Drucksache - 0358/3  

 
 
Betreff: Weg von der Fresskultur, hin zur Esskultur!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Centgraf/Ludwig 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
24.05.2007 
9. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Arbeit Beratung
15.07.2008 
18. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Arbeit ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Ausschuss für Wirtschaft und Ordnungsangelegenheiten Beratung
10.10.2007 
15. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Ordnungsangelegenheiten vertagt   
11.06.2008 
24. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Ordnungsangelegenheiten vertagt   
08.10.2008 
27. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Ordnungsangelegenheiten ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
16.10.2008 
24. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Beschlussempfehlung
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

Die BVV möge beschließen:

V

1.

Weg von der Fresskultur, hin zur Esskultur!

 

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 16.10.2008 Folgendes beschlossen:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, eine Informationskampagne zu entwerfen, um die Essge­wohnheiten der Bürger/innen des Bezirks zu verbessern. Neben offensiver Aufklärung und dem Angebot von Koch- und Ernährungskursen (ggf. in Zusammen­arbeit mit den örtlichen Krankenkassen) soll auch die Verpflegung der bezirklichen Einrichtungen überprüft und ggf. reformiert werden, wobei neben der Zusammenset­zung des Speiseplans auch auf die Her­kunft der Produkte zu achten ist – Regionales und Bioprodukte sollte immer bevorzugt wer­den.

 

 

Das Bezirksamt teilt dazu mit:

 

Das Bezirksamt hat bereits in den vergangenen Monaten diverse Aktivitäten entfaltet, um Fehlentwicklungen beim Essverhalten zu begegnen. Dabei werden un­terschiedliche Ansätze verfolgt:

 

In die Zuständigkeit des Wirtschafts- und Ordnungsamtes fällt die Überwachung der Einhal­tung der Handelsklassen von Ernährungsprodukten.

 

Über diese gesetzliche Pflichtaufgabe hinaus werden vom Wirtschaftsamt immer wieder Ak­tionen organisiert, mit denen die Bevölkerung zu einer gesünderen Ernährung animiert wer­den soll bzw. über Nahrungsmittel aufgeklärt wird. So war die Handelsklassenkontrolle im Jahr 2008 mit Informationsständen auf der Grünen Wo­che, auf dem Spargelmarkt am Fehr­belliner Platz, beim Fest der Nationen, beim Kartoffelmarkt auf dem Mierendorffplatz sowie bei den Gesundheitstagen vertreten.

 

Mit dem “5 am Tag e. V.” wurde ein Zeichennutzungsvertrag abge­schlossen. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf ist die erste Behörde Berlins, die als Ge­sundheits­partner anerkannt wurde und seinen Mitgliedsbeitrag durch Sachleistungen in Form von di­versen Aktionen zur Verbreitung der “5-am-Tag-Kampagne” erbringt.

 

Der Verein propagiert den Verzehr von 5 Portionen Obst und Ge­müse täglich. Die begleiten­den Kampagnen des Wirtschafts- und Ordnungsamtes begannen im Januar 2008 im Rah­men des Schul­projekts “Gesunde Ernährung” in der Oppenheim-Haupt- und Realschule und wurden in den Monaten April, Mai, Juni, August und Oktober des Jahres in verschiedenen Schulen bzw. mit Schülerinnen, Schülern und Jugendlichen fortgesetzt.

 

Das Gesundheitsamt betrachtet die Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit als Schwerpunktaufgabe, insbesondere die Prä­ventionsarbeit bei jüngeren Altersgruppen.

 

 

So zeigen große europäische und amerikanische Studien, dass längeres Stillen vor späte­rem Übergewicht schützt. Die präventive Arbeit des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes setzt hier an. Nach jeder Geburt eines ersten Kindes in einer Familie besuchen Sozialarbei­ter oder Sozialarbeiterinnen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes die Familie. Bei diesem Ersthausbesuch nimmt die Beratung zur Ernährung viel Raum ein. Bei Stillproble­men bietet eine Kinderkrankenschwester des Kinder- und Jugendgesund­heitsdienstes eine persönliche Stillberatung an oder weist auf Selbsthilfegruppen hin.

 

Bei den Einschulungsuntersuchungen werden die Mütter und Väter übergewichtig erschei­nender Kinder von den Schulärztinnen auf die Gewichtsproblematik ange­sprochen und auf laufende Programme im Bezirk hingewiesen.

