Drucksache - 1154/3
Wir fragen das Bezirksamt:
Die Große Anfrage beantworte ich für das Bezirksamt schriftlich wie folgt:
Die Darstellung der für das Land Berlin zuständigen Staatssekretärin gibt einen guten Überblick über den aktuellen Verfahrensstand:
"Auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 13./14. November 2008 wurde ein einstimmiger Beschluss gefasst, in dem sich die Länder auf eine gemeinsame Position zur Nachfolge des ARGE-Modells verständigt haben. Danach halten die Länder eine Regelung für geboten, die eine weitgehende Selbstständigkeit der Zentren für Arbeit und Grundsicherung (ZAG) als verfassungsrechtlich abgesicherte Form der Mischverwaltung ermöglicht. Gefordert wird dabei die Errichtung der ZAG als juristische Person des öffentlichen Rechts mit Dienstherrenfähigkeit. Unter bestimmten Bedingungen stehen die Länder einer nach Bundesrecht errichteten juristischen Person grundsätzlich offen gegenüber. Bei der Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung im Bereich Grundsicherung soll insbesondere auch sichergestellt werden, dass die Länder und Kommunen angemessene, abgesicherte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erhalten.
Mithin hatte sich hinsichtlich der Neuorganisation der JobCenter im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Mehrheit der Länder grundsätzlich für eine weitgehende Selbstständigkeit der Nachfolgeorganisation der ARGEn in einer verfassungsrechtlich abgesicherten Form der Mischverwaltung ausgesprochen, die mittelfristig einen einheitlichen Personalkörper und gesetzlich abgesicherte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Länder und Kommunen schafft.
Zwischenzeitlich hat das Land Bayern die Linie der Bundesländer verlassen und befürwortet eine Verfassungsänderung nicht mehr. Bayern vertritt die Auffassung, dass die Grundsicherung durch eine getrennte Aufgabenwahrnehmung im Wege einfachgesetzlicher Änderungen genauso gut und effizient durchgeführt werden könnte. Nach dem Ausscheren Bayerns ist wieder alles offen und völlig unklar, ob sich Länder und Bund auf eine Grundgesetzänderung zur Neuordnung der SGB II-Aufgabenwahrnehmung werden einigen können.
Beim Gespräch der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am 17. Dezember 2008 konnte eine Einigung der Länder bei den bislang noch streitigen Fragen der Aufsicht über die ARGEn und hinsichtlich des Optionsmodells nicht erreicht werden; vielmehr ist vereinbart worden, dass auf Minister- bzw. Ministerpräsidentenebene noch einmal versucht werden sollte, eine gemeinsame Lösung zu finden. Gesprächsergebnisse stehen noch aus.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zwischenzeitlich den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes in die Ressortabstimmung an die beteiligten Bundesministerien gegeben. Es bestehen Zweifel daran, für eine Grundgesetzänderung die erforderliche Mehrheit zu bekommen. Solange insbesondere die Optionsfrage (Ausweitung bzw. Begrenzung der Zahl der zugelassenen kommunalen Träger) nicht gelöst ist und Zweidrittelmehrheiten im Bundesrat für die Grundgesetzänderung nicht gesichert sind, ist ein Gesetzgebungsverfahren für eine Grundgesetzänderung nicht aussichtsreich. Sollte es diesbezüglich zu keiner Verständigung kommen, bliebe als einzige Möglichkeit die getrennte Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Grundsicherung mit den bekannten negativen Folgen für die Leistungsbeziehenden wie Doppelstrukturen und die Schaffung einer bürgerunfreundlichen, ggf. ineffizienten Verwaltung.
Es ist abzuwarten, ob das oben genannte vermittelnde Gespräch Ergebnisse bringt. Sollte eine Einigung in Richtung Verfassungsänderung erreicht werden, wird der Bund innerhalb kürzester Zeit einen entsprechenden Gesetzentwurf in das formelle Gesetzgebungsverfahren geben, im Anschluss daran ist mit dem Gesetzgebungsverfahren für die erforderlichen einfachgesetzlichen Änderungen zu rechnen. Für den Fall, dass ein Kompromissvorschlag nicht gefunden werden kann, ist davon auszugehen, dass die getrennte Aufgabenwahrnehmung in der Grundsicherung mit so viel Kooperation, wie auf einfachgesetzlicher Ebene regelbar, vorbereitet wird."
2. Welchen kommunalen Handlungsspielraum bieten diese Entwürfe für eine weitere Mitwirkung des Bezirks in der lokalen Arbeitsmarktpolitik?
Der bisher vorliegende Entwurf der Grundgesetzänderung enthält weder Regelungen zum kommunalen Handlungsspielraum in der Arbeitsmarktpolitik noch zu weiteren Mitwirkungsmöglichkeiten der Kommunen. Der Entwurf zu den einfachgesetzlichen Änderungen liegt noch nicht vor, so dass zu möglichen Handlungsspielräumen der Kommunen in diesem Fall noch keine Aussagen gemacht werden können. Eine grundlegende Veränderung der Zuständigkeiten der Bundesagentur für Arbeit und des kommunalen Trägers für bestimmte Aufgaben nach dem SGB II wird gegenwärtig aber weder vom Bund noch von den Ländern angestrebt.
