Auszug - Wie begegnet der Bezirk der Wildschweinplage?
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Zur
Beantwortung Herr BzStR Gröhler: Meine Damen
und Herren, ich beantworte für das Bezirksamt federführend die Große Anfrage
der FDP-Fraktion wie folgt; federführend deshalb, weil natürlich es
Zulieferungen benötigte aus dem Bereich Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt
und Umweltamt, was Forsten angeht. Zu 1. Auf den
Sportplätzen waren in 2006 Schadenshöhen in etwa 20.000 Euro, in 2007 in etwa
einer Höhe von 10.000 Euro durch Wildschweine zu verzeichnen. Die Schäden auf
den Spielfeldern mussten mit Rollrasen repariert werden, um die entstandenen
Spielausfallzeiten möglichst gering zu halten. In den Grünanlagen sind in den
vergangenen zwei Jahren auf etwa 14.000 qm Wildschweinschäden entstanden. Die
in der Regel in forstnahen Bereichen wiederholt auftretenden Aufwühlungen
werden aufgrund der finanziellen Situation nicht beseitigt. Es handelt sich um
extensive Pflegebereiche. Über die Schäden auf den Friedhöfen führen wir nicht
eine Einzelstatistik und wir haben keine Kenntnisse über Art und Umfang von
Schäden an privaten oder im Landeseigentum befindlichen Grundstücken. Allerdings
scheinen die Wildschweine die BVV-Drucksachen und Tagesordnungen genau zu
verfolgen, weil just vorgestern sind Wildschweine auf den sehr schön gestalteten
Karolingerplatz eingedrungen und haben dort Schäden angerichtet, was für uns
besonders ärgerlich ist, weil beim Karolingerplatz handelt es sich nun nicht um
eine extensiv gepflegte Grünanlage, sondern um eine äußerst intensiv gepflegte
und wir wollten den Karolingerplatz gerade anmelden gegenüber SenStadt für den
Preis in der Frage schönste, gepflegte Grünanlage, wo wir ja schon `mal den
Preis für den Savignyplatz bekommen haben, und das tut uns jetzt ganz besonders
weh, insbesondere den Kollegen aus dem dortigen Revier, die sich natürlich
immer sehr viel Mühe mit dem Platz geben. Wir müssen schauen, wie groß die
Schäden sind, darüber habe ich noch keine Kenntnisse und wie wir sie beseitigen
können. Zu 2. Für eine
Bejagung in den Berliner Wäldern, d. h. in den Landesjagdbezirken, sind die
Berliner Forsten zuständig. Die Bejagung in den befriedeten Gebieten ist
grundsätzlich untersagt. Ausnahmeerlaubnisse können in besonderen Einzelfällen
durch die Berliner Forsten an geeignete Jäger mit Zustimmung des jeweiligen
Grundstückseigentümers erteilt werden. Der zuständige Revierförster hat
allerdings uns auch mitgeteilt, dass eine stärkere Bejagung nicht unbedingt zum
Erfolg führt. Also, die langläufige Vorstellung, schießt doch einfach mehr
Bachen, weil die Bachen sind ja sozusagen insbesondere für die Vermehrung
zuständig und wenn es weniger Bachen gibt, dann gibt es auch weniger
Population, das ist so nicht richtig. Es stimmt
natürlich, meine Damen und Herren, dass die Vermehrungsrate eines Wildschweins
bei 150 bis 200 % liegt und wir wissen auch, dass in den letzten Jahren die
Geschlechtsreife von Wildschweinen immer weiter zurückgegangen ist, also immer
früher der Nachwuchs kommt, andererseits würde das einfache Schießen von Bachen
nicht zum Erfolg führen, weil sie möglicherweise die sogenannte Leitbache dabei
erwischen. Was bedeutet das? Wildschweine leben in einer sehr matriachalischen
Struktur, d. h. die Leitbache entscheidet z. B., wann andere junge Bachen
gedeckt werden. Schießen Sie die Leitbachen, führt es zum Auseinanderfallen
dieser Strukturen und zur Schaffung von freien, neuen, nicht organisierten
Rotten, in der es zu einer vielleicht früheren Deckung der Jungbachen kommt,
als es gekommen wäre, wenn die Leitbache sozusagen noch die Hand draufgehalten
hätte. Also, mit
anderen Worten, wenn sie die Leitbache erwischen, dann haben sie mehr Unheil
angestellt, als sie eigentlich erreichen wollten. Die Folge ist, sie müssen
