Auszug - Bericht des Bezirksamtes zur Radverkehrsplanung Land/Bezirk am Beispiel des Spreepfades und weitere Planungen von Radwege-Verbindungen. Interessenkonflikt Rad-/Fußverkehr bei knapper Flächenverfügbarkeit, Erörterung einer alternativen Radwegführung parallel zum Spreepfad   

 
 
5. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Grünflächen, Natur- und Klimaschutz
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Umwelt, Grünflächen, Natur- und Klimaschutz Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 17.05.2022 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Tunneleck
Ort: Fürstenbrunner Weg 92, 14050 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

BzStR Schruoffeneger informiert, dass es sich beim anliegenden Spreepfad um einen historischen Wanderweg handle. Dieser solle, gemäß den Planungen der Senatsverwaltung, nun Teil einer überregionalen Radroute werden. Bisher oblag es dem Bezirk, alle notwendigen Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten am Weg auszuführen. Aufgrund mehrerer Probleme sei die barrierefreie Herstellung des Weges bisher aber nicht möglich gewesen. Da es unterschiedliche Eigentumsverhältnisse gäbe, seien Ausführungsplanungen sehr kompliziert. Außerdem seien die Uferregionen ökologisch hochwertig, daher würde eine Verbreiterung des Weges und die damit einhergehende zusätzliche Versiegelung von Flächen einen naturschutzfachlichen Eingriff darstellen. Dieser sei kompensationspflichtig. Zudem herrsche zwischen Fußgänger*innen und Radfahrer*innen ein hohes Konfliktpotential. Durch die Nutzung eines gut ausgebauten Radweges würde eine Gefährdung für Spazierende und mobilitätseingeschränkte Menschen entstehen, die den Spreepfad derzeit häufig frequentieren.

Die Senatsverwaltung hatte den Radwegeausbau in die Hände von Infravelo gegeben. Die Infravelo befasse sich jedoch vorrangig mit der Neuerrichtung von Radrouten. Auf die Ertüchtigung von bestehenden Wegeverbindungen mit vielen Zwangspunkten, komplizierten Eigentumsverhältnissen und Anliegern sei Infravelo so nicht vorbereitet. Es seien hier schließlich alle Interessen zu berücksichtigen, auch die Bedarfe der ansässigen Senioreneinrichtungen. Um eine Vorrangroute für Radfahrende zu etablieren, habe man unter Einbezug der Bedenken von Naturschutzverbänden und Fußgängervertretungen im März einen Brief an die Infravelo geschrieben. In diesem hatte man vorgeschlagen, die Radvorrangroute Ost-West entlang bestehender Straßenverbindungen zu führen und damit den Spreepfad als Flanierweg und Tourismusroute zu erhalten. Die Radvorrangroute würde dann über den Spandauer Damm führen und Wandernde und langsam Radfahrende könnten weiterhin den Spreepfad nutzen.

 

Herr Heink (Untere Naturschutzbehörde) erläutert, dass der Spreepfad einen wertvollen Landschaftsraum erschließe und als Biotopverbindung sowohl eine hohe naturschutz­fachliche Bedeutung hätte, als auch Erholungsfunktion. Langfristiges Entwicklungsziel sei es, dieses Habitat mit seinen seltenen auentypischen Arten zu erhalten. So seien beispielsweise im direkt angrenzenden Schlosspark Charlottenburg seltene totholzbewohnende Käfer beheimatet. Artenschutzrechtlich seien Baumfällungen und Bodenversiegelungen hier problematisch, da diese besonderen Arten auch europarechtlich geschützt seien. Baumaßnahmen seien als Eingriffe zu werten, daher müsse es in solch sensiblen Gebieten immer auch eine naturschutzfachliche Prüfung geben.
Man müsse hier bei der Gestaltung von Fahrradwegen und einer Möblierung mit Geräten für Freizeit und Erholung schauen, dass diese Naturbezogenheit hätte. Um Barrierefreiheit herstellen zu können, würden erhebliche Flächen für Rampen gebraucht, was z.B. im Schlosspark Charlottenburg ausgeschlossen sei und nicht zwischen das Gartendenkmal und den Schifffahrtsweg passe. Weitere Konfliktbereiche seien die Wegeführung an Kleingärten und den Engstellen der Uferbefestigung.

 

BV Centgraf fragt, ob es schon Vorentwürfe für eine Ertüchtigung des Spreepfades gäbe.

 

Herr Heink antwortet, dass es bisher nur erste Ideenskizzen gäbe, die bei der vorgezogenen Trägerbeteiligung sehr kritisch beurteilt worden seien.

 

BV Berger erläutert, dass er den Radweg bereits 40 Jahre nutze. Seiner Meinung nach seien Senioren und Radschnellwegrouten nicht miteinander vereinbar. Alternativ schlägt er eine überregionale Fahrradroute vor, die über den Wiesendamm und dann am Charlottenburger Schloss vorbeiführe.