 

Die Ärztinnen des zahnärztlichen Dienstes bieten bei ihren Reihenuntersuchungen den Lei­terinnen und Leitern von Kindertagesstätten und Schulen an, bei Elternaben­den über ge­sunde Ernährung hinsichtlich der Kariesprophylaxe zu referieren. Dieses Angebot wird gerne angenommen. Zusätzlich wird zu besonderen Anlässen in Jugendfreizeiteinrichtun­gen, auf Stra­ßenfesten u.ä. von den Zahnärztinnen spielerisch zum Zuckergehalt von Erfri­schungsgetränken und anderen Lebensmitteln anschaulich aufgeklärt. Im Jahr 2007 führte der zahnärztliche Dienst zehn solcher Informationskampagnen durch.

 

Die gesunde Ernährung und Bewegung war das Thema einer Gesundheitskonferenz im Mai diesen Jahres. Einer der dort erarbeiteten Handlungsansätze war der Vorschlag zum Einbe­zug von Schulen in Charlottenburg-Nord in das ”Landesprogramm gute ge­sunde Schule”. Ziel dieses Programms ist es, das Thema Gesundheit dauerhaft im Schulalltag zu verankern. Maßnahmen zur gesunden Ernährung und Bewegung sind Teil des Programms.

 

Ein weiterer Aspekt in der Arbeit der Abteilung Soziales, Gesundheit, Umwelt und Verkehr ist die Gesundheitsaufklärung und Informationsvermittlung für die bezirkliche Bevölkerung. Zu Beginn des Jahres wurde in Kooperation mit dem Martin-Luther-Krankenhaus eine Vortrags­reihe ins Leben gerufen, die den Bürgerinnen und Bür­gern (kostenlos) Informationen zu ge­sundheitlichen Themen liefert. Im Juni 2008 wurde über Fettstoffwechselstörungen referiert. Weitere Vorträge zu Ernährungsthe­men werden folgen.

 

Das Schulamt und der Kita-Eigenbetrieb streben die Verwendung von Lebensmitteln an, die nach dem Gentechnikgesetz als “ohne Gentechnik” gekennzeichnet sind. Das Bezirksamt verweist dazu auf die Drucksache 0858/3.

 

Mit den Fragen zur "Gesunden Ernährung” geht der Kita-Eigenbetrieb Nordwest vor­bildlich um. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Eltern werden zu diesen Fragen regel­mäßig geschult und informiert. Die Kinder erlernen und erleben in Pro­jekten die Bedeutung einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung durch bewussten Verzehr.

 

Im vergangenen Jahr hatten alle 20 Charlottenburg-Wilmersdorfer Kindertagesstätten an der bundesweiten Aktionswoche “Iss bunt und gesund” teilgenommen. Am 4. November 2008 fand im Rahmen des Fortbildungsprogramms für Köchinnen, Köche und Küchenwirtschafts­kräfte ein Seminar zum Thema “Mahlzeit Kita! Essen mit Spaß und Pfiff” statt.

 

Für alle öffentlich finanzierten Kindertageseinrichtungen gilt die Vereinbarung über die Qua­litätsentwicklung in Berliner Kindertagesstätten vom 23. Juni 2008. Darin ver­pflichten sich die Träger von Kindertageseinrichtungen zur Einhaltung der Qualitäts­vereinbarung, in der unter Punkt 3, Punkt 17 Folgendes festgelegt ist:

 

“Um eine gesunde Ernährung der Kinder sicher zu stellen und den Anforderungen des Bil­dungsprogramms nach Förderung gesunder Essensgewohnheiten zu ent­sprechen, gewähr­leisten die Träger in ihren Kindertagesstätten eine qualitativ hoch­wertige Mittagsversorgung. Diese soll physiologisch ausgewogen, schmackhaft und abwechslungsreich sein und den Ernährungsbedürfnissen der unterschiedlichen Al­tersstufen entsprechen. Spezifische kultu­relle Speiseangebote und medizinisch er­forderliche Einschränkungen für einzelne Kinder werden berücksichtigt.

Frisches Obst und Gemüse werden den Kindern täglich angeboten. Eine ausrei­chende Ver­sorgung mit kalorienarmen Getränken ist während des gesamten Tages­ablaufs zu gewähr­leisten”.

 

Auch bei temporären Angeboten in den Einrichtungen der Jugendförderung wird auf ein aus­gewogenes Speiseangebot und die Verwendung von Bioprodukten geachtet.

 

Der Schulträger führt für die Versorgung der Grundschülerinnen und Grundschüler mit einem Mittagessen eine Ausschreibung durch, die von den zukünftigen Versorgern die Einhaltung der Berliner Qualitätskriterien für die Schulverpflegung fordert. Diesen Berliner Qualitätskrite­rien, mit denen das Land Berlin Vor­reiter für die Einführung verbindlicher Standards für die Mittagsverpflegung für Schü­lerinnen und Schüler in Grundschulen ist, orientieren sich an den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE-Standards) und legen den im Be­schluss geforderten Bio-Anteil sowie die Bevorzugung regionaler Produkte fest.

