Auszug - Die Zukunft des Charlottenburger Nordens  

 
 
22. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.3
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 10.07.2008 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
0936/3 Die Zukunft des Charlottenburger Nordens
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Centgraf/Wendt 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Frau BzStR’in Schmiedhofer

 

Zur Beantwortung Frau BzStR’in Schmiedhofer

 

Frau Vorsteherin, sehr geehrter Herr Wendt, das Bezirksamt beantwortet die Große Anfrage wie folgt.

 

Zu 1.

Das Monitoring Soziale Stadtentwicklung soll dazu dienen, ich zitiere jetzt die Senatsverwaltung: “Problemquartiere mit Handlungsbedarf zu identifizieren und Entwicklung auszumachen, die zu einem Anstieg von Problemlagen in den einzelnen städtischen Räumen führen bzw. die dort vorhandenen Probleme verschärfen. Damit können rechtzeitig stadtentwicklungspolitische Maßnahmen eingeleitet werden, langfristig erhebliche Kosten vermieden werden, die bestünden, wenn die Gebiete sich selbst überlassen blieben. Durch das Monitoring sollen auch Entwicklungen deutlich werden, die zu einer Stabilisierung oder Verbesserung der Situation in den städtischen Teilräumen führen.”

 

Für Charlottenburg-Wilmersdorf stellt sich die Situation für vier von insgesamt 34 Teilregionen als ungünstig dar. Drei davon - Reichweindamm, Volkspark Jungerfernheide, Friedrich-Olbricht-Damm -  bilden ein zusammenhängendes Gebiet in Charlottenburg Nord, in dem zusammen ungefähr 118.000 Menschen leben. Die vierte problematische Verkehrszelle ist die im Südosten angrenzende Franklinstraße, dort wohnen etwa 3.000 Menschen. Bereits in den Vorberichten wurden diese vier auch jeweils erwähnt.

Noch einmal im Einzelnen: In der Verkehrszelle Friedrich-Olbricht-Damm wohnen ungefähr 17.000 Menschen, die fällt unter die Gebiete mit sehr niedrigem sozialen Status und negativer Entwicklung. Von der Datenanalyse her ist der Grund eine stark überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit, insbesondere von Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit, die sich im ausländischen Bevölkerungsanteil noch erhöht hat. Problematisch der hohe Anteil von Kinder unter 15 in Transferleistungsbezug. Hier sind mehr als 60 % von Hilfen abhängig.

 

Der Wanderungssaldo ist negativ und zeigt Abwanderungstendenzen der einkommens- und sozial bessergestellten Bewohnerinnen und Bewohner auf. Aber wie gesagt, das ist ein Auswertung für 17.000 Menschen. Vielleicht ist noch wichtig bei dem Monitoring, dass auch immer Entwicklungen gezeigt werden. Also, es wird nicht nur geguckt, wie ist die aktuelle Lage, sondern hat sie sich zu den Vorjahren verschlechtert oder verbessert.

 

Die anderen Verkehrszellen, die erwähnten, zeigen Auffälligkeiten, die nicht zu einer sehr niedrigen, sondern zu einer niedrigen Statuseinstufung führen, während die Entwicklung im Bereich Franklinstraße einen negativen Trend zeigt, vor allem weil Familien mit kleinen Kindern fortgezogen sind und die Anzahl der Transferleistungs- empfangenen sich erhöht hat, ist die Veränderung in den Bereichen Jungfernheide, Reichweindamm gegenüber den Jahren 2005 durchschnittlich und damit stagnierend auf niedrigem Niveau. Aus Sicht der Abteilung Jugend, Familie, Schule und Sport müssen deshalb alle Anstrengungen darauf gerichtet werden, die negativen Konsequenzen für die Entwicklung für Kinder- und Jugendlichen abzumildern.

 

Das Bezirksamt zieht aus den Daten den Schluss, dass es für die Bewältigung für der Probleme in Charlottenburg-Nord eines konzipierten Handlungsansatzes bedarf, vergleichbar dem für das Quartier rund um den Mierendorffplatz, wo ein kleines Stadtteilmanagement initiiert wurde. Die Unterstützung aus Landesprogrammen ist dabei mehr als fraglich bis aussichtslos, d. h. wir werden vermutlich aus Bordmitteln des Bezirkes initiativ werden müssen.

