Auszug - Jazzfest am Savignyplatz  

 
 
40. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.6
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 18.03.2010 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:10 Anlass: außerordentliche Sitzung
1669/3 Jazzfest am Savignyplatz
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP-Fraktion 
Verfasser:Dr.Fest/Block 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Frau BzStR’in Schmiedhofer:

 

Zur Beantwortung Frau BzStR’in Schmiedhofer:

 

Frau Vorsteherin, sehr geehrter Herr Block, ich bin fest davon überzeugt und ich habe den Glauben an Sie noch nicht verloren. Sie werden nach der Beantwortung dieser Anfrage klüger sein als vorher. Unter anderem werden Sie verstehen, dass auch dort, wo die S-Bahn fährt und wo, nach Ihren Aussagen, eine sechsspurige Straße ist, dass auch dort Menschen leben und das es durchaus im Sinne des Bezirkes ist, dass die dort auch wohnen bleiben. Aber jetzt beginne ich in der Reihenfolge Ihrer Fragestellung:

 

Zu 1.

Das Jazzfest am Savignyplatz fand zum ersten Mal an drei Tagen im Jahr 2008 statt. Aufgrund der baulichen Situation mit der beidseitigen dichten Bebauung befanden sich die Bühnenstandorte in den Straßen, direkt neben den Wohnhäusern. Es folgten Lärmbeschwerden durch Anwohnende aus der Knesebeckstraße 91/92 und aus der Grolmannstraße. Und diese Beschwerden, die ich selber noch einmal nachgelesen habe, sind zum Teil relativ heftig, was einfach die Lebensqualität angeht. Einer der drei Beschwerdeführer legte zudem Widerspruch gegen die erteilte Genehmigung ein. Im Vorfeld der Genehmigung für die Veranstaltung 2009, also gegen die, bei der Widerspruch eingelegt wurde, wurden mit dem Veranstalter Veränderungen bei den Bühnenstandorten vereinbart und es wurde auch die Auflage erteilt, die Lautstärke der Verstärkeranlagen, der Bühnen so einzupegeln und zu begrenzen, dass der Mindestpegel für Live-Musik, nämlich, dass man auch noch ordentlich was hört, gewährleistet ist. Das Umweltamt hat dann, auch vor dem Hintergrund des Widerspruchs, die Veranstaltung messtechnisch überwacht. Die Messungen ergaben eine durchgehende erhebliche Überschreitung des Emissionsrichtwertes, also erlaubt war schon 70 dB, also das ist das Höchste, was man bei sogenannten seltenen Ereignissen zulassen darf, und es ging bis zu 94 dB, und das war an keiner einzigen Messstelle und zu keinem einzigen Messzeitpunkt  waren die 70 dB eingehalten. 2009 haben sich entsprechend auch wieder zwei Anwohner über den Lärm beschwert und ein Gewerbetreibender hat sehr deutlich beklagt, dass er als Gewerbetreibender vor Ort überhaupt nichts davon hat, dass das Fest stattfindet. Im Gegenteil, er müsste Umsatzeinbußen in heftigster Weise und seine Mitgewerbetreibenden auch hinnehmen.

 

Das Umweltamt hat deshalb letztes Jahr mit Beteiligung des Wirtschaftsstadtrates ein Gespräch mit dem Veranstalter geführt über die erforderlichen, und zwar aus unserer Sicht alternativlos, erforderlichen konzeptionellen Veränderungen zur Verminderung der Lärmbelastungen. Die Reduzierung der Bühnenlautstärke selber war nicht möglich, weil es eben Jazz-Musik ist und nicht Hintergrundmusik, daher war der Vorschlag, dass die Bühnenzahl reduziert wird und auch die Veranstaltung nur an zwei Tagen stattfindet. Der Veranstalter konnte die Einschränkung mit seinem Konzept nicht vereinbaren, hat deshalb vom Savignyplatz Abstand genommen und prüft, mit unserer Unterstützung, derzeit Veranstaltungsorte, die mit der baulichen Situation besser zu vereinbaren sind. Die Vorgehensweise der Innenstadtbezirke, ich nehme jetzt mal Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Prenzlauer Berg, weichen nicht ab. Also, jeweils geht es um die Einpegelung der Musikanlage, die zeitliche Begrenzung täglich, die Veranstaltungsdauerpausen während der Mittagszeiten, Ausrichtung der Lautsprecher, Schalldämmung des Bühnenhauses usw. und die Nebenbestimmungen beziehen sich dann auch immer auf die örtlichen Gegebenheiten, also wo wohnt der nächste Anwohner, was ist es für ein Gebiet, was für ein Charakter hat die Veranstaltung?

Auch die Rechtsgrundlagen sind selbstverständlich dieselben. Über diese tauschen sich die Umweltämter bei ihren Gesprächen mit der Senatsverwaltung regelmäßig aus.

