Drucksache - 1315/2  

 
 
Betreff: 300 Jahre Charlottenburg für die Kultur des Bezirks nutzen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP/CDU 
Verfasser:Prof. Dr. Dittberner/Dr. Fest/Statzkowski 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
24.02.2005 
38. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vertagt   
17.03.2005 
39. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      
Bezirksverordnetenversammlung Beratung

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
1. Version vom 08.02.2005

Wir fragen das Bezirksamt:

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Welche Möglichkeiten sieht das Bezirksamt, das 300-jährige Jubiläum Charlottenburgs als Anlass zu nehmen, für den Fortbestand und die Entwicklung kultureller Einrichtungen im Bezirk zu werben?

 

  1. Kann das Bezirksamt zusagen, dass der Standort Charlottenburg-Wilmersdorf für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten durch zahlreiche gemeinsame Aktivitäten verfestigt wird?

 

  1. Inwieweit wurden die Museen der Stiftung preußischer Kulturbesitz bzw. des Landes Berlins am Standort Charlottenburg in die Feierlichkeiten, insbesondere in die Vorbereitung für das Straßenfest einbezogen, und inwieweit wird die Kooperation auch mittelfristig intensiviert?

 

  1. Nutzen das BA und die Deutsche Oper das 300-jährige Jubiläum Charlottenburgs, um ein langfristiges Bündnis zwischen Bezirk und Oper aufzubauen und wie schätzt das BA die Zukunft des Theater des Westens ein; welche Anstrengungen wird es unternehmen, diese Gründung der Bürger Charlottenburgs auf Dauer zu halten?

 

  1. Wird das Bezirksamt das Zusammenfallen des Jubiläums Charlottenburgs mit dem Schillerjahr nutzen, um eine Initiative zur künstlerischen Regeneration des Schillertheaters – etwa im Sinne des der BVV in der letzten Wahlperiode von der FDP vorgelegten Planes – zu starten, und ist das BA bereit, hierbei die BVV einzubeziehen?

 

 

 


Begründung:

Durch das 300-jährige Jubiläum Charlottenburgs rückt unser Bezirk besonders in die Öffentlichkeit und kann die Aufmerksamkeit zahlreicher – auch kultureller – Entscheidungsträger gewinnen. Das sollte vom Bezirksamt genutzt werden, um insbesondere die großen Kulturinstitutionen am Standort zu halten. Vor allem sollte das BA noch einmal den anliegenden Projektplan für das Schillertheater zur Hand nehmen und prüfen, welche Initiativen sich hieraus ableiten ließen.

 

 Theater in die Hauptstadt im Schiller-Theater

Das Schillertheater sollte als Spielstätte der Bühnen der ostdeutschen Länder in der Hauptstadt genutzt werden. Die ostdeutschen Theater bekämen einen Ort, an dem sie ihre Produkte der überregionalen Presse und Öffentlichkeit präsentieren können. Da Berlin und die fünf Bundesländer sowie die Theaterstädte gemeinsam als Träger auftreten, sind die Kosten für alle  Beteiligten gering.

1. Die Situation

Das Schiller-Theater in Berlin-Charlottenburg, Bismarckstraße 110 ist seit seiner Schließung ein Mahnmal des Kulturabbaus im wiedervereinigten Deutschland und seiner Hauptstadt Berlin.

Vor seiner Schließung durch den ersten gesamtberliner Senat nach 1990 war das Schiller-Theater eine der bedeutendsten Bühnen der Stadt, zeitweise das wichtigste Theater Deutschlands.

Das Theater wurde 1905 bis 1906 vom Münchener Architekten Franz Littmann gebaut und bot 1350 Zuschauern Platz.  Das Gebäude wurde im Kriege zerstört und 1950 neu gebaut wieder eröffnet. Große Intendanten wie Heinrich George und Boleslaw Barlog gaben der Bühne überregionale Ausstrahlung. Die Zahl der Spitzenschauspieler, die an diesem Orte wirkten - wie Gustav Gründgens, Gisela Uhlen, Johanna Maria Gorvin, Johanna von Koczian, Ernst Deutsch, Klaus Kammer, Ernst Schröder, Bernhard Minetti oder Boy Gobert - , ist groß. Unter Barlog war das Schiller-Theater die führende Theaterbühne im deutschen Sprachraum und das Spitzentheater Berlins. Noch als es geschlossen wurde, hatte das Theater eine Erfolgsinszenierung im Repertoire: ”Hase Hase” mit Katharina Thalbach.

Seit der Schließung fristet das Schiller-Theater ein kümmerliches Dasein als Gastspielbühne für Musicals, Unterhaltungsprogramme verschiedenen Niveaus und gelegentlich auch als schlichter Versammlungsraum. Bis zum Jahre 2000 wurde das Theater aus seinem kulturellen Dornröschenschlaf für kurze Zeit jeweils im Mai erweckt, wenn die Berliner Festspiele hier ihr Theatertreffen veranstalteten. Wenn das Schauspielhaus Hamburg oder das Zürcher Schauspielhaus hier gastierten, lebte noch einmal die alte Atmosphäre auf, die jahrelang vom künstlerischen Glanz dieser Bühne ausgegangen war.

Als im Jahre 2000 ein personeller, künstlerischer und organisatorischer Neuanfang der Berliner Festspiele beschlossen wurde und der Bund hierbei die Verantwortung übernahm, war damit auch die Entscheidung verbunden, das Gebäude der ehemals Freien Volksbühne in Berlin-Wilmersdorf, Schaperstraße als ständigen Spielort der Festspiele zu nutzen. Für den Erhalt des Kulturstandortes Schaperstaße war das eine wichtige Entscheidung, für das Schillertheater jedoch verhängnisvoll.