 

Mit den Schulen und den Versorgern wird mit den Versorgungsverträgen ein enges Quali­tätsmanagement und eine verbindliche Qualitätskontrolle vereinbart. Die Se­natsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat eine Serviceinstitution, die Vernetzungsstelle Berliner Schulverpflegung, initiiert, die für den Schulträger und die Schulen sowie für die An­bieter von Schulverpflegung beratend und unterstützend tätig ist. Die Schulen haben Zugang zu ausführlichen Informationsmaterialien über gesunde Schulverpflegung.

 

Derzeit bemüht sich die Vernetzungsstelle gemeinsam mit dem Schulträger um Be­ratung und Unterstützung der Oberschulen, um auch dort sicherzustellen, dass beim Angebot von Nahrungsmitteln in den  Mensen oder Caféterien ebenfalls Qualitäts­standards eingehalten werden. Hier sind die Schulen im Rahmen ihrer Eigenverant­wortlichkeit sehr aktiv und haben in der Regel paritätisch (Eltern, Lehrer/innen, Schüler/innen) besetzte Essenskommissionen zur Organisation der Essensversor­gung gebildet.

 

Für die Pflegeheime und Seniorenheime im Bezirk kann mitgeteilt werden, dass sich diese in privater und frei gemeinnütziger Trägerschaft befinden. Der Bezirk hat inso­fern keinen di­rekten Einfluss auf die Art der Ernährung, es können nur Beratungen und Empfehlungen erfolgen.

 

Insbesondere bei adipösen Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern wird aus­drücklich auf die Notwendigkeit einer Gewichtsreduktion hingewiesen. Die zuständi­gen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Heimen erhalten dann entsprechende Beköstigungsempfehlungen, auch mit dem Hinweis, regionale Bioprodukte zu ver­wenden. Eine gesetzliche Verpflichtung regionale Bioprodukte zu verwenden, be­steht allerdings nicht.

 

In den Heimen der Wilmersdorfer Seniorenstiftung erfolgt die Verpflegung nach fest­gelegten Qualitätsstandards altersgerecht und abwechslungsreich. Backwaren, Fleisch und Wurst sowie Getränke werden überwiegend von in der Region ansässi­gen Anbietern bezogen. Die begrenzten finanziellen Mittel lassen jedoch, wie be­richtet wird, den Einkauf der etwas teure­ren Bioprodukte nicht zu.

 

Die vorstehenden Ausführungen zeigen deutlich, dass die gesunde Ernährung der Bevölke­rung einen hohen Stellenwert für das Bezirksamt hat. Das Bezirksamt sieht sich daher durch den Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung in seinem Handeln unterstützt und bestätigt. Es greift den im Beschluss zum Ausdruck kom­menden Wunsch gerne auf und wird die bisher mit Erfolg durchgeführten einzelnen Aktionen der Abteilungen zu einer Kampagne für gesunde Ernährung weiter entwi­ckeln.

 

Die Durchführung von Koch- und Ernährungskursen ist auch aus Sicht des Be­zirksamtes für die Bevölkerung zweckmäßig und gewinnbringend, jedoch erscheint ein zusätzliches Enga­gement des Bezirksamtes mit Blick auf die Vielzahl der bereits durch örtliche Krankenkassen und die Volkshochschule angebotenen Kurse und Veranstaltungen als nicht notwendig. Das Bezirksamt wird sich gegenüber den Kran­kenkassen dafür einsetzen, dass die Kursangebote auch in den nächsten Jahren fester Bestandteil der Gesundheitsvorsorge bleiben.

 

Das Bezirksamt wird seine Spielräume weiterhin nutzen, um für eine ausgewo­gene und gesundheitsorientierte Beköstigung für Bürgerinnen und Bürger in bezirkli­chen Einrichtungen einzutreten und für den Einkauf von Lebensmitteln aus der Re­gion Berlin-Brandenburg zu werben.

 

Das Bezirksamt bittet den Beschluss als erledigt anzusehen und wird unaufgefordert über weitere Aktionen in den zuständigen Fachausschüssen berichten.

 

Monika Thiemen                                                                                   Martina Schmiedhofer

Bezirksbürgermeisterin                                                              Bezirksstadträtin

 

 

2.      Übertrag in ALLRIS

3.      Original und 9 Kopien sowie V an BzBmin-Büro für BA-Sitzung am 03.02.09

4.      Original nach Unterschriften ab an BVV-Büro

5.      Kopie ab an WiAbtL, JugAbtL, SozPL, GesAL

6.      Listen not.

7.      SozSekrAbl.

 

 

 

 

 

EU BzBmin                                                                             EU SozAbtL‘in

 

 


 

 
 

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