Auszug - Veränderte Zuweisungs- und Budgetierungssystematik für die Hilfen zur Erziehung (vertagt vom 5.11.2015)  

 
 
71. Öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 5
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 03.12.2015 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Minna-Cauer-Saal
Ort: Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Eingangs teilt Frau von Pirani mit, dass die Senatsverwaltung für Finanzen im Ergebnis der ersten Tiefenprüfung im Rahmen des Fach- und Finanzcontrolling HzE 2013 federführend eine AG eingerichtet hat zur Überprüfung und ggf. Modifizierung der Zuweisungs- und Budgetierungssystematik für HzE.

Die Vorstellung zur Umsetzung der Veränderung übernimmt nunmehr Frau Rademacher, JugCon. Die Bezirke konstatieren in ihren Tiefenprüfungen, dass das 2009 beschlossene HzE-Zuweisungs- und Basiskorrekturverfahren in einzelnen Feldern Fehlanreize nach sich zieht. Zum damaligen Zeitpunkt wurden erstmals die Tiefenprüfungen von den Bezirken vorgelegt, in denen auch das Jugendamt Charlottenburg - Wilmersdorf damals deutlich die kritischen Punkte benannte, die von SenFin aufgegriffen wurden. Hinzu kamen aktuell vorliegende Daten, die diese Vermutung untermauerten. Der Senat hatte daher im Mai 2013 im Unterausschuss Bezirke des Hauptausschusses die Bildung einer Arbeitsgruppe angekündigt, die die genannten Vermutungen prüfen und ggf. Verfahrensmodifikationen entwickeln sollte, die geeignet sind, die Steuerung der Hilfen zur Erziehung und der entsprechenden Transferkosten zu fördern. Diese Arbeitsgruppe setzte sich aus Expert/inn/en von SenFin, SenBJW sowie aus 3 JugDir’en, 2 JugCon sowie 3 Vertreter/inn/en bezirklicher Steuerungsdienste (insges. 6 Bezirke) zusammen. Frau von Pirani  war ebenfalls Mitglied der Arbeitsgruppe. Die Federführung lag bei SenFin, da es vordinglich um Budgetierungsfragen ging. Das modifizierte Zuweisungsverfahren für die Hilfen zur Erziehung wurde am 11. Mai dieses Jahres durch die Senatsverwaltung für Finanzen im Hauptausschuss vorgelegt und dort beschlossen.

Zunächst wurden die Kritikpunkte der Bezirksberichte erfasst und zu Themen geclustert. Anhand vorliegender Daten und Erfahrungen wurden die Hinweise und Kritikpunkte nach möglicher Verifizierung und hinsichtlich denkbarer Lösungsansätze untersucht, insbesondere folgende problematischen Entwicklungen des bisherigen Verfahrens, die unter anderem in den Tiefenprüfungen benannt  wurden:

- Das bisherige Verfahren lässt bei der Budgetierung Kennziffern und soziokulturelle  Belastungsfaktoren außer Acht.

- Die bisherige Finanzierungssystematik stellte sich hinsichtlich der Fallmengensteuerung als  kontraproduktiv heraus. Eine Absenkung der Fallmengen aufgrund erfolgreicher Steuerung lohnt sich finanziell nicht.

- Ein weiterer Fehlanreiz bestand darin, dass  eine preiswerte stationäre Hilfe -trotz höherer Ausgaben- für einen Bezirk im Sinne der Budgetierung günstiger sein kann als eine intensive ambulante Hilfe.

1. Ein Lösungsansatz war die Einführung eines Modellanteils, eines festen Budgets, das sich anhand von Kennzahlen ermitteln lässt. Die Arbeitsgruppe einigte sich auf einen Anteil von 33 %, sodass 67 % der Zuweisungsmengen weiterhin auf Ist Mengen (67%)  basieren. Zur Ermittlung der Zuweisungsmengen benötigte man Kennzahlen. Die erste Kennziffer: Hilfe- Menge je gewichtetem Einwohner unter 21 Jahre. Der Berliner Durchschnitt wird damit zum Basiswert der bezirklichen Modellmenge. Die zweite Kennziffer ist ein HzE- Belastungsfaktor. Mit der Kosten- und Leistungsrechnung wird immer auch ein Vergleich zwischen den Bezirken angestrebt. Nun wurde immer wieder auf die unterschiedlichen soziostrukturellen Bedingungen der Bezirke hingewiesen, die sich bisher nicht in einer Budgetierung wiederfinden.

