Drucksache - 1315/2
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Wir fragen das Bezirksamt:
Begründung: Durch das 300-jährige
Jubiläum Charlottenburgs rückt unser Bezirk besonders in die Öffentlichkeit und
kann die Aufmerksamkeit zahlreicher – auch kultureller –
Entscheidungsträger gewinnen. Das sollte vom Bezirksamt genutzt werden, um
insbesondere die großen Kulturinstitutionen am Standort zu halten. Vor allem
sollte das BA noch einmal den anliegenden Projektplan für das Schillertheater
zur Hand nehmen und prüfen, welche Initiativen sich hieraus ableiten ließen. ”Theater in die Hauptstadt”
im Schiller-Theater Das
Schillertheater sollte als Spielstätte der Bühnen der ostdeutschen Länder in
der Hauptstadt genutzt werden. Die ostdeutschen Theater bekämen einen Ort, an
dem sie ihre Produkte der überregionalen Presse und Öffentlichkeit präsentieren
können. Da Berlin und die fünf Bundesländer sowie die Theaterstädte gemeinsam
als Träger auftreten, sind die Kosten für alle
Beteiligten gering. 1.
Die Situation Das
Schiller-Theater in Berlin-Charlottenburg, Bismarckstraße 110 ist seit seiner
Schließung ein Mahnmal des Kulturabbaus im wiedervereinigten Deutschland und
seiner Hauptstadt Berlin. Vor
seiner Schließung durch den ersten gesamtberliner Senat nach 1990 war das
Schiller-Theater eine der bedeutendsten Bühnen der Stadt, zeitweise das
wichtigste Theater Deutschlands. Das
Theater wurde 1905 bis 1906 vom Münchener Architekten Franz Littmann gebaut und
bot 1350 Zuschauern Platz. Das Gebäude
wurde im Kriege zerstört und 1950 neu gebaut wieder eröffnet. Große Intendanten
wie Heinrich George und Boleslaw Barlog gaben der Bühne überregionale Ausstrahlung.
Die Zahl der Spitzenschauspieler, die an diesem Orte wirkten - wie Gustav
Gründgens, Gisela Uhlen, Johanna Maria Gorvin, Johanna von Koczian, Ernst
Deutsch, Klaus Kammer, Ernst Schröder, Bernhard Minetti oder Boy Gobert - , ist
groß. Unter Barlog war das Schiller-Theater die führende Theaterbühne im
deutschen Sprachraum und das Spitzentheater Berlins. Noch als es geschlossen wurde,
hatte das Theater eine Erfolgsinszenierung im Repertoire: ”Hase
Hase” mit Katharina Thalbach. Seit
der Schließung fristet das Schiller-Theater ein kümmerliches Dasein als
Gastspielbühne für Musicals, Unterhaltungsprogramme verschiedenen Niveaus und
gelegentlich auch als schlichter Versammlungsraum. Bis zum Jahre 2000 wurde das
Theater aus seinem kulturellen Dornröschenschlaf für kurze Zeit jeweils im Mai
erweckt, wenn die Berliner Festspiele hier ihr Theatertreffen veranstalteten.
Wenn das Schauspielhaus Hamburg oder das Zürcher Schauspielhaus hier
gastierten, lebte noch einmal die alte Atmosphäre auf, die jahrelang vom
künstlerischen Glanz dieser Bühne ausgegangen war. Als
im Jahre 2000 ein personeller, künstlerischer und organisatorischer Neuanfang
der Berliner Festspiele beschlossen wurde und der Bund hierbei die
Verantwortung übernahm, war damit auch die Entscheidung verbunden, das Gebäude
der ehemals Freien Volksbühne in Berlin-Wilmersdorf, Schaperstraße als
ständigen Spielort der Festspiele zu nutzen. Für den Erhalt des
Kulturstandortes Schaperstaße war das eine wichtige Entscheidung, für das
Schillertheater jedoch verhängnisvoll. Bei
der Berliner Bezirksreform wurden die Verwaltungsbezirke Charlottenburg und
Wilmersdorf ab 2001 zusammengelegt.
Somit hat der neue Bezirk der Weststadt
neben kulturellen Glanzpunkten wie der Schau- und Volksbühne sowie der Deutschen
Oper eine kulturpolitisches Defizite. Dazu gehört neben dem Theater des Westens
vor allem das Schillertheater. Aufgrund der überregionalen Bedeutung des
Theaters in der deutschen Geschichte ist das kein kommunales oder
landespolitisches Thema allein, sondern ein überregionales. Die jetzt vom Senat
ins Spiel gebrachten Lösungen, das Schillertheater als Ausweichspielstätte für
in Renovierung befindliche Häuser oder als Appendix des Theaters des Westens zu
behandeln, sind unangemessen. 2.
