Auszug - Moschee-Projekt zum Scheitern verurteilt?  

 
 
19. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.6
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 24.04.2008 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
0818/3 Moschee-Projekt zum Scheitern verurteilt?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Linke (fraktionslos) 
Verfasser:Riedel/Tazegül 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

 

 

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

 

Herr Riedel, in der Tat, das finde ich sehr schön, dass Sie sagen, es geht darum, dass wir auch darstellen, dass es sich hier um ein ordnungsgemäßes Verfahren handelt. An der Stelle will ich vielleicht ´mal einflechten, dass ich mich über die Äußerungen des Innensenators dann doch ein wenig geärgert habe, so muss man schon sagen, weil mit Erstaunen reicht es allein ja nicht mehr aus. Da ruft mich der Innensenator an und lässt sich von mir eine Viertelstunde (lang) erklären, wie die planungsrechtliche Situation ist und warum ich zu dem Ergebnis gekommen bin und sagt dann zu mir, na können Sie mir nicht ´mal die Unterlagen ´rüberreichen, vielleicht kann ich das ja noch ´mal durchprüfen, ob es nicht doch noch ´ne Baugenehmigungsfähigkeit gibt? Darauf hin erkläre ich ihm, dass es ja noch immer eine Bezirksangelegenheit ist und nachdem er all meine Informationen sozusagen an sich genommen hat, erklärt er einen Tag später in der Presse, dass das Bezirksamt aus fadenscheinigen Gründen das Ganze abgelehnt hat.

 

Also, erstens, wenn der Innensenator so viel überfließende, baurechtliche Kenntnisse hat, dann frage ich mich, wieso er sie nicht seiner Kollegin Junge-Reyer zur Verfügung stellt, dann würde die nicht reihenweise ihre Verfahren beim Verwaltungsgericht verlieren.

 

Und zum anderen hätte ich von einem Innensenator eigentlich erwartet, dass er an die Öffentlichkeit geht und sagt, das Bezirksamt ist zu dem Ergebnis gekommen, aber gleichzeitig hat das Bezirksamt dem Antragsteller angeboten, in ein Bebauungsplanverfahren zu gehen. Das ist doch eine positive Nachricht, dass ein islamisches Kulturzentrum zum ersten Mal in Berlin mit einem eigenständigen Bebauungsplan planungsrechtlich sicher gemacht wird und nicht vor dem Verwaltungsgericht möglicherweise von irgendeinem Nachbarn wegen irgendeinem emissionsschutzrechtlichen Konflikt, den man übersehen hat, “weggeschossen” wird.

 

Also, insofern hätte ich mir doch vom Innensenator eine positive Äußerung auch an die islamische Community in der Stadt gewünscht und nicht noch Öl ins Feuer zu gießen und zu sagen, die haben da aus politischen Gründen in Charlottenburg-Wilmersdorf falsch entschieden. Also, ich sag ´mal, wie die Hauptverwaltung da mit dem Bezirk wieder umgeht, ist, man kann ja zu dem Thema stehen, wie man will, aber ich finde in der öffentlichen Wahrnehmung einfach nicht in Ordnung.

 

Zu 2.

Die planungsrechtlichen Hindernisse sind wie folgt: Entweder wir stellen uns auf den Standpunkt, es handelt sich noch um ein Industriegebiet über den alten Bebauungsplan oder wir prüfen es an Hand der Frage, ist es schon ein Gewerbegebiet, wo Sie ja selbst zur Kenntnis genommen haben, dass wir etwas vor 1 ½ Jahren, als es Inssan hier in Charlottenburg-Wilmersdorf noch gar nicht gab, angefangen haben, durch ein B-Plan-Änderungsverfahren den alten B-Plan Industriegebiet zu einem B-Plan Gewerbegebiet zu transportieren oder zu transformieren, auf der Grundlage der heutigen Baunutzungsverordnung aus 1990 und wir haben übrigens damals in die Begründung ´reingeschrieben, um den Produktionsstandort für Gewerbebetriebe in Charlottenburg zu erhalten, also wir hatten ja explizit die Überlegung, dieses Gewerbegebiet weiter als Gewerbegebiet zu entwickeln. Egal, ob Sie sich jetzt auf den Standpunkt stellen, es ist planungsrechtlich noch Industriegebiet oder es ist schon auf dem Werden zum Gewerbegebiet. Die Beurteilung bleibt in der Frage die Gleiche: Sind die beantragten Wohnungen aus Emissionsschutzgründen nicht genehmigungsfähig.

