Auszug - Große Anfrage der SPD-Fraktion betr. Jugendgewalt im Bezirk - Fakten, Maßnahmen und Handlungsspielräume  

 
 
21. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Schule und 29. Öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Schule Beschlussart: erledigt
Datum: Mo, 31.03.2008 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:50 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Minna-Cauer-Saal
Ort: Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Wuttig berichtet, dass die Große Anfrage in der BVV aus zeitlichen Gründen nicht zur Gänze beantwortet werden konnte und bittet deshalb um Ausführungen insbesondere zu den Fragen 4 (Zusammenarbeit der Akteure) und 5 (Fortbildungsangebote)

Herr Wuttig berichtet, dass die Große Anfrage in der BVV aus zeitlichen Gründen nicht zur Gänze beantwortet werden konnte und bittet deshalb um Ausführungen insbesondere zu den Fragen 4 (Zusammenarbeit der Akteure) und 5 (Fortbildungsangebote).

 

Herr Naumann berichtet zur Frage der Kooperation: Die Jugendgerichtshilfe kooperiert mit den anderen Akteuren fallbezogen auf der Grundlage der Verfahrensvorgaben nach dem JGG. Eine darüber hinausgehende Institutionalisierung der Zusammenarbeit gibt es (bisher) nicht. Unter dem Stichwort Prävention weist er auf den Runden Tisch Demokratieerziehung hin, wo u.a. Schulen, Jugendeinrichtungen und Polizei zusammenarbeiten, auf die Kooperationsvereinbarung zwischen Jugendamt, Schulamt und Schulaufsicht sowie einige auf einzelne Schulen bezogene Kooperationsvereinbarungen und verschiedene regionale Arbeitsgemeinschaften. Schließlich sei auch die Arbeit der Landeskommission gegen Gewalt besonders hervorzuheben. Aus Sicht des Bezirksamtes sei es erforderlich, insbesondere das Angebot an sport- und bewegungsorientierten Projekten im Bereich der Jungenarbeit zu erweitern.

Zur Frage nach Fortbildungsangeboten führt Herr Naumann aus, dass für die Mitarbeiter/innen der Kinder- und Jugendeinrichtungen vor allem das Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg vielfältige Fortbildungsmöglichkeiten zu den Themen Gewalt und Gewaltprävention anbietet. Aktuelle Angebote sind z.B.

·         Jugendliche mit Gewalterfahrungen – Auswirkungen und hilfreicher Umgang

·         Deeskalationstraining – Handlungsfähigkeit in Gewaltsituationen

·         Konfliktmanagement und Mediation

·         Systemischer Umgang mit Angst, Wut und Gewalt

·         Zertifikatskurs: Antigewalttraining in der Jugendhilfe

·         Jugendhilfe im Strafverfahren – Standards und Qualitätssicherung

·         Potential ambulanter Maßnahmen für straffällig gewordene Jugendliche.

Daneben haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, auch die Gewaltpräventionsangebote der Polizei in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Angebot, so u.a. durch die bezirkliche Frauenbeauftragte, die im Rahmen des diesjährigen Frauenfrühlings für Mädchen ab 12 Jahren einen Selbstbehauptungskurs angeboten hat. Aber auch die Sportverbände, insbesondere der Fußballverband, bieten für ihre Funktionäre bis hin zu den Schiedsrichter/innen ein Antigewalttraining an, damit diese befähigt sind, steuernd in ihren Vereinen aktiv zu werden. Im Angebot der Volkshochschule City-West gibt es ebenfalls eine breite Angebotspalette, die seit Jahren fester Bestandteil ist.

Zusammenfassend stellt Herr Naumann fest, dass es die vielfältigsten Angebote durch unterschiedliche Institutionen im Bezirk und in Berlin gibt.

 

Herr Wuttig fragt, wie das Antigewalttraining in den Einrichtungen umgesetzt wird.

 

Herr Naumann berichtet dazu, dass der Umgang mit Gewalt fester Bestandteil der täglichen Arbeit der Jugendförderung sei. Man bemühe sich mit großem Engagement, klare Grenzen zu setzen und auf Gewaltvorfälle schnell zu reagieren.

 

Herr Schwarzenauer möchte wissen, ob es Projekte gibt, die auch die Eltern in die gewaltpräventive Arbeit einbeziehen.

 

Herr Gutheil verweist hierzu auf die erfolgreichen Elternseminare an den Hauptschulen.

 

Herr Naumann bedauert das fast völlige Fehlen von Mitteln für präventive Arbeit und verweist hierzu beispielhaft auf die Schwierigkeiten, die Elternkurse an den Kindertagesstätten zu finanzieren. Angesichts des beobachtbaren Wegbrechens der Erziehungskompetenz vieler Eltern müsse man über Konsequenzen im Landeshaushalt ab 2010 nachdenken.

