Drucksache - 0927/3  

 
 
Betreff: Tribüne
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD/Grüne/Linke (fraktionslos)/CDU/FDP 
Verfasser:Verrycken/Dr.Timper/Scheffer/Centgraf/Riedel/Schmitt/Prof. Dr. Dittberner 
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
19.06.2008 
21. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
1. Version vom 19.06.2008
2. Version vom 20.06.2008
3. Version vom 07.07.2008
4. Version vom 16.09.2008

Die BVV möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 19. Juni 2008 folgenden Beschluss gefasst:

 

Das Bezirksamt wird gebeten, sich beim Senat dafür einzusetzen, dass die Tribüne auch über das Jahr 2008 hinaus weiter staatliche Zuschüsse erhält.

 

Das Bezirksamt teilt dazu Folgendes mit:

 

Das Land Berlin bietet den privatrechtlich organisierten Theatern bzw. Theater-/
Tanzgruppen die Möglichkeit einer Basisförderung für den Zeitraum von zwei Jahren.

 

Im Rahmen der Basisförderung können Produktionskostenzuschüsse sowie ggf. Betriebszuschüsse für die eigene Spielstätte beantragt werden. Die Vergabe erfolgt auf der Grundlage der Empfehlung einer Jury.

 

Die Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten – teilt dazu in der Stellungnahme der Jury zur Förderempfehlung für die Basisförderung für 2009/2010 mit:

 

“Die Jury hat sich über mehrere Monate hinweg ein detailliertes Bild von den 68 Anträgen auf Basisförderung zu machen gesucht. Zur weitergehenden Information oder auf eigenen Wunsch von Gruppen wurden Antragsteller zu Gesprächen bzw. Anhörungen vor den Beratungen der jeweiligen Konzepte eingeladen.

Als Resultat ihrer Beratungen (bei sieben ganztägigen Sitzungen) schlägt die Jury 32 Gruppen aus den Bereichen Tanz, Performance, Sprechtheater, Musiktheater, Puppen-/ Figurentheater und Kinder-/Jugendtheater für eine Basisförderung 2009/2010 und oder Spielstättenförderung vor. Das sind sechs Gruppen mehr als 2007/2008.


 

Die Jury hat sich bei ihrer Auswahl von zwei Grundgedanken leiten lassen. Zum einen soll eine Arbeitskonstanz bei all jenen Gruppen nachhaltig gefördert werden, deren Aktivitäten bisher unbestritten große künstlerische Relevanz und Ausstrahlung hatten und deren Konzepte dies auch für die Zukunft versprechen. Zum anderen möchte die Jury einen deutlichen Akzent auf innovative Ansätze legen und die Basisförderung stärker als bisher jungen Formationen zugänglich machen, denn sie versteht das Instrument der Basisförderung nicht nur als Bestandssicherung bewährter und etablierter Gruppen, sondern auch als Möglichkeit, verheißungsvollen Newcomern eine Arbeitsbasis zu ermöglichen.

Da nach Ansicht der Jury die interessantesten Entwicklungen derzeit im Tanz und Performance-Bereich stattfinden, setzt sie hier einen besonderen Schwerpunkt. In der Tanzszene nimmt die Tendenz zu immer breiter vernetzten internationalen Kooperationen und Koproduktionen vehement zu. Dies ist ein Beleg für die zunehmende Bedeutung der Berliner Tanzszene. Aus den Anträgen ist jedoch oft nur schwer ersichtlich, ob eine Gruppe ihren Sitz tatsächlich schwerpunktmäßig in Berlin hat und ihre Premieren hier stattfinden. Besonders problematisch erscheint in diesem Zusammenhang auch die in der Regel sehr geringe Anzahl an geplanten Berliner Aufführungen. Das kann an zu wenigen Spielstätten liegen, aber auch daran, dass zahlreiche Anträge Berlin primär als Finanzierungs- und weniger als Produktionsort verstehen. Die Jury empfiehlt daher für die Basisförderung vorrangig Gruppen, deren künstlerisches Zentrum eindeutig Berlin ist und die in der Stadt kontinuierlich präsent sind.

