umweltzone nicht prognostiziert werden. Allerdings soll die Zahl der von
Grenzwertüberschreitungen betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern um 20 bis 25
% sinken. Auch vor
dem Hintergrund der zur Luftreinhaltung und zur Umweltzone ergangenen
Rechtsprechung sieht das Bezirksamt in der Umweltzone einen richtigen Weg und
beachtlichen Erfolg. Mit dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.
März 2007 ist klargestellt worden, dass Bürger/innen bei Überschreiten der
Immissionsgrenzwerte einen Anspruch auf Einschreiten der zuständigen Behörden
haben. Das Verwaltungsgericht Hannover hat unlängst Klagen von zwei Bürgern
abgewiesen, die die Umweltzone als schweren Eingriff in die Eigentumsrechte
werteten. Die Umweltzone in Hannover ist damit rechtmäßig. Allerdings
hat der Klägervertreter angekündigt, Rechtsmittel gegen diese Entscheidung
einzulegen. Das Ergebnis bleibt abzuwarten. Mit dieser
wichtigen Erkenntnis, dass eine rechtssichere Umweltzone nachweislich zu
umweltpolitischen Erfolgen führt, steht Berlin übrigens nicht allein. Zum
Jahreswechsel haben in der Zeitschrift “Der Städtetag”
Stadtoberhäupter und Dezernent/innen – übrigens über alle Parteigrenzen
hinweg – eine positive Bilanz gezogen (neben Berlin: Stuttgart,
Hannover, Köln, München, mehrere Städte
im Ruhrgebiet). Auch Hamburg beabsichtigt, eine Umweltzone einzurichten. |
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