Auszug - Die integrationspolitisch relevante Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bezirksverwaltung Gäste: Polizeioberkommissar Bungies Polizeioberkommissar Zilmman (Direktion 2/Zentrale Aufgaben/Arbeitsgebiet Integration und Migration) VertreterInnen der Abt. Jugend und Gesundheit/Soziales  

 
 
6. Öffentliche Sitzung des Integrationsausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Integrationsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 23.05.2012 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:30 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Gertrud-Bäumer-Saal
Ort: Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Zillmann berichtet zuerst über ihre Aktivitäten im Rahmen des 1972 eingerichteten Arbeitsgebietes Integration und Migration der Polizeidirektion 2

Herr Zillmann berichtet zuerst über ihre Aktivitäten im Rahmen des 1972  eingerichteten Arbeitsgebietes Integration und Migration der Polizeidirektion 2.  Sie sind für die Bezirke Charlottenburg – Wilmersdorf und Spandau zuständig. Zu ihren Aufgaben gehören so unterschiedliche Aktivitäten wie Amtshilfe für die Ausländerbehörde und eine seit 2008 in  systematischer Form betriebene Kontaktpflege mit Migrantenvereinen und Moscheen.

Von 2005 bis 2011 wurde bei ihnen - analog zu anderen Bezirken - das Projekt „Transfer interkultureller Kompetenz“ durchgeführt.

In Charlottenburg – Wilmerdorf unterhalten die Mitarbeiter des Arbeitsgebiets Integration gegenwärtig kooperative Beziehungen mit dem Bauamt und dem Ordnungsamt (gewerberechtliche Kontrolle).  Auf der anderen Seite bestehen aber auch gute Beziehungen zu Migrantenvereinen (u.a. Divan e.V., Jugendintegrationszentrum) und zu religiösen Einrichtungen (z.B. Moschee am Spandauer Damm). Sie führen dort Informationsveranstaltungen zu Themen wie Drogen, Jugendgewalt und  Zivilcourage durch und ermutigen Jugendliche aus Migrantenfamilien, sich für eine Ausbildung bei der Polizei zu bewerben. 

Die Arbeit der Mitarbeiter des Arbeitsgebietes Integration und Migration beinhaltet tendenziell einen Spagat zwischen den beiden Polen Vollstreckung und Kontaktpflege und ist daher nicht leicht zu bewältigen. Die Mitarbeiter sind für den Vertrauensaufbau und den Abbau von Vorurteilen und Ängsten zwischen der Polizei und den in Charlottenburg – Wilmersdorf und Spandau lebenden Migrantinnen und Migranten  von großer Bedeutung.

Ein weiterer wichtiger Beitrag der Abteilung zur Verbesserung des Zusammenlebens besteht in interkulturellen Trainings für Polizeischüler und Polizeibeamte. Sie werden von 2 Polizeibeamten  durchgeführt werden, die selbst einen türkischen/kurdischen Migrationshintergrund haben und dadurch über Insiderwissen zu solchen Fragen wie Religion und Tradition verfügen.      

Herr Bungies, der im Rahmen der Abteilung für den operativen Bereich zuständig ist, stellt anschließend den Fall einer seit ca. 4 Monaten in einer abgelegenen Laubenkolonie  in Charlottenburg – Wilmersdorf unter - insbesondere für die Kinder -  sehr schwierigen Bedingungen lebenden obdachlosen Romafamilie aus Rumänien dar.

Am 05.Mai 2012 wurde gegen sie vom Grünflächenamt eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt.

Herr Bungies berichtet, dass er, nachdem über den Fall informiert worden war, sofort Kontakt mit dem Bezirksamt (Jugendamt, Abt. Soziales) aufgenommen und auch die Schulaufsicht informiert hatte. Er habe sich auch um die Aufnahme der Familie in ein im Bezirk (Rognitzstraße) liegendes Wohnheim für Romaflüchtlinge bemüht, jedoch leider erfolglos.

Auf die Notlage der Familie aufmerksam gemacht wurde die Polizei zuerst durch eine bei der Sitzung  Bezirksbürgerin, Frau Dutschke (?), die bei der Sitzung ebenfalls anwesend war. Sie berichtet, dass sie die obdachlose Familie zufällig in der Laubenkolonie „entdeckt“ hatte und sich seitdem um sie kümmert. Sie habe die Familie auch zur Malteser Migranten Medizin begleitet und sich an Frau Nastase vom Südosteuropa-Kulturzentrum wegen des Falls um Unterstützung gewandt.     

Frau Dutschke hat den Eindruck gewonnen, dass die Familie – der Vater war in Rumänien Koch und hat seine Arbeit verloren – gerne in Deutschland bleiben und sich hier integrieren möchte. 

