Auszug - Öffentlicher Beschäftigungssektor in Charlottenburg-Wilmersdorf Chancen und Nutzen
Die Große
Anfrage beantwortet Frau BzStR’in Schmiedhofer wie folgt: Sehr
geehrte Damen und Herren, ich bin jetzt eigentlich ganz froh, dass die Anfrage
um einen Monat vertagt wurde, weil ich inzwischen konkreteres zu berichten
habe. Allerdings nicht unbedingt schöneres. Zu 1. Ich will
gerne noch mal was zum Allgemeinen sagen, auch wegen der Bedeutung des Themas.
In Berlin hat sich die Bezeichnung öffentlich geförderter Beschäftigungssektor
eingebürgert, das ist aber dasselbe wie ein gemeinnütziger oder dritter
Arbeitsmarkt. Ziel ist
es, Beschäftigungsverhältnisse auch für den Kreis der Langzeitarbeitslosen zu
schaffen, die aufgrund mehrere Vermittlungshemmnisse, auch bei intensiver Förderung, auch bei einem
mehr nachfrageorientierten Arbeitsmarkt in der nächsten Zeit, gerechnet wird
ungefähr mit 2 Jahren, die keine Chance haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine
Tätigkeit zu finden. Vermittlungshemmnisse
sind neben der mehrjährigen Arbeitslosigkeit keine oder eine nur geringe oder
überhaupt nicht mehr gefragte Berufqualifikation, dann sehr viel private
Beeinträchtigung, Verschuldung, gesundheitliche Probleme, höheres Lebensalter
(gilt noch immer als Negativposten, wird sich vielleicht die nächsten Jahre
ändern), fehlende oder geringe Deutschkenntnisse, instabile psychosoziale
Situationen. Für diesen Personenkreis möchte man also bis zu dreijährige
sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse schaffen. Manche Überlegungen
gehen sogar über einen noch längeren Zeitraum hinaus. Die
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales würde gerne für Berlin
zweieinhalbtausend Stellen einrichten. Das ist auch groß auf die Fahnen der
politischen Zielsetzung geschrieben. Dies geht allerdings nicht ohne Zustimmung
der Regionaldirektion für Arbeit und damit der Bundesregierung, weil die über
die Finanzierung der Verträge und vor allem über die Verpflichtungsermächtigung
für die nächsten Jahre entscheiden müssten. Die Bundesregierung plant
ihrerseits ein Programm mit 100.000 Plätzen, es soll zeitversetzt begonnen
werden damit dann im Jahr 2009 die gesamten 100.000 Menschen in dieser Maßnahme
beschäftigt sind. Da die
Senatsverwaltung feststellen musste, trotz aller Bemühungen, dass sie mit ihrem
Programm alleine nicht weiterkommt, also das es kein reines Berliner
Landesprogramm geben kann, hatte sie dann die Idee im Vorgriff auf das
Bundesprogramm mit 1300 Plätzen zu beginnen. Seit einer Kabinettsentscheidung
der Bundesregierung in der letzten Woche ist allerdings klar, dass das
Bundesprogramm leider mit den Vorstellungen des Berliner Senates nicht so
richtig kompatibel ist. Jetzt zu
unserer Situation. Die Frage ist ja, was haben wir getan. Auch uns wurde mit
Beginn der Arbeit des Job-Centers deutlich, dass auch mit noch so guten
Programmen eine bestimmte Anzahl von Menschen, selbst bei weiter anziehender
Konjunktur, nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden kann. Deswegen
haben wir uns als Bezirksamt schon sehr früh über den baldigen Beginn des in
Aussicht gestellten öffentlich geförderten Beschäftigungssektor eingesetzt.
