Auszug - Netzwerk Kinderschutz  

 
 
38. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.7
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 21.01.2010 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 21:35 Anlass: ordentliche Sitzung
1588/3 Netzwerk Kinderschutz
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKE. 
Verfasser:Tillinger/Tazegül/Prof.Dr.Bärwolff 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Frau BzStR’in Schmiedhofer:

 

Zur Beantwortung Frau BzStR’in Schmiedhofer:

 

Herr Tillinger, sehr geehrte Damen und Herren, gerne beantworte ich Ihre Fragen und Herr Tillinger, ich weiß nicht, wie frisch dieses Thema für Sie ist, aber Sie werden sehen, wir haben tatsächlich schon vor einigen Jahren mit den Dingen angefangen, die Sie jetzt einfordern.

 

Zu 1.

Das Abgeordnetenhaus hat am 24.01.2008 den Senat beauftragt, Maßnahmen zu entwickeln, die die Teilnahmequote an der Kinderfrüherkennung, also an den Kinderfrüherkennungsuntersuchungen, besonders bei der U4 im dritten bis vierten Monat deutlich erhöht. Ein entsprechendes Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes wurde nach vielen Auseinandersetzungen knapp zwei Jahren später, nämlich am 17.12.2009, beschlossen. In dem neuen Gesetz ist die Einführung eines verbindlichen Einladungswesens bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres geregelt und wenn ich das etwas kritisch anmerken darf, es ist eigentlich auch die Substanz von diesem Gesetz, also wenn man sich mal anguckt, was steht da eigentlich wirklich drin, was anders ist, als vorher, es geht ansonsten nur um relativ weiche Themen, wie Kooperationsbeziehungen und Ansprechstellen usw., also das ist sozusagen der Kern.

 

Als zentrale Stelle ist die Charité für die Einladung und Rückmeldung verantwortlich. Alle Kinder, für die dort keine Untersuchungsbescheinigung eingehen, werden namentlich an die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Bezirksämter übermittelt. Diese sollen und werden dann durch den Sozialpädagogischen Dienst Kontakt aufnehmen. In der Regel durch Hausbesuche, bei denen eine Motivation der Sorgeberechtigten erfolgen soll. Also, es soll natürlich erst einmal herausgefunden werden, warum gehen die nicht zu der Untersuchung, vielleicht muss man sie nur erinnern und dann ist es kein Problem und man sieht, dem Kind geht es eigentlich gut. Wenn aber bei diesem Besuch Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kindeswohls erkennbar werden, dann wird der Sozialdienst des Jugendamtes eingeschaltet. Diese Aufgabe ist durchaus sinnvoll, es kann aber sein, dass die nachgehende soziale Arbeit auch sehr personalintensiv wird.

 

Bereits bei den Berechnungen zum Mustergesundheitsamt wurde für den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sowohl für den ärztlichen als auch für den sozialpädagogischen Bereich eine personelle Unterausstattung festgehalten. Aktuell sind, und dass ist jetzt erst einmal nur der Bereich Gesundheit, von den 11,2 Arztstellen nur 6,36 besetzt und bei den Sozialarbeiterinnen und Therapeuten fehlen Stellenanteile im Umfang von zwei ganzen Stellen von insgesamt 27. Aufgrund der Vorgaben der Senatsverwaltung konnten diese Stellen bisher nicht besetzt werden. Wir hoffen auf eine Teilnachbesetzung in diesem Jahr, das ist aber insbesondere bei den Ärztinnen dadurch schwieriger geworden, dass wir jetzt als gesamtes Bezirksamt uns balgen müssen um die Besetzung von insgesamt 16, also extern zu besetzenden Stellen, vorher war das so (2009), dass die Senatsverwaltung festgelegt hat, welche Arztstellen nachbesetzt werden dürfen, natürlich hat sie nie alle anerkannt, sondern immer ganz genau geprüft, jeden Monat neu, aber der Arbeitsmarkt, insbesondere für Fachärzte, ist im Moment sehr gut und wir sind da ein sehr schlechter Arbeitgeber, also vom Gehalt und auch von sonstigen Bedingungen, d. h. wir müssen froh sein, wenn sich überhaupt auf eine ausgeschriebene Stelle eine Person bewirbt, die dann auch möglichst noch bei uns bleibt.