 

Wir waren mehrfach vor Ort. Wir haben uns angeguckt, dass da tatsächlich noch gewerbliche Produktion stattfindet, dass auch noch Verkehr, Anliefer- und Ablieferverkehr stattfindet. Und die, die dort im Gewerbeindustriegebiet z. Zt. rechtmäßig arbeiten und existieren, haben einen Anspruch auf Erhaltung ihres Plangebiets innerhalb dieses Blocks. Insofern würde man jetzt störende, sensible Nutzungen ´reingenehmigen, die nicht der Ausweitung entsprechen, würde man natürlich dort Quellen ´reinbringen, die einen Abwehranspruch gegen die Gewerbebetriebe hätten. Also Wohnen und Industrie oder Gewerbe in diesem Block ist planungsrechtlich z. Zt. nicht miteinander zu vereinbaren. In Anbetracht auch der Nutzung, wie das Gebiet tatsächlich noch durch die Gewerbebetriebe dort belastet und bespielt wird.

 

Darüber hinaus ist auch nicht genehmigungsfähig die Einrichtung eines Kindergartens. Es ist nicht genehmigungsfähig, was alles an weiteren sozialen Komponenten im Antrag drin war. Die Sozialeinrichtung mit Frauenberatungszentrum und ähnlichen Dingen, also alles, was die soziale Komponente hat und gestört werden könnte, von den rechtmäßig vorhandenen Betrieben, ist (nicht) genehmigungsfähig.

 

Was auch nicht z. Zt. jetzt hier im Planungsrecht zu generieren ist, ist ein großer Versammlungssaal, der da genutzt werden soll für Hochzeitsfeiern und wir meinen auch, dass die Moschee selbst nicht genehmigungsfähig ist, weil wir haben die gesamte zur Verfügung stehende Kommentarliteratur zum BauGB und BauNVO gewälzt und finden immer wieder den Hinweis, dass das nur zulässig wäre im Zusammenhang mit gewerblichen Betrieben, die im Plangebiet bereits vorhanden sind. Das ist es ja nicht. Die Beurteilung gilt im übrigen für eine Moschee genauso, wie für eine evangelische oder katholische Kirche oder wie für eine Synagoge. Sie ist losgelöst von allen religiösen Überlegung. Das will ich an der Stelle nur noch ´mal sagen.

 

Zu. 3

Wir haben dem potenziellen Investor angeboten, dass, wenn es eine Mehrheit in der BVV, die sich ja abzeichnen würde, geben würde, wir in ein B-Planverfahren eintreten würden. Ich gehe dabei davon aus, dass es sich nicht um ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren handelt, weil es die anderen Seite doch relativ stark in der Mitwirkungsnotwendigkeit belasten würde, sondern wir einen “normalen” Bebauungsplan sozusagen machen würden. Dabei muss dann geprüft werden, ob er im beschleunigten Verfahren ablaufen kann, aber da bin ich jetzt sehr vorsichtig, weil ich ja weiß, dass das beschleunigte Verfahren bei Teilen der BVV immer auf sehr starke Skepsis stößt, nicht wahr Frau Centgraf?

 

Übrigens kann ich da ´mal nur sagen, alle, die jetzt ´mal gesagt haben, ist ja unerträglich, dass Gröhler jetzt ein B-Planverfahren will. Sonst immer, wenn ich befreie, heißt es immer, na, die Befreiungen, die da im Hinterzimmer gemacht werden, die zeigt er uns erst einmal in der Befreiungsliste, die wollen wir alle einzeln sehen. Jetzt sage ich mal Bebauungsplan, große öffentliche Beteiligung, jetzt sagen alle warum haste nicht befreit? Also, wie ich es hier mache, es ist immer falsch, ich bekomme das schon mit.

 

Zu 4.

Zwölf Monate Frist, also in 12 Monaten schafft man es nicht, weil wenn Sie sich die gesetzlichen Fristen anschauen, sehen Sie, dass sie mindestens 54 Wochen im besten Falle brauchen, realistisch müssen wir von 14 oder 15 Monaten ausgehen, weil es ja auch BVV-Beschlüsse gibt, dass wir in Ferienzeiten nicht komplett auslegen dürfen und andere Sachen. Also, ich sage ´mal, wenn man von 15 Monaten ausgeht, so haben wir es ja auch Herrn Jotzo gesagt, dann ist man auf dem richtigen Weg.

 

Zu 5.

Ja, das Bezirksamt sieht sich in der Lage, Prüfungen parallel vorzunehmen, so wie wir es über eine Planreifeerklärung des Stadtplanungsausschusses ja auch bei anderen Investitionsvorhaben über Bebauungspläne gerne machen und z. B. das jetzt eingereichte Verkehrsgutachten selbstverständlich zum Gegenstand des B-Planverfahrens gemacht werden, also hier wäre an der Stelle insofern dann auch nichts verloren und wir würden versuchen, Doppelarbeiten möglichst zu minimieren.

 

 
 

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