Bei der Berliner Bezirksreform wurden die Verwaltungsbezirke Charlottenburg und Wilmersdorf  ab 2001 zusammengelegt. Somit hat der neue Bezirk  der Weststadt neben kulturellen Glanzpunkten wie der Schau- und Volksbühne sowie der Deutschen Oper eine kulturpolitisches Defizite. Dazu gehört neben dem Theater des Westens vor allem das Schillertheater. Aufgrund der überregionalen Bedeutung des Theaters in der deutschen Geschichte ist das kein kommunales oder landespolitisches Thema allein, sondern ein überregionales. Die jetzt vom Senat ins Spiel gebrachten Lösungen, das Schillertheater als Ausweichspielstätte für in Renovierung befindliche Häuser oder als Appendix des Theaters des Westens zu behandeln, sind unangemessen.

2. Das Projekt

Ziel aller kulturpolitscher Bemühungen auf allen Ebenen vom Bezirk über das Land bis hin zum Bund muß es sein, das Schillertheater in Berlin als Theaterstandort zu sichern und anderweitige Nutzungen zu verhindern. Durch ihre Geschichte ist die Bismarckstraße 110 ein kultureller Ort sui generis. Die Wahl der Volksbühne für das jährliche nationale Theatertreffen weist für das Schillertheater die Richtung für einen Erhalt dieses Standortes: Während in der Schaperstraße die großen überregionalen Spitzenleistungen eine Theaterjahres im deutschsprachigen Raum gezeigt werden sollen, könnte das Schillertheater eine regionale Dependance hierzu werden. Es sollte der  Ort für eine Präsentation des Theaterlebens im deutschen Osten sein und dabei insbesondere Nachwuchsproduktionen in Berlin präsentieren.

Unter dem Motto ”Theater in die Hauptstadt” sollten die Bühnen der neuen Länder im Schillertheater einen würdigen Ort haben, an dem sie ihre besten und interessantesten Produktionen zeigen könnten. Allzuoft werden gute Theaterleistungen in Cottbus, Schwerin, Leipzig oder Magdeburg nicht überregional bekannt, weil die Vermittlung durch dir großen Feuilletons ausbleibt. Dieses Manko läßt sich an der Bismarckstraße in Berlin ausgleichen. Möglich ist es, sowohl eine zeitlich begrenzte Präsentation in Form von Theaterwochen durchzuführen als auch eine über das Jahr verteilte Abfolge von ausgewählten Inszenierungen aus den verschiedenen Städten.

3. Die Träger

Träger des Projektes sollten sein:

                        a) Charlottenburg-Wilmersdorf,

                        b) Berlin,

                        c) der Bund,                 

                        d) die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt,                                                 Thüringen und Sachsen,

                        e) die Theaterstädte der fünf Bundesländer,

                        f) eventuell die EU,

                        g) ein zu gründender privater Verein ”Theater in die Hauptstadt”.

Der Beitrag Charlottenburg-Wilmersdorfs könnte darin bestehen, daß der Bezirk die Geschäftsstelle, den organisatorischen Anlaufspunkt, stellt. Insbesondere in der Vorbereitungsphase müßte ein hier zu bildendes Büro der Koordinierungsort sein.

Das Land Berlin muß seine Erfahrungen im Kulturmanagement zur Verfügung stellen und sich zu einem Sechstel am Länderbeitrag beteiligen.

Der Bund wird aufgrund seiner Verpflichtung zur Pflege des kulturellen Erbes im Osten Deutschlands einer der Träger des Projektes.

Die fünf Bundesländer zahlen wie Berlin zu gleichen Teilen einen Zuschuß an ”Theater in der Hauptstadt” und wirken an der Koordinierung dieser Institution mit.

Ebenso wie die Länder beteiligen sich die Theaterstädte´ zu gleichen Anteilen an der Finanzierung mit geringeren Beträgen.

Es ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang EU-Mittel für das Projekt eingeworben werden können.

Ein Verein ”Theater in der Hauptstadt” übernimmt Förderfunktionen.

Durch die Vielzahl der an dem Projekt beteiligten Institutionen bleibt deren finanzieller Beitrag in jeweils bescheidenen Größen. ”Theater in der Hauptstadt” beschäftigt zudem keine eigenes künstlerisches Personal, allenfalls - sofern diese Aufgabe nicht von einem Träger übernommen wird - ein Koordinationsbüro mit einem Geschäftsführer, einem Angestellten, einer Sekretärin und technischen Hilfskräften.

Die in Berlin zur Aufführung kommenden Aufführungen werden von der jeweiligen Regionalpresse und dort zu bestimmenden Vertrauenspersonen ausgewählt. Die gastspielgebenden Theater organisieren ihre Tournee und die Durchführung der Gastspiele jeweils selber. Der Geschäftsführer wird in seiner Arbeit unterstützt von einem Beirat, in dem die Theaterreferenten der beteiligten Bundesländer und des Bundes sowie der für Kultur zuständige Stadtrat des Bezirkes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin versammelt sind.

Einmal jährlich versammeln sich in Berlin die Intendanten der beteiligten Bühnen zu einer Konferenz.

Die Rechtsform von ”Theater in der Hauptstadt” muß definiert werden, denkbar ist die einer GmbH.   9.11.2001

 

 


 

 
 

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