Auszug - Vor Ort: Die neue Flüchtlingsunterkunft in der Soorstraße - Betrieb, Akzeptanz im Umfeld, Ehrenamtskoordination, Vernetzung mit bezirklichen Einrichtungen und Unterstützungsanbeboten Gäste: Frau Dolovac, Frau Murray (Heimleitung/GIERSO), VertreterInnen von "Willkommen Westend" und des UnterstützerInnenkreises  

 
 
17. Öffentliche Sitzung des Integrationsausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Integrationsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 28.08.2013 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:10 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Flüchtlingsunterkunft Soorstraße, Soorstr. 83, 14050 Berlin
Ort: Soorstr. 83, 14050 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

 

Frau Dolovac und Frau Murray berichten über die gegenwärtige Situation in der Flüchtlingsunterkunft Soorstraße und die Entwicklung der Beziehungen zur Nachbarschaft. Frau Dolovac ist nur noch bis Ende August als Heimleiterin tätig. Danach wird sie eine Koordinierungsaufgabe übernehmen. Frau Murray wird ab September die Heimleitung übernehmen.

 

Gegenwärtig wohnen 220 Frauen, Männer und Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern im Haus. Die Aufnahmekapazität liegt bei 244. Die größte Gruppe stammt aus Serbien (73), 25 kommen aus Bosnien- Herzegowina, 22 aus der Russischen Föderation, 20 aus Syrien, 18 aus Afghanistan, 8 aus der  Türkei und 4 aus dem Iran. Das Haus befindet sich noch in der Umbauphase. Etwa ein Drittel (78) der Heimbewohner/innen sind Kinder im Alter von 0 - 17 Jahren, 6 sind 18 Jahre alt.  Die größte Gruppe (25) ist im Grundschulalter (6 - 12 Jahre). 13 sind 3 bis 5 Jahre alt und 12 haben ein Alter von 13 bis 17 Jahren.         

 

Von insgesamt 23 schulpflichtigen Kindern sind bereits 22 eingeschult worden. Von ihnen besuchen 10 die Reinhard - Otto - Grundschule und 3 die Robert Jungk - Oberschule. Die Kinder gehen dort in "Willkommensklassen", in denen sie von speziellen Lehrkräften auf die Teilnahme am "normalen" Unterricht vorbereitet werden. 

Die Säuglinge werden von einer bezirklichen Säuglingsschwester betreut. Sie hat den  Eindruck, dass ein Teil der Kinder nicht kindgerecht bzw. altersgerecht behandelt wird und  bemüht sich, die Mütter dafür zu sensibilisieren. 

 

Die  Heimbewohner haben auch die Möglichkeit zur Teilnahmen an von Ehrenamtlichen durchgeführten Deutschkursen.

 

Frau Dolovac und Frau Murray berichten, dass sich die Stimmung in der Nachbarschaft nach anfänglichen Akzeptanzproblemen in den letzten Wochen sehr positiv entwickelt hat. Sie heben besonders die Unterstützung durch die Initiativgruppe "Willkommen im Westend" hervor, die sich aktiv an der Organisation eines gut besuchten Sommerfestes beteiligten, dass sie am 21.08.2013 vor der Flüchtlingsunterkunft organisiert haben. Die Flüchtlinge freuten sich sehr, dass so viele Besucher/innen  kamen und sich für ihre Probleme interessierten.  

 

Frau Dolovac und Frau Murray loben auch die gute Vernetzung mit den bezirklichen Einrichtungen einschließlich des Nachbarschaftszentrums am Lietzensee. Sie berichten, dass in Kürze ein Treffen mit Frau Gündel stattfinden wird, die im Bezirk für den Bereich Ehrenamt zuständig ist. Dort soll besprochen werden, wie die Arbeit der überraschend großen Zahl von  Freiwilligen, die in den letzten Monaten Interesse an einer Unterstützung der Flüchtlinge bekundet haben, besser koordiniert werden kann. Sie haben in letzter Zeit außerdem so viele  Sachspenden erhalten, dass sie einige an andere Einrichtungen weiter geben konnten/mussten. 

 

Anschließend stellt eine Vertreterin der Initiative "Willkommen im Westend" ihre Arbeit vor. Die Initiative entstand als Reaktion auf eine rassistische Flugblattaktion, deren unbekannte Initiatoren im Mai 2013 versucht hatten, die Anwohner/innen der Soorstraße gegen die geplante Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in ihrer Straße zu mobilisieren. Durch ihr Engagement wollen sie die Ausbreitung eines feindlichen Klimas gegenüber den Flüchtlingen verhindern.

 

Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet "Willkommen im Westend" auf mehreren Ebenen: Förderung der Akzeptanz des Flüchtlingsheimes durch Feste und Informationen über die Flüchtlingsproblematik; Akquirierung von Ehrenamtlichen und Erkundung der Bedarfe der Flüchtlinge; Vernetzung mit anderen im Flüchtlingsbereich tätigen Gruppen. Die Vertreterin der Initiative äußert ihre Freude darüber, dass ihre Aktivitäten vom Bezirk bisher sehr positiv aufgenommen wurden und sie von ihm viel Unterstützung erhalten haben.

 

Probleme  bereiten ihnen gegenwärtig vor allem die Koordination der Arbeit der zahlreichen Ehrenamtlichen und die Raumfrage. Ursprünglich sei ihnen von dem LAGESO versprochen worden, dass der Raum, in dem gegenwärtig die Deutschkurse stattfinden, als "Schulraum" und als Treffpunkt von Unterstützergruppen genutzt wird, erhalten bleiben soll. Dort finden einmal in der Woche ein Jour Fix von Anwohner/innen statt, die den Flüchtlingen Begleitung und Unterstützung anbieten. Inzwischen sei aufgrund der Knappheit von Wohnraum für Flüchtlinge jedoch geplant, den Raum zu halbieren und aus der anderen Hälfte einen Schlafraum für eine Flüchtlingsfamilie zu machen. Sie fürchten, dass sich die damit verbundene radikale Verkleinerung des "Schulraumes" negativ auf die weitere Arbeit der Initiativen im Haus auswirken wird. 