 

BV Zels fragt nach, wie das weitere Vorgehen für die Umsetzung des Spreeweges sei und wann es zu einer Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen und der BVV kommen würde.

 

BD Stock fragt, wer die Planung für die Route absegne und ob der Bezirk gegebenenfalls ein Veto hätte.

 

BzStR Schruoffeneger antwortet, dass der Vorrangroute eine rechtliche Verordnung der Senatsverwaltung zugrunde liegen würde. In Änderungsrunden könne man sich am Verfahren beteiligen. Die Entscheidung hätte schlussendlich dann der Senat.

 

BD Stock fragt, wie sich die Senatsverwaltung dazu verhalten würde, wenn antragstellende und antragausführende Partei zu keinem Konsens kommen würden.

 

BzStR Schruoffeneger antwortet, dass es am kommenden Freitag die Möglichkeit gebe, Änderungswünsche einzureichen. Zusammen mit dem Mobilitätsbeirat hätte man eine priorisierte Liste erstellt, die man einreichen würde.

 

BV Zels fragt, ob man die Detailplanung der Umsetzung auch im Ausschuss erfahren könne.

 

BzStR Schruoffeneger entgegnet, dass es bisher über die der Trassenführung hinaus, keine weitere Planung gäbe.

 

Herr Heink erläutert, dass die Zuständigkeit grundsätzlich beim Senat liege. Im Austausch mit der Infravelo und im Laufe der Zusammenarbeit hätte man erreichen können, dass die Beteiligungsverfahren verbessert würden.

 

BzStR Schruoffeneger ergänzt, dass das Vorhaben im Dialogverfahren entstehen solle. Bis zu einer Ausführungsplanung sei der Weg noch weit.

 

BV Berger bestätigt, dass die finale Entscheidung beim Senat liege. Er gibt als Empfehlung, die Initiative des Bezirksamtes durch einen BVV-Beschluss zu unterstützen.

 

BV Spielberg merkt an, dass die Partizipation nicht so flüssig wie erhofft geschehen sei. Sie wünsche sich als Ausschussmitglied, an den Diskussions- und Entscheidungsprozessen teilhaben zu können.

 

Frau Henning (Verband NaturFreunde Berlin) beschreibt das Unfallrisiko, wenn Spazierwege zu Fahrradtrassen verbreitert würden. Abgesehen davon, sei die Erholungsfunktion damit zerstört, was auch gesundheitlich problematisch sei. Vorschläge, eines Architekturbüros, hier Kunststoffbrücken zu errichten, seien schon wegen dem Eintrag von Mikroplastik ins Ökosystem abzulehnen. Sie gibt zu bedenken, dass Architekturbüros wirtschaftliche Eigeninteressen hätten. Mit größeren Baumaßnahmen gehe auch ein höheres Abrechnungsvolumen einher. Einer Wegverbreiterung würden Sträucher und Bäume und damit auch Lebensraum für Vögel und andere Wildtiere zum Opfer fallen. Beim Spreepfad handle es sich um einen historischen Treidelpfad, der erhalten bleiben müsse. Er trage ein Stück von Charlottenburgs Charakter.

 

Henning Voget (ADFC) verweist auf die Umsetzung via Dialogverfahren. Unterschiedliche Nutzungsarten würden unterschiedliche Angstvorstellungen hervorrufen. Momentan sei das Problem, dass die Gremien nicht konstruktiv miteinander umgingen. Es sei sinnvoll, wenigstens die Verbände einzubinden, um lösungsorientiert arbeiten zu können.

 

BD Mayer bedankt sich für die historischen Exkurse. Sie finde es zweifelhaft, die Verkehrsplanung an Radverbände zu geben. Gerade auch die Motorisierung von Radfahrern stelle ein Problem für Fußgänger dar. Sie appelliert, den bestehenden Weg und seine bisherigen Nutzer zu schützen. Mit der Verbreiterung eines Weges, gehe automatisch eine Geschwindigkeitssteigerung einher.

 

BV Zimmer erläutert, dass er im Verkehrsausschuss und Umweltausschuss aktiv sei. Wenn er sich die autozentrierte, dreispurige Verkehrsführung am Spandauer Damm ansehe, müsse erst einmal dafür gesorgt werden, dass Radfahrer gleichgestellt würden. Er stimmt dem Vorschlag von BzStR Schruoffeneger zu, die langsame Radroute und die Radvorrangroute voneinander zu trennen.

 

BV Pönack teilt BV Bergers Ansichten. Er sei begeistert vom bestehenden Fuß- und Radwanderweg. Der Vorschlag von BzStR Schruoffeneger sei zu unterstützen. Der Spandauer Damm sei die bessere Vorrangroute, um sich in Richtung Otto-Suhr-Allee fortzubewegen. In der Reichsstraße und der Königin-Elisabeth-Straße sei die Parkplatzsituation jetzt schon problematisch. Auch sollten die betroffenen Kleingärtner in die Ergebnisfindung einbezogen werden.

 


 

 
 

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