Nach grober und illusionsfreier Einschätzungen des Job-Centers
Charlottenburg-Wilmersdorf könnte dies bei uns einen Personenkreis von bis zu
20 % der dort gemeldeten Arbeitslosen betreffen. Das sind zweieinhalb bis
dreitausend Menschen. Ich kann es jetzt sagen, von den aktuellen Zahlen, die
Zahl der Empfängerinnen und Empfänger wird nicht sichtbar weniger, also während
diejenigen, die Leistung aus dem SGB III kriegen zählbar abnehmen, gilt das für
den SGB II-Bereich nicht. Das
Bezirksamt hatte sich auf vielfältige Weise auf den Sitzungen der Stadträte für
Arbeit durch ein Schreiben, diesmal der grünen Sozialstadträtin, an die
Senatorin mit verschiedenen informellen Gesprächen, mit Personen der
unterschiedlichen Entscheidungsebene, für einen baldigen Beginn eingesetzt. Auch auf
der Fachtagung zum Thema Arbeit statt Arbeitslosigkeit wurde die Wichtigkeit
der Realisierung dieser Konzepte betont und natürlich auch die Unterstützung
des Bezirkes angeboten. Im Job-Center wurde mit dem genauen profiling der
Kunden begonnen. Eine Voraussetzung für die Vermittlung in die Programme und
dieser Prozess wird bis Juli, also jetzt demnächst, abgeschlossen sein. Zu 2. und
3. Die mit der
Regionaldirektion besprochenen 1300 berlinweiten Plätze sollten ja im Vorgriff
auf das Bundesprogramm in diesem Jahr eingerichtet werden. Geplant sind oder
waren Bruttobeschäftigungsverhältnisse mit 1300,-- Euro, finanziert im
wesentlichen aus den Eingliederungsmitteln der Job-Center in Höhe von 1100,--
Euro und cofinanziert durch 300,-- Euro aus ESF-Mitteln plus den eingesparten
Mietkosten, die das Land Berlin ja sonst im SGB II im wesentlichen bezahlt. Die
Job-Center kalkulieren mit Gesamtkosten von etwa 1700,-- Euro pro Monat und
Stelle, also mit dem Arbeitsgeberanteil und der Trägerpauschale. Gedacht war,
die Beschäftigungsverhältnisse nach Ablauf der zu bewilligenden elf Monate in
das Bundesprogramm überzuleiten. Also, einschließlich der Personen in die neuen
Verträge. Nun hat sich die Bundesregierung aber entschieden, ihr 100.000
Programm als 75%iges Lohnkostenzuschuss-Programm mit in der Regel 24monatiger
Laufzeit aufzulegen. Arbeitgeber sollen gemeinnützige Beschäftigungsträger
sein. Für die können dann noch Qualifizierungspauschalen übernommen werden. Die
ausgeübten Tätigkeiten müssen zusätzlich sein, im öffentlichen Interesse liegen
und sie dürfen natürlich nicht zur Wettbewerbsverzerrung führen. Das sind die
klassischen alten ABM-Kriterien. Das heißt, die Bundesregierung legt 100.000
Stellen als ABM-Programm auf, so dass sie aber nur 75 % der Gehälter bezahlt
und die anderen 25 % müssen dann von den Ländern oder von den Gemeinden
erbracht werden. Es sollen in diesem Jahr bundesweit 5.000 Stellen eingerichtet
werden und in den Folgejahren 55.000- und 40.000 Plätze, so dass dann 2009 die
100%-Zahl erreicht wäre. Rein
rechnerisch steht Berlin immer 8% zu, weil das der Anteil unserer Arbeitslosen
in der gesamten Bundesrepublik ist. Das Land
Berlin wird an diesem Programm nur Teil haben können, wenn die 25%ige
Finanzierung aus eigenen Mitteln, vielleicht noch unter Einbeziehung von
EU-Mitteln, geschlossen werden kann. Es kann sein, dass Projekte in kleinerem
Umfang auch Einnahmen erwirtschaften können oder das man von den Trägern
Eigenanteile verlangen kann, aber im wesentlichen werden sie aus dem Landeshaushalt
aufgebracht werden müssen. Die Gespräche mit dem Finanzsenator haben heute
begonnen und mit welchem Ergebnis zu Ende geführt werden, mag ich nicht
prognostizieren, das wollte auch die für Arbeit zuständige Staatssekretärin
gestern nicht. Ungeachtet
dieser möglichen Komplikationen hat das Job-Center auf Grundlage des eigentlich
geplanten Landesprogramms in Absprache mit dem Bezirksamt 210 Maßnahmen
geplant, die jeweils zum 01.08. bzw. zum 01.09. beginnen könnten. Das sind
konkret 40 Plätze für Arbeiten im Grünflächenbereich, 60 unterschiedlichste
Arbeitsfelder in einem geplanten Sozialmarkt, dort sollen gespendete
Gegenstände aufgearbeitet und an einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger,
also insbesondere auch an deren Kinder verschenkt werden, z. B. Schultüten,
Osterpräsente, Weihnachtsgeschenke. Das ist ein Beschäftigungsfeld, in dem man
sowohl handwerklich, als auch administrative und kommunikative Fähigkeiten
einsetzen kann und bei dem zudem der Nutzen für das Gemeinwesen sichtbar und spürbar
hoch ist. Weitere 80
Einsatzfelder soll es für individuelle Arbeiten im öffentlichen Bereich geben.