sehr intensiv die Rotte über längere Zeit beobachten, um festzustellen, welches
Tier ist die Leitbache, um diese Bache nicht zu schießen. Sie sehen, meine
Damen und Herren, das ist viel komplizierter, als wir uns das vorgestellt
haben. Die
Berliner Forsten werden allerdings am 26.06., also in der nächsten Woche, eine
Leitlinie zur Jagd im urbanen Raum von Berlin herausgeben und vorstellen. Darin
kommt insbesondere zum Ausdruck, dass eine Verdrängung der Wildtiere aus der
Stadt mit jagdlichen Methoden wohl nicht möglich erscheint, so sagen uns
Forsten, da die Tiere hier ideale Lebensbedingungen finden, insbesondere was
das Nahrungsangebot angeht. Forsten wird bei der Vorstellung der Broschüre
insbesondere darauf abstellen, dass die Frage der verhaltensbedingten Situation
ganz wesentlich ist. Also, Grundstückseigentümer dürfen eben nicht ihre
Mülltonnen am Abend der Abholung rausstellen, oder nicht die gelben Säcke am
Samstag, wenn erst Montag das duale System sie abholt. Zäune müssen nicht so
ausgestattet sein, dass sie nur 60 cm Höhe haben und jedes Schwein
`rüberspringen kann und Tore müssen nicht aufstehen. Das versuchen wir auch
immer unseren Friedhofsbesuchern mitzuteilen, dass es wichtig ist, dass sie
einfach `mal das Tor hinter sich schließen, weil, wenn dann ein vierbeiniger
Besucher kommt, entsprechend der Friedhof schlecht aussieht. Wichtig ist, dass
wir Menschen lernen, uns anders zu verhalten, um den Wildschweinen nicht mehr den
Anreiz des weiteren Reinkommens in die Stadt zu geben. Zu 3. Die
Stadtjäger werden vom Landesforstamt eingesetzt. Sie handeln, soweit uns
bekannt ist, auf ehrenamtlicher Basis. Die geschossenen Wildschweine gehen in
ihr Eigentum zur Verwertung über. Zur Zeit wird geprüft, inwieweit bei
arbeitslosen Stadtjägern eine gewisse Aufwandsentschädigung in Zusammenarbeit
mit den JobCenter oder einem Beschäftigungsträger hergestellt werden kann, um
deren Anreiz für das stärkere Schießen noch zu erhöhen. Dabei geht es
insbesondere auch um eine bessere Überwachung der forstnahen Grünflächen, um
kürzere Reaktionszeiten und Informationen der Bevölkerung bei Wildschäden in
öffentlichen und privaten Bereichen zu erreichen, und besser zu erkennen, wo
sich gerade Wildschweinrotten aufhalten. Wir werden auch noch `mal Kontakte mit
den Sportvereinen, mit den Tennisvereinen und Anderen aufnehmen, die große
Flächen nutzen im waldnahen Bereich, um auch dort eine Verhaltensweise so zu
ändern, dass Tore eben nicht offen stehen. Zu 4. Dem
Bezirksamt, insbesondere dem Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt, war die
Forderung der Stadtjäger nach künstlichen Lichtquellen bei der Jagd bisher
nicht bekannt. Nach jagdrechtlichen Vorschriften gibt es allerdings auch ein
Verbot, künstliche Lichtquellen beim Erlegen von Wild aller Art einzusetzen.
Das hat einen tierschutzrechtlichen Aspekt, weil in der Nachtzeit kein
künstlicher Jagddruck durch künstliche Beleuchtung ausgeübt werden soll. In der
Berlin hat der Tierschutz, wie auch in der Bundesrepublik insgesamt
Verfassungsrang und das Bezirksamt würde aus dieser Überlegung heraus einer
Forderung nach dem Einsatz künstlicher Lichtquellen bei der Jagd nicht positiv
gegenüber stehen. Zu 5. Bisher
wurden die Grundstückseigentümer nicht auf die Möglichkeit der
Zustimmungserteilung zur Jagd auf ihren Grundstücken hingewiesen. Derartige
Anfragen hat es beim Bezirksamt bisher allerdings auch noch nicht gegeben. Bei
den Berliner Forsten existiert ein Wildtier-Telefon, wo Bürgerinnen und Bürger
anrufen können, um umfassende Informationen zu erreichen. Wenn dort der Wunsch
nach der Möglichkeit des Einsatzes eines Stadtjägers angesprochen werden würde,
würde Forsten dem sicherlich nicht abgeneigt gegenüber stehen. |
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