Für einen systematischen Vergleich wird nun angestrebt, die Unterschiede durch einen adäquaten Belastungsfaktor zu neutralisieren. Aus fachlicher Sicht entspricht folgender Faktor dieser Anforderung:

Anzahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren, die bei Alleinerziehenden in Bedarfsgemeinschaft leben im Verhältnis zur Anzahl aller Kinder und Jugendlichen. Dieser Faktor war unumstritten und wird auch in einer bundesweiten Untersuchung angeführt, dem Monitor Hilfen zur Erziehung.

2. In dem neuen Zuweisungsverfahren wird die Basiskorrektur bei Produkten mit geringer Steuerungsmöglichkeit verändert.

 

3. Auf Fachebene wurde zusätzlich eine Möglichkeit einer besonderen finanziellen Förderung von präventiven und flexiblen Ansätzen innerhalb der individuellen Hilfen gefordert. Die Produktsystematik unterstützte neue Hilfeformen nicht. Lediglich im Rahmen des § 27,2 gibt es auch bisher schon die Möglichkeit verschiedene Leistungen zu installieren. Die Leistungen variierten aber derart bei den Transferkosten, dass der Zuweisungspreis keine Refinanzierung sicherstellen konnte.  Dies wird nun im Produkt 80169 (ambulante Hilfen nach dem § 27, 2) umgesetzt. Dafür wird es konstantes Budget in Höhe von letztendlich 10 % aller ambulanten Hilfen geben. Hier gibt es im Bereich der flexiblen Hilfen demnach Planungssicherheit und die Möglichkeit neue Konzepte im Bereich der HzE auszuprobieren.

In den nächsten Jahren werden die Auswirkungen fachlich bewertet. In 2016 werden bsplw. die Inobhutnahmen bezogen auf deren Dauer betrachtet.

 

Herr Göpel sieht diese Form der Berechnung als Kompromiss zwischen allen Bezirken an, wobei Charlottenburg-Wilmersdorf aufgerüstet wird.

Hr. Tiel-König gibt zu bedenken, dass es sich hierbei lediglich um eine neue Verteilung handelt. Es könnten auch andere Hilfen eingesetzt und gestaltet werden. Frau Rademacher weist darauf hin, dass es bei dem neuen Verfahren um die Steuerung geht und das bisherige Verfahren hier keinen Anreiz bot, bei den Transferkosten zu sparen. Für Budgetierungsfragen /-höhe sei aber die Senatsverwaltung für Finanzen zuständig.

 

Aus Sicht von Frau von Pirani ist das jetzige Verfahren zwar kompliziert, aber nachvollziehbar und lässt sich besser steuern. In der AG wurde mit verschiedenen Varianten gerechnet. Für Marzahn-Hellersdorf waren alle Varianten schwierig.

 

Herr Sell fragt an, ob das jetzige Verfahren Auswirkung auf die finanziellen Mittel der freien Träger hat. Frau von Pirani informiert, dass die Kostensätze für einzelne Hilfen nicht Gegenstand der AG waren. Nach dem alten Verfahren kam für C-W zu einem negativen Ergebnis, jetzt wird dieses voraussichtlich besser werden. Des Weiteren fragt Herr Sell an, ob der Bezirk den Angeboten der Träger nachkommen kann. Frau von Pirani teilt hierzu mit, dass Charlottenburg-Wilmersdorf eine niedrige Hilfedichte hat. Hilfen, die geeignet und notwendig sind, werden aber unstrittig gewährt. Für die Gestaltung ist der Austausch zwischen den freien Trägern  der HzE und dem RSD erforderlich. Bei den stationären Hilfen mangelt es derzeit an Angeboten. Hier sei man in der AG 78 im Gespräch.

 

Herr Sell merkt an, dass die Fallzahl von Beratung im Bezirk u. a. durch die Flüchtlingsthematik steigen wird. Für die Deckung des Bedarfs ist der Senat zuständig. Die Steuerung ist ein Prozess. Frau von Pirani erläutert, dass es für die Flüchtlingsthematik einen gesonderten Kostenträger gibt. Die Mittel hierfür werden zusätzlich den Bezirken bereitgestellt.

 

Herr Göpel ergänzt, dass für die wachsende Stadt generell eine Steuerung erforderlich ist.


 

 
 

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