 

Dem Jugendamt stehen für die Aufgaben im Zusammenhang mit Schutz und Hilfe bei Kindeswohlgefährdung, und zwar unabhängig von den neuen Aufgaben aufgrund des Kinderschutzgesetzes,  insgesamt 61 Stellen zur Verfügung. Von denen sind aktuell fast sieben unbesetzt. Das ist nämlich noch immer ein Thema im Jugendhilfeausschuss. Für die Umsetzung des neuen Gesetzes soll es bezirksweit 24, auf zwei Jahre befristete, zusätzliche Beschäftigungspositionen, wahrscheinlich für Kinderkrankenschwestern, geben. Aber für diese ist die Bewilligung seitens der Senatsverwaltung für Finanzen noch nicht da. Die Fachsenatsverwaltungen sind da meistens etwas schneller und verkünden schon, was aber noch gar nicht unterlegt ist, deswegen konnte die Ausschreibung auch noch nicht realisiert werden. Falls wir uns statt für eine Kinderkrankenschwester für eine Sozialarbeiterin oder einen Sozialarbeiter entscheiden, reicht das Geld nur für eine ¾-Stelle.

 

Zu 2. und 3.

Bereits 1991 wurde damals im Altbezirk Charlottenburg das Haus des Säuglings als niedrigschwelliges Angebot für Hilfen rund um die Geburt als Mittelpunkt eines Netzwerkes eingerichtet. Dort sind, anders als bisher in anderen Bezirken, auch Kinderkrankenschwestern tätig. Es finden regelmäßige Austausch- und Fortbildungsveranstaltungen mit Hebammen statt. In diesem Jahr wird mit diesen auch eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen werden. Der Vorteil der Einrichtung ist die Niedrigschwelligkeit, es gibt ganz viele verschiedene Angebote für Mütter, auch für Väter. Das Haus musste ja umziehen. Es lag vorher etwas schöner im Kiez, es gab am Anfang eine kleine Nachfragedelle, das hat uns etwas besorgt. Jetzt haben wir festgestellt, die Nachfrage ist wieder sehr sehr hoch, und zwar von etwas anderen Frauen.

Also, wir hatten vorher in der Gierkezeile eine größere Gruppe von so genannten Mittelschichteltern, für die waren die Angebote sehr wohl auch da, aber jetzt, wo es aus Kostengründen in die Otto-Suhr-Allee verlegt wurde, als Teil des Rathauses, wenn auch mit einem eigenen Eingang, ist die Nachfrage sehr erfreulich groß von Frauen, die soziale und vielleicht finanzielle Ressourcen brauchen.

 

Durch die regelmäßig stattfindenden Treffen und Fortbildungsveranstaltungen mit Hebammen im Haus des Säuglings ist eine bis heute tragende Kooperation mit dieser für den frühen Kinderschutz wichtigen Berufsgruppe entstanden. Die im Bezirk niedergelassenen Kinderärzte werden ebenfalls zweimal jährlich von der Leitung des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes und in das Gesundheitsamt eingeladen, mit erfreulicher Resonanz, es nehmen dort selbstverständlich auch Mitarbeiterinnen des Jugendamtes teil. Neben dem allgemeinen Austausch gibt es durch das Kennen lernen dann auch einfach die Voraussetzung, dass eine schnelle unbürokratische Kooperation bei möglicher Kindeswohlgefährdung umgesetzt werden kann.