 

Herr Prof. Dr. Dittberner fordert eine verstärkte und systematische Kooperation aller Akteure. Gerade Schule und Jugendhilfe könnten sich sehr gut ergänzen.

 

Frau Guse-Manke erinnert an die Problematik der Schuldistanz und fordert hier mehr Einsatz der Schulen.

 

Herr Gutheil berichtet hierzu, dass es an zwei Hauptschulen und einer Gesamtschule gelungen sei, durch zusätzliche Lehrerstunden gezielte Maßnahmen für einzelne Schüler/innen zu ermöglichen. Diese seien durchaus erfolgreich, sofern es gelinge, in Kontakt mit den Eltern zu kommen. Als sehr hilfreich schätzt er auch die Sozialarbeiter/innen an den Hauptschulen ein.

 

Frau Bauer sieht ebenfalls in der Schuldistanz einen wesentlichen Ansatzpunkt für präventive Arbeit. Schuldistanz sei neben dem Weglaufen schon in der Grundschule ein zentraler und früher Indikator für eine drohende Intensivtäter”karriere”.

 

Herr Förschler befürchtet, dass es durch die Änderung des Waffengesetzes zu einem statistischen Anstieg von Straffälligkeit junger Menschen kommen könnte.

 

Frau Bauer berichtet dazu, dass es bei der Zahl der Delikte mit Waffen – anders als in der öffentlichen Wahrnehmung – keinen Anstieg gebe. Hoffnung der Polizei sei, durch die Änderung des Waffengesetzes vor allem das Problem der sog. Anscheinswaffen besser in den Griff zu bekommen.

 

Frau Köthe hält die vorhandenen Angebote nicht für ausreichend. Der Alltag in Schulen, Kindertagesstätten und Jugendfreizeiteinrichtungen sei immer wieder auch gewalttätig - und genau da gebe es ständig finanzielle Kürzungen.

 

Herr Naumann verweist darauf, dass es trotz knapper Finanzmittel gelungen sei, bei der geschlechtsbewussten Arbeit einen politischen Schwerpunkt zu setzen, indem nach der Mädchenarbeit auch Jungenarbeit im Bezirk aufgebaut werden konnte. Von Frau Bauer möchte er wissen, ob sich aus der Auswertung der Arbeit mit den Tätern Hinweise für die Weiterentwicklung der Präventionsangebote ergeben.

 

Frau Bauer führt dazu aus, dass funktionierende Netzwerke das A-und-O jeder Prävention seien. Zwar sei hier Vieles entstanden, das aber durchaus noch ausgebaut werden könne. Eine weitere Erfahrung sei, dass Interventionen möglichst frühzeitig einsetzen müssten.

 

Frau Zeugner äußert sich beunruhigt, weil nach ihrer Erfahrung Straftäter immer jünger werden. Schon in den Kitas gebe es brutale Handlungen durch Kinder. Es sei notwendig, Präventionsmittel verstärkt in Einrichtungen für Jüngere einzusetzen.

 

Frau Guse-Manke fordert nochmals mehr Aufmerksamkeit für Schulschwänzer/innen. Schulen könnten durchaus häufiger ärztliche Bescheinigungen verlangen und Eltern kontaktieren.

 

Herr Gutheil berichtet dazu, dass beispielsweise die Oppenheim-Oberschule bei jedem Fehlen die Eltern anschreibt; der Effekt sei allerdings gleich Null.

 

Frau Bauer berichtet, dass die öffentliche Wahrnehmung von Kriminalität nicht den statistischen Daten entspreche. Die Zahlen der Gewaltkriminalität stagnierten auf hohem Niveau, die Jugendkriminalität insgesamt gehe sogar zurück. Geändert habe sich allerdings das Anzeigeverhalten.

 

Herr Riedel kritisiert die Entwicklung, Elternaufgaben immer stärker an Kitas und Schulen zu delegieren.

 

Frau Klose fragt nach dem angeblichen Drogenhandel vor einer Wilmersdorfer Schule.

 

Herr Naumann teilt dazu mit, dass für den 10. April ein Gespräch mit Schule und Polizei verabredet wurde. Gleichzeitig wurde vereinbart, in Zukunft in solchen Fällen früher miteinander zu sprechen. Zum Abschluss erläutert er, dass die jetzige Kooperationsvereinbarung Jugendhilfe-Schule so angelegt ist, zu einem späteren Zeitpunkt die Polizei als weiteren Partner einzubeziehen.

 


 

 
 

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