Das Projekt Ziel
aller kulturpolitscher Bemühungen auf allen Ebenen vom Bezirk über das Land bis
hin zum Bund muß es sein, das Schillertheater in Berlin als Theaterstandort zu
sichern und anderweitige Nutzungen zu verhindern. Durch ihre Geschichte ist die
Bismarckstraße 110 ein kultureller Ort sui generis. Die Wahl der Volksbühne für
das jährliche nationale Theatertreffen weist für das Schillertheater die Richtung
für einen Erhalt dieses Standortes: Während in der Schaperstraße die großen
überregionalen Spitzenleistungen eine Theaterjahres im deutschsprachigen Raum
gezeigt werden sollen, könnte das Schillertheater eine regionale Dependance
hierzu werden. Es sollte der Ort für
eine Präsentation des Theaterlebens im deutschen Osten sein und dabei
insbesondere Nachwuchsproduktionen in Berlin präsentieren. Unter
dem Motto ”Theater in die Hauptstadt” sollten die Bühnen der neuen
Länder im Schillertheater einen würdigen Ort haben, an dem sie ihre besten und
interessantesten Produktionen zeigen könnten. Allzuoft werden gute
Theaterleistungen in Cottbus, Schwerin, Leipzig oder Magdeburg nicht überregional
bekannt, weil die Vermittlung durch dir großen Feuilletons ausbleibt. Dieses
Manko läßt sich an der Bismarckstraße in Berlin ausgleichen. Möglich ist es,
sowohl eine zeitlich begrenzte Präsentation in Form von Theaterwochen
durchzuführen als auch eine über das Jahr verteilte Abfolge von ausgewählten
Inszenierungen aus den verschiedenen Städten. 3.
Die Träger Träger
des Projektes sollten sein: a) Charlottenburg-Wilmersdorf, b) Berlin, c) der Bund, d) die Länder Mecklenburg-Vorpommern,
Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, e) die Theaterstädte der
fünf Bundesländer, f) eventuell die EU, g) ein zu gründender
privater Verein ”Theater in die Hauptstadt”. Der
Beitrag Charlottenburg-Wilmersdorfs könnte darin bestehen, daß der Bezirk die
Geschäftsstelle, den organisatorischen Anlaufspunkt, stellt. Insbesondere in
der Vorbereitungsphase müßte ein hier zu bildendes Büro der Koordinierungsort
sein. Das
Land Berlin muß seine Erfahrungen im Kulturmanagement zur Verfügung stellen und
sich zu einem Sechstel am Länderbeitrag beteiligen. Der
Bund wird aufgrund seiner Verpflichtung zur Pflege des kulturellen Erbes im
Osten Deutschlands einer der Träger des Projektes. Die
fünf Bundesländer zahlen wie Berlin zu gleichen Teilen einen Zuschuß an
”Theater in der Hauptstadt” und wirken an der Koordinierung dieser
Institution mit. Ebenso
wie die Länder beteiligen sich die Theaterstädte´ zu gleichen Anteilen an der
Finanzierung mit geringeren Beträgen. Es
ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang EU-Mittel für das Projekt eingeworben
werden können. Ein
Verein ”Theater in der Hauptstadt” übernimmt Förderfunktionen. Durch
die Vielzahl der an dem Projekt beteiligten Institutionen bleibt deren
finanzieller Beitrag in jeweils bescheidenen Größen. ”Theater in der
Hauptstadt” beschäftigt zudem keine eigenes künstlerisches Personal,
allenfalls - sofern diese Aufgabe nicht von einem Träger übernommen wird - ein
Koordinationsbüro mit einem Geschäftsführer, einem Angestellten, einer
Sekretärin und technischen Hilfskräften. Die
in Berlin zur Aufführung kommenden Aufführungen werden von der jeweiligen
Regionalpresse und dort zu bestimmenden Vertrauenspersonen ausgewählt. Die
gastspielgebenden Theater organisieren ihre Tournee und die Durchführung der
Gastspiele jeweils selber. Der Geschäftsführer wird in seiner Arbeit
unterstützt von einem Beirat, in dem die Theaterreferenten der beteiligten
Bundesländer und des Bundes sowie der für Kultur zuständige Stadtrat des
Bezirkes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin versammelt sind. Einmal
jährlich versammeln sich in Berlin die Intendanten der beteiligten Bühnen zu
einer Konferenz. Die Rechtsform von
”Theater in der Hauptstadt” muß definiert werden, denkbar ist die
einer GmbH. 9.11.2001 |
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