Darunter 20 für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Die
Einsatzfelder können zu großen Teilen auch bei uns im Bezirksamt sein und wir
sind hier im Gespräch mit allen Abteilungen. Eins der geplanten Projekte heißt
z. B. Living und hat uns angeboten, dass sie Hausmeisterhilfetätigkeiten im
Bezirksamt anbieten können und die dann ihre MitarbeiterInnen entsprechend
schulen. Das Projekt SenFit macht mir besonders viel Spaß, das ist die Idee,
dass die Beschäftigten im Bereich der Freizeit- und Kultureinrichtung für
Seniorinnen und Senioren tätig sind, ihnen helfen bei alltagsnahen
Dienstleistungen, aber z. B. auch IT-Schulungen übernehmen für ältere Menschen
und sie unterstützen bei dem Umgang mit der aus der Sicht der älteren Menschen
modernen Technik, also das Mobiltelefon, wie programmiere ich einen
Anrufbeantworter, so dass ich auch in der Lage bin, ihn wieder abzuhören und
wie kann ich auch mal einen Videorekorder programmieren. Das ist bei Leuten im
Alter von 80plus manchmal ein Problem. Bei den Jüngeren nicht. Das kommt manchmal vor, wenn eine Frau
Witwe wird und dann traut sie sich nicht zu fragen, also das ist ein echter
Markt. Den Träger
Raupe und Schmetterling möchte ich besonders erwähnen. Durch ihn werden 30
ältere Frauen im öffentlichen Bereich eingesetzt werden. Es gibt auch ein
ABM-Projekt für Ältere. Da muss die Laufzeit leider schon im Dezember enden,
das ist so vorgegeben, weil es ein EU-Programm ist. Da sind wir noch auf der
Suche nach dem Träger. Die Programme, also die anderen, werden, wenn sie dann
hoffentlich beginnen können, alle am 31. März enden. Es muss also politisch
dafür gestritten werden, dass sie dann in ein Bundesprogramm übergeleitet
werden. Denn wenn nicht der Landesanteil für die Co-Finanzierung in den
Haushalt eingestellt wird, bleibt von dem schönen Berliner Projekt nichts
weiter, als eine Beschäftigungsmaßnahme im Rahmen der Entgeltvariante. Das gibt
es aber ohnehin. Und der
große Vorteil des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors, nämlich die
mehrjährige, länger dauernde Beschäftigung für die arbeitslosen Menschen wäre
dann verloren. Zu 4. Eine
bezirkliche Zusatzfinanzierung ist
finanziell aus dem Haushalt nicht möglich, auch nicht vorgesehen. Das ist ein
Programm, was an die Träger gegeben wird und wo wir unsere Arbeit auch damit
haben werden, die Einsatzfelder sinnvoll anzubieten. Zu 5. Sofern von
den Begrenzungen der Positivliste abgewichen werden kann, gibt es die Chance
auf sinnvollere Einsatzbereiche, wie sie sich in Planung befinden. Wenn die
ABM-Kriterien, wie ich sie dargestellt haben, nur angewandt werden müssen, ist
auch mehr Spielraum da. Es muss aber immer der arbeitslose Mensch mit seinen
Fähigkeiten an erster Stelle stehen und nicht der Bedarf an Arbeit. Und dabei
ist auch zu beachten, dass viele wünschenswerte und nötige Tätigkeiten im
sozialen Bereich seitens der Arbeitslosen natürlich eine gewisse soziale
Kompetenz und eine halbwegs stabile Persönlichkeitsstruktur erfordern, also
gerade, wenn man auf Menschen zugeht, die ihrerseits in einer sozialprekären
oder defizitären Lage sind. Und genau das kann bei den Langzeitarbeitslosen,
die eben nicht nur strukturelle, sondern vielleicht individuelle
Vermittlungshemmnisse haben, nicht automatisch vom ersten Tag vorausgesetzt
werden. Und gerade deshalb sind die mehrjährigen Verträge von solcher
Wichtigkeit. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Legende
Ausschuss | Tagesordnung | Drucksache | |||
BVV | Aktenmappe | Drucksachenlebenslauf | |||
Fraktion | Niederschrift | Beschlüsse | |||
Kommunalpolitiker/in | Auszug | Realisierung | |||
Anwesenheit | Schriftliche Anfragen |