 

Zu 2.

Nein, wir haben nicht teilgenommen, denn wir wurden nicht eingeladen.

 

Auf telefonische Nachfrage hat die Senatsverwaltung mitgeteilt, dass nur die Bezirke eingeladen worden seinen, bei denen eine Häufung von Verkehrszellen mit der Indexausprägung “niedrig” bzw. “sehr niedrig” aufgetreten sei und denen aus Senatssicht ein alleiniges Handeln aus finanziellen Gründen nicht zugemutet werden könne. Da unser Bezirk insgesamt nur vier problematische Verkehrszellen vorweisen könne, würde er nicht dazugehören.

 

Als ich im Umweltausschuss des Rates der Bürgermeister einen Vertreter des Senates auf unseren Wünsche auf Unterstützung angesprochen habe, lachte dieser trocken auf und murmelte nur etwas, Charlottenburg-Wilmersdorf, da müssen sie aber noch ordentlich schlechter werden. Also, wir werden dort in das Luxussegment eingeordnet. Sicherlich wissen die, dass es vier problematische Zellen gibt, aber die werden eben auch mit dem Bereich Westend und Grunewald verquirlt.

 

Es wurde uns allerdings die Erhöhung der Sachmittel für die Unterstützung der ehrenamtlichen Tätigkeit in Aussicht gestellt.

 

Zu 3.

Für alle drei Bereiche besteht seit mehreren Jahren eine Zusammenarbeit zwischen der Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, den Abteilungen des Bezirksamtes, der Polizei und dem örtlichen Träger im Bereich Jugendhilfe in der AG Charlottenburg-Nord. Diese AG gab schon viele Impulse, vor allem für die Jugendarbeit im Quartier. Auch aus anderen Blickwinkeln ergeben sich Ansatzpunkte für aktivierende Maßnahmen. Bei der Auswertung der Einschulungsuntersuchung 2006 wurde deutlich, dass schon die Kleinsten in teilweise problematischen Verhältnissen aufwachsen. Diese natürlich immer nur im statistischen Durchschnitt gesehen in Risikofaktoren, wirken sich direkt und indirekt auf den Gesundheitszustand der Kinder aus, manifest in gesteigertem Anteil an schlecht versorgten Zähnen, überhöhtem bzw. stark überhöhtem Gewicht, d. h. dass die Defizite im Gesundheitszustand bei Menschen mit einem niedrigen Sozialstatus, insbesondere auch bei Kindern aus Migrantenfamilien, durchschnittlich größer sind und der regionale Schwerpunkt unseres Bezirkes hier im Norden auch in diesem Bereich in Charlottenburg liegt.

 

Für die Arbeit des Jugendgesundheitsdienstes erfordert es mehr Präventionsmaßnahmen und gesundheitsfördernde Aktivitäten mit dem Ziel die Gesundheit der  Kinder, um damit ihre langfristigen Startchancen ins Leben zu verbessern.

 

Erste Zielrichtung sind die Themen gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Als Kooperationspartner kommen Projekte, Vereine, Kinderärzte, Krankenkassen in Frage. Gespräche, z. B. mit dem Landessportbund und der Senatsverwaltung für Bildung mit dem Ziel der Teilnahme an dem Projekt "Gesunde Schule” haben durch meine Abteilung schon begonnen.

Positiv ist auch die Arbeitsgruppe U7 zu erwähnen, benannt nach der durch den Bezirk laufenden U-Bahn. Nach Bekanntwerden verstärkter Belästigung der Anwohnerinnen und Anwohner durch Gebraucher von Drogen vor drei Jahren wurde aus Initiative der BVV dieser Arbeitskreis ins Leben gerufen. Gestern fand gerade der vierte Runde Tisch statt, bei dem erneut festgestellt wurde, dass durch die Zusammenarbeit aller Vor-Ort-Akteure, ich sag mal von der WALL-AG über die Mieterberatung bis zum  Drogenträger Fix Punkt, dass die Lage sich dort deutlich entspannt hat. Drogenhandel und Drogenmissbrauch wurde deutlich verringert und es ist ein gutes Ergebnis, weil es eine Zusammenarbeit ergibt, ich sag mal, durch die Vertreibenden aus respektiveren technischen Maßnahmen, aber auch einer sehr guten Präventionsarbeit direkt in den Schulen.