Das Bezirksamt ist an einer kundenfreundlichen und mit möglichst geringem bürokratischen Aufwand verbundenen Lösung interessiert, bei der die Kommune einen belastbaren Anteil an Mitgestaltungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten erhält. Dies entspricht dem Vorschlag einer Grundgesetzänderung zum Erhalt der bestehenden Strukturen. Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung mit Unterkunftsleistungen durch die Kommune und Vermittlung in Arbeit und Auszahlung der Grundsicherungsleistungen durch die Agentur wäre ein großer Rückschritt gegenüber der jetzigen Struktur.
Auch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales will sich in Abhängigkeit der weiteren Entwicklungen im Gesetzgebungsverfahren zur Neuorganisation des SGB II insbesondere für folgende Regelungen einsetzen: ? Stärkung der Rolle der Trägerversammlungen und Geschäftsführerinnen/Geschäftsführer in den Nachfolgeorganisationen der Arbeitsgemeinschaften, ? Schaffung eines Kooperationsgremiums zwischen dem für Arbeit zuständigen Landesressort und der jeweiligen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in jedem Land zur Abstimmung der regionalen Arbeitsmarktpolitik, ? angemessene, gesetzlich abgesicherte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Länder.
Das Bezirksamt unterstützt die Ziele der Senatsverwaltung bezüglich der Stärkung der Rolle der Trägerversammlungen und Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer in den Nachfolgeorganisationen der Arbeitsgemeinschaften sowie die weitgehende Selbständigkeit der Nachfolgeorganisationen der ARGEn. Bisher ist der Einfluss der Bundesagentur für Arbeit dominant. Die Einigung in Konfliktfällen zwischen den beiden Trägern des JobCenters gestaltet sich häufig schwierig (Bsp. Personal, Zielplanung mit Festlegung von Rückgängen bei der Leistungsgewährung). Ziel einer Neuregelung sollte auch die Verlagerung des Budgets direkt in die JobCenter hinein sein.
Die mit den Hartz-IV-Gesetzen angestrebte Bündelung der Erfahrungen und unterschiedlichen Möglichkeiten für die Betreuung erwerbsloser Personen wird vom Bezirksamt weiterhin als sinnvoll und erhaltenswert betrachtet. In einer selbständigeren Form des JobCenters scheint dieses Ziel zukünftig umsetzbar. Das Bezirksamt hofft deshalb auf eine Neuregelung durch eine Grundgesetzänderung.
Nach der derzeitigen Lage sind sich alle Bundesländer bis auf eines - Bayern - einig, die Neustrukturierung der ARGEn durch eine Grundgesetzänderung umzusetzen. Vor diesem Hintergrund scheint es möglich, eine Einigung aller Länder zu dem bereits gefassten Beschluss zu erreichen. Die Grundgesetzänderung wird seitens aller Bezirke und dem Senat so gewollt und politisch vertreten.
5. Ist dem Bezirksamt bekannt, wie der Senat sich für den Erhalt bezirklicher Mitbestimmung einsetzt und wie viele Stellenmaßnahmen im Bereich des Öffentlichen Beschäftigungssektors (ÖBS) können mit Landesmitteln eingerichtet werden?
Die Senatsverwaltung für Soziales hat hierzu Folgendes mitgeteilt:
"Der finanzielle Landesanteil am Berliner Öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS) wird zentral von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales gesteuert und ist im Wesentlichen davon abhängig, welche Grundlagenfinanzierungen in den JobCentern (Beschäftigungszuschuss) und dem Bundesverwaltungsamt (Bundesprogramm KommunalKombi) zur Verfügung gestellt werden. Der ÖBS mit dem Beschäftigungszuschuss wird eingerichtet in Abstimmung zwischen dem JobCenter und dem Bezirksamt ggf. auch den Bezirklichen Bündnissen für Wirtschaft und Arbeit. Der ÖBS mit KommunalKombi wird für gesamtstädtische Aufgaben ohne JobCenter- bzw. Bezirksbeteiligung eingerichtet. Am Jahresende 2008 standen rd. 3.800 Beschäftigte im ÖBS-Beschäftigungszuschuss und knapp 1.000 Beschäftigte im ÖBS-KommunalKombi in einer Förderung."
Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales kann ihrer Finanzplanung nach in 2009 jahresdurchschnittlich 4.200 ÖBS-Beschäftigungszuschuss und im Jahr 2010 durchschnittlich 5.100 ÖBS-Beschäftigungszuschuss finanzieren, so dass im Laufe des Jahres 2009 die Beschäftigtenzahl von gegenwärtig 3.800 bis auf 5.100 steigen kann. Die Zahl der Neueintritte wäre dennoch deutlich geringer als im letzten Jahr.
Im Dezember 2008 waren im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 241 Beschäftigte in der ÖBS-Beschäftigungszuschuss-Förderung. Für 2009 plant das JobCenter 100 Neueintritte, hat allerdings noch keine Finanzmittelzuteilung.
M. Schmiedhofer Bezirksstadträtin
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