 

Zwischen den Entbindungskliniken im Bezirk, das war ja auch Ihre Frage, und dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst gibt es ebenfalls eine jahre- oder jahrzehntelange Kooperation. Den Schwerpunkt bildet die Charlottenburger DRK-Klinik im Westend. Das ist auch in unserem Bezirk die einzige mit einer Kinderklinik. Seit 20 Jahren besuchen die Kinderkrankenschwestern aus dem Haus des Säuglings zweimal pro Woche die Frauen auf einer Wöchnerinnenstation, informieren über die Angebote des KJGD, beantworten Fragen und verweisen auch an die Sozialarbeiterinnen. Und natürlich gibt es aufgrund dieses Kontaktes auch einfach den Weg, wenn dort in der Klinik jemand das Gefühl hat, eine Frau braucht dringend Unterstützung, dass dann auch einfach mal angerufen wird.

 

Zu den anderen beiden Entbindungskliniken gibt es immer wieder persönliche Kontakte auf den unterschiedlichen Ebenen. Gerade war die Amtsärztin mit der Leiterin vom KJGD bei den ärztlichen Leitungen im Bereich der Gynäkologie sowohl im Gertrauden- als auch im Martin-Luther-Krankenhaus. Auch das Jugend- und Gesundheitsamt haben miteinander eine Kooperationsvereinbarung, sie wurde sogar noch mal verbessert. Sie regelt konkrete Arbeitschritte auf der Mitarbeiterinnenebene, insbesondere um die Betreuung im Schnittstellenbereich zwischen beiden Ämtern zu optimieren. Das Thema hatten wir aus nicht ganz sehr schönen Anlässen auch hier einige Male schon breit diskutiert.

 

Am 27.11.2009 fand, initiiert durch die Region 1 des Jugendamtes, die erste Regionalkonferenz zum Thema Kinderschutz statt, an der der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Erziehungs- und Familienberatungsstellen, freie Träger der ambulanten und stationären Hilfe, Kirchengemeinden, Polizei, Schulen usw. teilgenommen haben und diese Regionalkonferenzen werden dann nach und nach in allen Regionen durchgeführt. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Abteilungen Gesundheit und Jugend einerseits des Bezirksamtes und der Charité zur vernetzten Fallarbeit wurde letzten Sommer unterzeichnet. Sie ist insofern sehr bedeutsam, dass in dieser Klinik schwerpunktmäßig Frauen mit großen Risikofaktoren, z. B. Drogenkonsumentinnen und Frauen mit HIV-Infektion entbinden. Außerdem ist es dort möglich, durch ein spezielles Kinderschutzprogramm Verdachtsfälle auf Kindesmisshandlungen mit einem fachlich sehr hohen Standard aufzuklären.

 

Jetzt kommt noch was Schönes: Im nächsten Monat wird im Haus des Säuglings das Projekt „Spielen lernen“ starten. Es wird finanziert, und zwar dauerhaft, durch Spenden des Facilitycenters der DRK-Kliniken und durchgeführt von der Bürgerstiftung Berlin. Eine externe finanzierte Fachkraft wird Eltern zeigen, wie sich die emotionalen Bedürfnisse von Kindern äußern und wie sie diese spielerisch erfüllen können, um frühzeitig eine gute Bindung herzustellen. Wir hoffen, dass das Projekt insofern gelingt, als dort auch insbesondere die Mütter oder die Eltern hingehen, für die der Bedarf groß ist.

Der KJGD im Bezirk und auch das Jugendamt ist auch mit den anderen gesundheitlichen und sozialen Diensten und freien Trägern hervorragend vernetzt, z. B. wenn es darum geht, Paten zu bekommen oder Unterstützung zu Kindern von psychisch kranken Eltern oder von Drogenkonsumentinnen und es zeigt sich, dass es einfach sehr hilfreich ist, sich regelmäßig auf einem fachlichen Niveau auszutauschen.

 

Zu 4.

Die Frage hab ich im Prinzip schon unter Punkt 2. beantwortet. Also, welche Angebote es dort gibt. Außerdem gibt es bei Kinderschutzfällen gibt es auch eine bezirkliche Hotline und die 24-stündige Erreichbarkeit berlinweit.

 

 

 
 

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