 

Die Abteilung Jugend beobachtet die Entwicklung in Charlottenburg Nord seit Jahren mit besonderer Aufmerksamkeit und hat dort immer wieder Schwerpunkte gesetzt, damit die Lebens- und Bildungschancen der Kinder in diesem Gebiet trotz schwieriger Rahmenbedingungen verbessert werden können. Die fünf im Wohngebiet liegenden Kindertagesstätten verschiedener Träger haben zusammen 460 Plätze und sind in ihrer Arbeit auf die Bedingungen des Wohngebietes eingestellt. Neben den beiden Jugendfreizeiteinrichtungen des Jugendamtes, deren Existenz bei den notwendigen Umstrukturierungen nie strittig waren, leistet auch das Cafe Nightflight der Evangelischen Kirche wichtige Arbeit. Zusätzlich hat seit einigen Jahren der Träger Straks e. V. den Schwerpunkt seiner aufsuchenden Jugendsozialarbeit nach Charlottenburg Nord verlegt. Diese beiden Angebote werden auf Beschluss des Jugendhilfeausschusses durch Zuwendungsmittel des Bezirkes erfolgreich gefördert.

 

Seit kurzem hat der Träger Geburt und Familie im Jugendclub Heckerdamm das Elterncafé Heckerdamm 210 eröffnet. Eltern mit Kindern im Säuglingsalter und Kleinkindern soll ein Ort für Kontakte und Kommunikation geboten werden, bei denen sie auch niedrigschwellig beraten werden und unterstützt werden können. Von großer Bedeutung des Ausgleichs von Bildungsdefiziten war der Ausbau der Helmut-James-von-Moltke-Grundschule zur gebundenen Ganztagsgrundschule, deren Arbeit zusätzlich durch eine vom Bezirk finanzierte Schulstation ergänzt wird. Hervorzuheben ist für die Erwin-von-Witzleben-Schule die langjährige positive Zusammenarbeit mit dem SC Charlottenburg im sportbetonten Hortbereich, beispielhaft und auch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit kaum zu überschätzen. Es ist auch einfach die enge Kooperation aller Akteure in diesem Stadtteil.

 

Zu 4.

Ein großer Teil der im Quartier liegenden Mietwohnungen ist im Besitz der Gewobag. Mit der steht das Bezirksamt in regelmäßigem Dialog. Die Gewobag ist über die soziale Lage ihrer Mieterinnen und Mieter sehr genau informiert und sie ist schon aus wirtschaftlichen Gründen an einer Stabilisierung des Gebietes interessiert. Es gibt z. B. mehrere Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die für die Mieter da sind. Die Erfahrungen aus gemeinsamen Arbeitskreisen sind durchweg positiv. Die Gewobag hat ihre Bereitschaft bekundet, sich bei der Erweiterung des bezirklichen Stadtteilmanagements auf die Gebiete Paul Hertz-Siedlung und Jungfernheide auch zu engagieren.

 

Auswirkungen der Schließung des Flughafens Tegel auf das Quartier sind derzeit nicht konkret absehbar. Vermutlich wird der U-Bhf. Jakob-Kaiser-Platz einen Bedeutungsverlust erleiden durch Verlagerung des Flugbetriebs können auch Fluggesellschaften den Standort aufgeben, was das für die Bewohner dort bedeutet, wissen wir nicht genau, wir aber wissen ist, dass es eine deutliche Reduzierung der Lärm- und Luftverschmutzung geben wird, so dass es auch gut möglich sein kann, dass der Wohnwert vor Ort steigt, insbesondere, wenn das Flughafengelände einer sinnvollen und attraktiven Nutzung zugeführt wird.

 

Zu 5.

Die Antwort ist bereits in der Mündlichen Anfrage 878/3 dargelegt. Das Bezirksamt weiß, dass die Senatsverwaltung einen Umzug der Poelchau-Oberschule als Eliteschule des Sports auf das Olympiagelände prüft. Eine Entscheidung ist noch nicht bekannt. Für die Poelchau-Oberschule selber wäre es sicherlich positiv, dann wurde auch überlegt, ob man dann auch die Anna-Freud-Schule auch verlagern müsste. Wir wollen erst abwarten, wie die Entscheidung ausfällt und uns dann auch mit der neuen Entwicklung beschäftigen.

 

 

 
 

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