 

Es gab im Juli 2008 eine einstweilige Anordnung des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und die hatte zum Inhalt, dass die aus Sicht des Gerichtes zu großzügige Genehmigung für Feste an der Spandauer Zitadelle aufgehoben wurden. Das hat zu ganz massiven Eingriffen vor Ort geführt, also es finden viel weniger Feste statt, sie haben einen anderen Charakter. In diesem Zusammenhang hat die Senatsverwaltung die Bezirke extra aufgefordert, dass sie die neue Rechtsprechung auch berücksichtigen. Außerdem arbeitet die Senatsverwaltung für Gesundheit auch an Konsequenzen für Veranstaltungen, also aus diesem Urteil für Veranstaltungen, die sie selber zu genehmigen haben. Das ist bei uns die Waldbühne, das Olympiastadion, auch der Breitscheidplatz. Und zwar wir die Ausführungsverordnung des Landesemissionsschutzgesetzes überarbeitet. Es wird einen Zuschlag geben für Ton- und Informationshaltigkeit, das bedeutet, der Mittelungspegel wird erhöht. Ein Schieben in die Nachtzeiten wird noch strenger bewertet und tief frequente Geräusche, zu deutsch Bässe, werden noch stärker berücksichtigt, also d. h., dass die Auflagen noch stärker sind und das es eben auch durchaus sein kann, dass bestimmte Feste dann auch nicht stattfinden können.

 

Zu 2.

Ein Leitbild verändert nicht die Rechtsprechung. Die Nebenbestimmungen sind eine Interessensabwägung zwischen dem Veranstalter und dem gesetzlich fixierten Anspruch der Anwohnenden auf Lärmschutz. Und die Attraktivität von innerstädtischen Wohnbereichen hat sicher auch mit lebendiger Veranstaltungskultur zu tun, aber auch mit lärmverträglichen Wohnverhältnissen.

Herr Block, sie haben mit ihrem Entree im Prinzip die Argumente selber geliefert. Gerade, weil es keine besonders leise Gegend ist gibt es dort Anwohnende, die besonders sensibel reagieren und sagen, wir möchten dort aber auch wohnen können und wir möchten nicht, dass die Kinder noch stärker belästigt werden und wenn sie vielleicht gemeint haben, ja dann sollen sie doch wegziehen, weiß ich nicht, ob das ihr Leitbild ist. Also, meins ist es nicht.

 

Und noch nebenbei bemerkt, also die Bühne am Savignyplatz war nur wenige Meter von den nächsten Anwohnern entfernt, also was eine heftige Herausforderung ist. Es sind nebenbei 150 Genehmigungen für öffentliche Veranstaltungen im Freien auch im Bezirk erteilt worden.

 

Zu 3.

Das habe ich ja z. T. auch unter 2. dargestellt. Für Veranstaltungen im Land Berlin gilt entsprechend der rechtlichen Bestimmungen, je größer das öffentliche Interesse an einer Veranstaltung ist, desto eher kann und wird in die Lärmschutzrechte der Anwohner eingegriffen. Also, so können bei Konzerten von international bedeutsamen Interpreten oder Veranstaltungen mit langer Tradition und großer Besucherzahl stärkere Ruhestörungen als zumutbar bewertet werden, als bei einem kiezbezogenen Fest. Das bedeutet aber auch für Veranstalter, die ein Fest an einem neuen Standort etablieren wollen, dass sie die Akzeptanz der Anwohner gewinnen müssen, um eine Tradition zu begründen. Das Motzstraßenfest, was Sie angeführt haben, findet dieses Jahr zum 18. Mal statt. Es kommen an zwei Veranstaltungstagen 450.000 Besucherinnen und Besucher. Es gab dazu eine einzige Lärmbeschwerde, und zwar in den letzten Jahren, nicht im letzten Jahr.

 

Der Bezirk Mitte konnte von ursprünglich drei jährlich stattfindenden Straßenfesten am Potsdamer Platz diese nicht mehr genehmigen. Es gibt jetzt nur noch Tagesveranstaltungen ohne laute Bühnenbeschallung. Für die Bergmannstraße gilt ähnliches. Auch dort ist eine Akzeptanz, die eben dazu beiträgt, dass die Bürgerinnen und Bürger sich nicht beschweren.

 

Zu 4.

Durch unseren Bezirk, wie ich finde, sehr schöne charakterisierende dichte Bebauung mit hohen Wohnanteilen gibt es einfach aus emissionsschutzrechtlichen Gründen stärkere Grenzen für Veranstaltungen. Das heißt, je weiter entfernt potenziell betroffene Anwohner wohnen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, ein Bühnenprogramm zu genehmigen, was dann auch den Vorstellungen des Veranstalters entspricht. Sie fragen nach Plätzen. Ein Zukunftsplatz könnte vielleicht der Hardenbergplatz sein, wenn dort nicht mehr oberirdisch geparkt wird. Ja, am Ernst-Reuter-Platz werden ja die Anwohnenden nicht so gestört.

 

Zu 5.

Für ein Jazzfest geeigneter Ort wäre z. B. der Breitscheidplatz. Da gab es auch schon im August 2009 ein Jazzfest. Der Platz vor der Orangerie wird derzeit auch geprüft seitens des Veranstalters. Auch der Klausenerplatz oder der Parkplatz neben der Orangerie. Das Umweltamt berechnet für die Bühnenstandorte die zu erwartende Lärmemissionen und dann kann der Veranstalter entscheiden, ob und an welchem Standort er sein Konzept realisieren kann.

 

 

 

 

 
 

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