Drucksache - 1532/2
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Die BVV hat in ihrer Sitzung am
16.06.2005 beschlossen: Das Bezirksamt wird aufgefordert, den
B-Plan Grunewald mit folgenden Auflagen weiter zu führen: 1.
Das Mahnmal Gleis 17 ist einer der wenigen authentischen
Orte des Holocaust in Berlin und muss deshalb in seiner jetzigen Anlage und künstlerischen
Gestaltung unversehrt und unbeeinträchtigt erhalten bleiben. Das nähere Umfeld
der bestehenden Mahnmale darf nicht verändert werden, eine ergänzende
Gestaltung des Mahn- und Gedenkortes durch weitere Kunstwerke ist
auszuschließen. Dieser Ort umfasst den gesamten Raum beginnend am Platz, die
Auffahrt entlang dem Werk von Karol Broniatowski und das Gleis 17 mit dem
gesamten Rampen- und direkt angrenzenden Bereich. 2.
Das Mahnmal Gleis 17 war Ausgangspunkt der grausamen
Deportationen von 56.000 Berliner Juden, die ab Oktober 1941 bis März 1945
unter den Augen ihrer Nachbarn und der Bewohner der Villenkolonie Grunewald von
dort aus in die Todeslager abtransportiert wurden. Es hat eine internationale
und historische Bedeutung, die zu achten und zu schützen ist. Die Sichtachse
von Gleis 17 in die Ferne ist frei zu halten. Auf den Standort eines
Supermarkts ist zu verzichten; Baugrundstücke sind bis auf die Höhe der
Wissmannstraße so zurück zu drängen, dass die Sichtachse nicht beeinträchtigt
wird. Hierzu sind im weiteren Planungsverlauf Varianten zu entwickeln. 3.
Es sind folgende Erschließungsvarianten zu entwickeln: 4.
Über den Bereich an den Mahnmalen ist eine Verbindung
für Fußgänger und Radfahrer zum S-Bahnhof zu schaffen. 5.
Der südwestliche Abschluss des für die Bebauung
erforderlichen Lärmschutzwalls und die Freifläche hin zum Mahnmalbereich sind
nur landschaftsgärtnerisch zu gestalten. Hierzu ist ein Gutachterverfahren
durchzuführen. 6.
Zur Einbeziehung des Mahnortes Bahnhof Grunewald in das
Wohnviertel ist ein konzeptioneller Wettbewerb für einen Erinnerungs-Pfad vom
Rathenau-Denkmal zum Mahnmal durchzuführen. Der Platz vor dem S-Bahnhof
Grunewald sowie der Bahnhofseingang ist darin einzubeziehen. 7.
Das Bezirksamt lässt eine Rahmenplanung erstellen, in
die der Vorhaben bezogene Bebauungsplan eingepasst wird. 8.
Alle Verfahrenskosten und die daraus entstehenden
Realisierungskosten sind vom Vorhabenträger – durch einen städtebaulichen
Vertrag gesichert – zu finanzieren. 9.
Bau vorbereitende Maßnahmen sind ausschließlich über den
Werkstättenweg abzuwickeln. Zu Punkt 6
“Erinnerungspfad-Pfad” wird Folgendes berichtet: Das Bezirksamt (Kulturamt) hat den Vorschlag für einen
Wettbewerb intensiv geprüft und hat dabei zunächst die Ausgangssituation
betrachtet. Der Gedenkstein in der Koenigsallee in Berlin-Grunewald
erinnert an die Ermordung des damaligen Reichsaußenministers Walther Rathenau
am 24. Juni 1922. Das Mahnmal Gleis 17 erinnert an die Deportation von über 50
000 jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger von diesem Bahngleis in der Zeit vom
Oktober 1941 bis Februar 1945. Nach Rücksprache mit der Stiftung Topographie des Terrors,
lässt es sich nicht belegen, dass Deportierte auf dem Weg zum Bahnhof Grunewald
diese Route entlang der Koenigsallee gehen mussten. Ein
“Erinnerungspfad” ist somit nicht dokumentiert und wäre frei
erfunden. Das Mahnmal Gleis 17 hat trotz des neuerrichteten
Holocaust-Mahnmal am Brandenburger Tor seine immense Bedeutung nicht eingebüßt.