 

Anschließend berichtet eine Vertreterin von "Multitude" über die von ihnen in der Flüchtlingsunterkunft durchgeführten Deutschkurse. 10 Personen aus ihrer Gruppe bieten seit ca. 2 Monaten ehrenamtlich Kurse für Anfänger/innen (zweimal wöchentlich)  und Fortgeschrittene (dreimal wöchentlich) mit Kinderbetreuung an, an denen 15 - 30 Personen teilnehmen. Da in Kleingruppen gearbeitet werde, würde sich eine Halbierung des ihnen zur Verfügung stehenden Schulraumes negativ auf ihre Arbeit auswirken.     

 

In der anschließenden Diskussion über diese Problematik findet der Wunsch nach einer Erhaltung des gegenwärtigen "Schulraumes" unter den Ausschussmitgliedern breite Unterstützung.

 

Herr Naumann berichtet, dass er kürzlich auf einem Treffen des Rates der Bürgermeister über den erfolgreichen Umgang von Charlottenburg - Wilmersdorf mit der Aufnahme der Flüchtlinge berichtete und der Bürgermeisterin von Hellersdorf einige Tipps gab. Dabei erfuhr er, dass dort bereits "Runde Tische" gegründet bzw. in Planung waren, als die gewalttätigen NPD - Demonstrationen gegen das Flüchtlingsheim in der Carola - Neher - Straße einsetzten. Solch Ansätze seien in der Folgezeit jedoch durch die von der NPD angeführten Demonstrationen und die Gegendemonstrationen verdrängt worden. Die Bürgermeisterin  hoffte jedoch, dass sich die Lage nach der Wahl am 22. September beruhigen würde.      

 

Nach Ansicht von Herrn Naumann ist es sehr wichtig, dass der Bezirk  bei der Unterbringung von Flüchtlingen Klarheit und Transparenz herstellt, um die Besorgnisse der Anwohner/innen abzubauen. Er betrachtet es zudem als Fehler, solche Heime in Brennpunktregionen zu errichten. Dass in Charlottenburg - Wilmersdorf trotz des Wahlkampfes eine rassistische Mobilisierung um das Heim in  der Soorstraße verhindert werden konnte, führt er sowohl auf den Konsens der Parteien im Bezirk als auch auf das Engagement von Ehrenamtlichen vor Ort zurück.

 

Er weist auch darauf hin, dass in Charlottenburg - Wilmersdorf  aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen noch weitere Flüchtlingsheime eingerichtet werden müssen. Allerdings sei es aufgrund der erforderlichen sorgfältigen Prüfung der dem Bezirk zu diesem Zweck angebotenen Immobilien nicht möglich, die Anwohner/innen sofort über die Planung eines neuen Flüchtlingswohnheimes  zu informieren. Nach positiver Prüfung müsse aber sofort der Dialog mit den Anwohner/innen gesucht werden.

 

Zu 3a   Ehrenamtskoordination als Standard bei der Einrichtung neuer Flücht-             

            lingsunterkünfte finanzieren 

            Nadia Rouhani/Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

Frau Rouhani begründet den von ihr eingebrachten Antrag. Er zielt darauf ab, die Arbeit der Ehrenamtlichen in neu zu gründeten Flüchtlingswohnheimen zu generalisieren, zu verstetigen und finanziell abzusichern.

In der anschließenden Diskussion äußern sich die Vertreter/innen der verschiedenen Fraktionen/Parteien grundsätzlich zustimmend zu dem Antrag.

Frau Hansen erklärt, dass der Antrag erst noch in der Fraktion beraten werden müsse.

 

Herr Papst stellt in Aussicht, dass die Piraten den Antrag unterstützen werden. Seiner Meinung nach sollte die ehrenamtliche Koordination von der Heimleitung geleistet und von dem LAGESO finanziert werden.

Herr Huwe möchte den Antrag ebenfalls noch in der Fraktion beraten lassen, hält deren  mehrheitliche Zustimmung aber für wahrscheinlich.

Frau Cieschinger äußert im Namen der Linken ihre volle Unterstützung.

Herr Naumann schlägt vor, in den Antrag die Forderung aufzunehmen, dass auch in bestehenden Flüchtlingsunterkünften eine Ehrenamtskoordination installiert werden solle.

 

Der Antrag würde dann heißen: 

 

"Dem Bezirksamt wird empfohlen, sich bei der zuständigen Senatsverwaltung  dafür einzusetzen, dass bei der Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte und für den Betrieb bestehender Einrichtungen eine Finanzierung für die Koordination ehrenamtlicher Unterstützung im Benehmen mit den jeweiligen Trägern von Anfang an gesichert ist." 

 

Herr Papst fordert, dass in den Antrag explizit die Forderung nach der Finanzierung der  Koordinationsstelle durch das LAGESO aufgenommen werden soll.    

Die Vertreterin der Initiative "Willkommen im Westend" unterstützt den Antrag ebenfalls. Aus eigener Erfahrung wüssten sie, dass auch ehrenamtliche Arbeit gut organisiert werden müsse. Sie schlägt deswegen vor, im Antrag explizit die Schaffung einer Personalstelle zu fordern.  

 

Frau Rouhani sagt zu, die Vorschläge aufzunehmen und den Antrag in die nächste BVV einzubringen.


 

 
 

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