Anschließend wird unter den Sitzungsteilnehmern diskutiert, wie man der Familie am besten helfen kann. Als zentrales Problem stellte sich dabei die Frage der Zuständigkeit heraus.

So weist die Jugendamtsdirektorin Frau von Pirani, die ebenfalls in den Fall einbezogen wurde, darauf hin, dass für Fragen der Unterbringung nicht ihr Amt, sondern das Sozialamt zuständig ist. Das Jugendamt komme nur dann als Ansprechpartner in Frage, wenn es in der Familie einen speziellen Jugendhilfebedarf gibt, was aber gegenwärtig wohl nicht der Fall sei. Zudem sei nicht der  Charlottenburg – Wilmersdorf, sondern der Neukölln für die Unterbringung der Familie zuständig, denn die Verteilung der Fälle unter die Bezirke richte sich nach dem Geburtsmonat des Haushaltsvorstandes.

Herr Naumann betont, dass die mit der Armutszuwanderung der Roma aus Südosteuropa für die Berliner Bezirke verbundenen Integrationsprobleme nur mit Hilfe einer gesamtstädtischen Wahrnehmung und Konzeption  bewältigt werden können. Auf Druck des Rates der Bürgermeister, besonders derer von Mitte und Neukölln, die von dem Zuzug besonders betroffen sind, habe der Senat dies auch zu einem wichtigen Thema erklärt. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Soziales wurde die Aufgabe erteilt, eine nachhaltige Konzeption zur  die Integration dieser Zuwanderergruppe, auch deren Kinder, zu erarbeiten.

Frau Nastase informiert die Ausschussmitglieder darüber, dass nicht allein in Neukölln und Mitte, sondern auch in Charlottenburg – Wilmersdorf inzwischen viele Romafamilien aus Rumänien und Bulgarien leben, die im Bezirk nicht gemeldet sind und deren Kinder nicht zur Schule gehen. Es gebe hier im Gegensatz zu anderen Bezirken aber keine Stelle, die als Ansprechpartner für diese Fälle fungiere.  Dies wird von Frau Rouhani aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem Fall der oben genannten Familie bestätigt.

Am Ende der Sitzung gibt es unter den Ausschussmitgliedern noch eine Diskussion über die Bedingungen, die Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien erfüllen müssen, um im Falle von Arbeitslosigkeit Anspruch auf ALG II zu haben.

Herr Tietze berichtet, dass das BAMF über ein Informationspapier zur Frage der Freizügigkeit verfügt, das sich auch mit diesem Problem beschäftigt. Er verspricht, dies an Frau Rouhani zu senden, damit es  an das Protokoll der heutigen Sitzung angehängt werden wird.  Seiner Ansicht nach ist das Gesetz nicht richtig durchdacht worden, weil es Migranten aus Rumänien und Bulgarien die Möglichkeit eröffnet, selbst auf der Grundlage einer nur kurzfristigeren selbständigen Tätigkeit mit Gewerbeschein ALG II zu beantragen.

Frau Nastase weist allerdings darauf hin, dass die Befürchtung, die Armutsmigranten aus Rumänien und Bulgarien würden auf der Grundlage der Freizügigkeitsregelungen in Berlin gegenwärtig massenhaft ALG II beziehen, falsch ist. Es würden inzwischen strengere Regeln gelten. Um nach einer Geschäftsaufgabe ALG II beantragen zu können, müsse man inzwischen detailliert nachweisen, dass man davor auch wirklich ein Gewerbe ausgeübt habe. Zudem erhielten, wie ebenfalls aus der Statistik zu entnehmen sei, in Berlin gegenwärtig nur wenige Rumänen und Bulgaren Kindergeld. Auch dessen Erhalt sei früher leichter gewesen.  

 

Zum Abschluss der Sitzung weist Frau Rouhani noch einmal darauf hin, dass sie den Einzelfall der Romafamilie aus Rumänien in der Ausschusssitzung zur Sprache gebracht hat, weil sie aufgrund der in diesem Zusammenhang gemachten Erfahrungen feststellen musste, dass das Bezirksamt in solchen Fällen keine Handlungssicherheit hat. Daher sei es wichtig, die Kompetenzen des Amtes in diesem Bereich zu stärken.  Zu diesem Zweck habe sie auch eine Erklärung vorbereitet, die sie dem Ausschuss zur Abstimmung vorlegen wollte. Da dies aber nicht mehr möglich sei, werde die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zunächst  einen entsprechenden Antrag in die BVV einbringen.  

 


 

 
 

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