Das hat sich wieder einmal deutlich bei dem Besuch des Israelischen
Ministerpräsidenten Ehud Olmert am 12. 12.2006 gezeigt, der die Gedenkstätte
besuchte und dort der Opfer des Holocaust gedachte. Zwei bedeutsame Ereignisse der Deutschen Geschichte stehen
sich hier gegenüber. Der Industrielle und Politiker Walther Rathenau
(1867-1922) sollte nicht in den historischen Kontext von Deportationen
jüdischer Mitbürger und Mitbürgerinnen gestellt werden. Das Bezirksamt vertritt
vielmehr die Auffassung, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang gibt, die
eine gemeinsame Lesart bedingen. Aufgrund mangelnder historischer Nachweise sollte daher auf
die Durchführung eines Wettbewerbs verzichtet werden und eine Fortführung bzw.
Ergänzung zum Mahnmal Gleis 17 erfolgen. Bei der intensiven Behandlung des
Themas wird auffällig, dass bislang keine ausführliche Darstellung zum Mahnmal
Gleis 17 vorliegt. Der Besucher steht vor Ort an den Gleisen und wird mit der
historischen Situation konfrontiert. Die inhaltliche Darstellung in Form einer
Dokumentation als Informationsebene, so wie sie das unterirdische
Dokumentationszentrum zum Stelenfeld am Brandenburger Tor anbietet, fehlt. Unter Berücksichtigung, dass die Situation vor Ort unverändert und authentisch bleiben soll, schlägt das Bezirksamt vor, eine begleitende Dokumentation zum Mahnmal Gleis 17 zu erstellen. Das Mahnmal Gleis 17 ist von der Deutschen Bahn AG in Auftrag gegeben worden. Ausgeführt wurde es von den beiden renommierten Architekten Nikolaus Hirsch und Wolfgang Lorch. Die Architekten verfügen darüber hinaus über umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit Gedenkstätten. So haben Sie in den vergangenen Jahren das Mahnmal am Frankfurter Börneplatz, den Neubau der Dresdner Synagoge und das Jüdische Zentrum in München realisiert. Die Architekten wurden angesprochen, da beide die Ausgangslage kennen und bei der Umsetzung schon umfangreiche Materialien gesammelt bzw. angefertigt wurden, die den Prozess der Entstehung beschreiben. In Zusammenarbeit mit den genannten Architekten wurde eine
Konzeption erarbeitet, die folgende Inhalte berücksichtigt: Historische Dokumentation: Prof. Dr.
Nachama Stiftung Topographie
des Terrors Konzeption der Gedenkstätte Gleis 17: Prof. Nikolaus Hirsch Prof.
Wolgang Lorch Andrea Wandel Sukzession/ Vegetationsprozesse am Gleis 17: Prof.
Jörg Dettmar Gedenktheorie: Andreas
Huyssen, Monuments and Holocaust Memory in a
Media Age Fotografische Dokumentation: Lukas
Roth und Gerald Domenig Projektdokumentation und Zeichnungen: Hirsch/ Lorch/ Wandel Die geplante Publikation sollte in deutscher und englischer
Sprache verfasst werden, mit Erscheinungsdatum zum 27. Januar 2008. Präsentation: Es ist vorgesehen, eine Vitrine o.ä. im Bahnhof zu
installieren, um auf die Publikation hinzuweisen. Das Buch soll auch am
“Bernard Lander Institut für Kommunikation über den Holocaust und
Toleranz” am Touro-College Berlin präsentiert werden. Das Bezirksamt bittet, den Beschluss zu Punkt 6 als erledigt
anzusehen. Monika Thiemen |
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