 

Die Tribüne am Ernst-Reuter-Platz ist vor drei Jahren von der damals zuständigen Evaluierungskommission aus der Konzeptförderung genommen worden. Dank einer Intervention der Politik wurde die Tribüne jedoch mit einem außerordentlichen Etat von 600.000,-- € der Basisförderung 2007/08 zugeschlagen.

 

Gemessen an den Vorhaben der Mitkonkurrenten um eine Basisförderung vermochte die Jury sowohl aufgrund der Arbeit der abgelaufenen zwei Jahre als auch der Konzeption für die folgenden zwei Jahre keine positive Prognose zu stellen. Sie kann keine Veränderung der festgefahrenen Situation bzw. eine dafür geeignete künstlerische Vision erkennen.

 

Im Beurteilungszeitraum hat die Tribüne zunächst auf ein Konzept der “GegenWarte” gesetzt, um sich dann infolge ökonomischen Drucks abrupt auf bewährtes Unterhaltungstheater rückzubesinnen. Der anschließende Neuanfang unter der künstlerischen Leitung von Anna Langhoff wurde noch in der Woche der ersten Premiere beendet. Der mit der Premiere des Theaterstücks “Tiergartenstraße 4” (Klimke) konstatierte neuerliche “Neuanfang” - der dritte in zwei Jahren – wird von der Jury nicht nachvollzogen. Hier scheint ein ums Überleben ringendes Theater sich allzu offensichtlich mit der Euthanasie eines “Aufregerthemas” zu bedienen, das sich wegen seiner Brisanz einer kritischen Betrachtung entzieht. Ärgerlich ist, dass Text und theatrale Umsetzung inhaltlich und formal den 1950er Jahren verhaftet bleiben.

 

Das eingereichte Konzept und die mündlichen Ausführungen der Theaterleitung während der Anhörung haben der Jury keine überzeugende förderungswürdige Grundlage für die Entwicklung der Tribüne vermittelt. Der jüngste Erfolg des Musicals “Irma la Douce” ändert nichts an dieser Einschätzung. Insgesamt erscheint die für 2009/10 vorgeschlagene Programmplanung um das biblische Motto “Dekalog” weder hinreichend begründet noch programmatisch, ästhetisch und haushalterisch abgesichert.


 

Das gewählte Grundthema der Auseinandersetzung mit den Zehn Geboten führt zu einer eher beliebigen Auflistung von Stücken. Unterhaltsame und ernste Stoffe werden in ähnlicher Weise gemischt wie schon seit Jahren. Es ist für die Jury nicht erkennbar, wie ein Konzept, das eher alte – nicht erfolgreiche – Wege perpetuiert, die inhaltliche Krise der Tribüne beenden und neue Publikumsschichten ansprechen könnte.

 

Gemessen an zahlreichen anderen der Jury vorliegenden Basisförderungsgesuchen scheint eine Weiterförderung der Tribüne daher nicht gerechtfertigt.”

 

Staatssekretär André Schmitz unterstrich, “dass die Kulturpolitik im Land Berlin auch weiterhin daran festhalten wird, sich durch externen Sach- und Fachverstand beraten zu lassen und auf dieser Grundlage ihre Förderentscheidungen zu treffen.”

Die entsprechende politische Entscheidung steht noch aus.

 

Unabhängig von dem o.a. Beschluss haben sich die Bezirksbürgermeisterin und die Bundestagsabgeordnete Petra Merkel in einem persönlichen Gespräch am 10. Juni 2008 an den Regierenden Bürgermeister gewandt und sich für die weitere Basisförderung der Tribüne verwendet.

 

Das Bezirksamt bittet, den Beschluss als erledigt zu betrachten.

 

Monika Thiemen


 

 
 

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