Gesetz über die juristische Ausbildung i. d. F. v. 04. November 1993 (frühere Fassung, für Altfälle)

I.
Gesetz über die juristische Ausbildung in der Fassung vom 4. November 1993 (GVBl. S. 554), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4.7.2002 (GVBl. S. 188)

Erster Abschnitt

Die erste juristische Staatsprüfung

§ 1
Zulassungsvoraussetzungen

(1) Zur ersten juristischen Staatsprüfung wird vom Justizprüfungsamt zugelassen, wer
1. mindestens zwei Jahre Rechtswissenschaft an einer Universität in der Bundesrepublik Deutschland studiert hat, davon zwei Semester an einer Universität des Landes Berlin,
2. mit Erfolg teilgenommen hat an
a) jeweils einer Übung für Fortgeschrittene im Bürgerlichen Recht, Öffentlichen Recht und Strafrecht,
b) einer Lehrveranstaltung mit Leistungskontrolle oder einem Seminar, worin die außerrechtlichen Bezüge des Rechts, seine Geschichte oder die Methodik seiner Anwendung behandelt werden, und
c) einer Lehrveranstaltung mit Leistungskontrolle, einem Seminar oder einer in gleicher Weise durch aktive Mitarbeit der Teilnehmer gekennzeichneten Lehrveranstaltung in einem durch Rechtsverordnung gemäß § 23 Nr. 1 vorgesehenen Wahlfach und
3. ein dreimonatiges Praktikum abgeleistet hat.
Auf die Übungen für Fortgeschrittene bereitet die Hochschule mit Übungen für Anfänger und mit Lehrveranstaltungen in Kleingruppen vor.

(2) Die Zulassungsvoraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b und c dürfen durch Nachweise der erfolgreichen Teilnahme an Pflichtfachseminaren und durch an einer ausländischen Universität erworbene rechtswissenschaftliche Leistungsnachweise ersetzt werden.

(3) Das Praktikum kann im Ausland abgeleistet werden.

(4) In besonderen Fällen kann das Justizprüfungsamt von einzelnen Zulassungsvoraussetzungen befreien. Die Entscheidung ist auf Antrag schon während des Studiums zu treffen.

(5) Nicht zugelassen wird, wer die Prüfung zweimal erfolglos unternommen hat.

§ 2
Regelstudienzeit

Das Studium der Rechtswissenschaft einschließlich der ersten juristischen Staatsprüfung umfaßt in der Regel neun Semester (Regelstudienzeit).

§ 3
Freiversuch

Um einen frühzeitigen Studienabschluß zu fördern, kann ein Freiversuch vorgesehen werden, der im Fall des Mißerfolges nicht als Prüfungsversuch gilt. Die bestandene Prüfung kann zur Notenverbesserung wiederholt werden.

§ 4
Zweck der Prüfung

Die erste juristische Staatsprüfung dient der Feststellung, ob der Bewerber das Ziel des Studiums der Rechtswissenschaft erreicht hat und damit für den Vorbereitungsdienst fachlich geeignet ist. Der Bewerber soll in der Prüfung zeigen, daß er das Recht mit Verständnis erfassen kann und über die erforderlichen Kenntnisse in den Prüfungsfächern verfügt, um es unter Berücksichtigung seiner geschichtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und rechtsphilosophischen Grundlagen anzuwenden.

§ 5
Bestandteile und Gegenstand der Prüfung

(1) Die schriftliche Prüfung umfaßt neun Aufsichtsarbeiten, die in zwei aufeinanderfolgenden Terminen angefertigt werden. Danach folgt die mündliche Prüfung.

(2) Prüfungsfächer sind die Pflichtfächer und eine von dem Bewerber zu bestimmende Wahlfachgruppe. Außerdem soll der Bewerber einen Überblick über die Rechtsordnung im ganzen haben.

(3) Pflichtfächer sind die gesellschaftlichen, geschichtlichen und philosophischen Grundlagen des Rechts, die Methodenlehre, Gebiete des Bürgerlichen Rechts, des Handels-, Gesellschafts-, Arbeits-, Straf- und Öffentlichen Rechts sowie des Prozeßrechts jeweils einschließlich der europarechtlichen Bezüge.

(4) Rechtsgebiete, die der Ergänzung und Vertiefung der mit ihnen zusammenhängenden Pflichtfächer dienen, und andere Wissenschaften, soweit sie zum Verständnis und zur Anwendung des Rechts erforderlich sind, werden als Wahlfächer vorgesehen und nach ihrem theoretischen oder praktischen Zusammenhang zu untereinander gleichgewichtigen Wahlfachgruppen zusammengefaßt.

(5) Die Prüfungsfächer sind so festzulegen, daß das Studium nach vier Studienjahren mit der ersten juristischen Staatsprüfung abgeschlossen werden kann. Dabei kommt dem exemplarischen Lernen besondere Bedeutung zu.

(6) Fragen aus Gebieten, die weder zu den Pflichtfächern noch zu der von dem Bewerber bestimmten Wahlfachgruppe gehören, können zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, soweit sie in der Praxis in einem häufigen und typischen Zusammenhang mit Fragen aus den Prüfungsfächern auftreten oder soweit lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und Einzelwissen nicht vorausgesetzt wird.

§ 6
Bewertung der Prüfungsleistungen

(1) Die einzelnen Prüfungsleistungen und die Gesamtnoten werden mit einer der Noten und Punktzahlen bewertet, die in der auf Grund von § 5 d Abs. 3 Satz 6 des Deutschen Richtergesetzes vom Bundesminister der Justiz erlassenen Rechtsverordnung vom 3. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1243/GVBl. 1982 S. 15) in der jeweiligen Fassung festgelegt sind.

(2) Wer in mehr als fünf Aufsichtsarbeiten eine schlechtere Note als „ausreichend“ erhalten oder in der schriftlichen Prüfung nicht mindestens einen Punktdurchschnitt von 3,5 erzielt hat, ist von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.

(3)Die Prüfung ist bestanden, wenn die Gesamtnote den Wert von 3,99 überschreitet.

§ 7
Wiederholung der Prüfung

Hat der Bewerber die Prüfung nicht bestanden, so kann er sie einmal wiederholen.

Zweiter Abschnitt

Der Vorbereitungsdienst

§ 8
Aufnahme in den Vorbereitungsdienst

(1) Wer die erste juristische Staatsprüfung bestanden hat, wird auf Antrag durch Bescheid des Präsidenten des Kammergerichts in den Vorbereitungsdienst aufgenommen. Die Ausbildung erfolgt in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses. Die Dienstbezeichnung lautet „Referendarin“ oder „Referendar“. Begründung und Beendigung des Ausbildungsverhältnisses richten sich nach diesem Gesetz. Im Übrigen finden die für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine Ausbildung in Teilzeit findet nicht statt.

(2) Bewerbern, die die Voraussetzungen für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst erfüllen, darf die Zulassung nur versagt werden, wenn die im Haushaltsplan für die Ausbildung im juristischen Vorbereitungsdienst zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen oder die Möglichkeiten für eine ordnungsgemäße Ausbildung (Ausbildungskapazität) erschöpft sind. Eine gleichmäßige Auslastung der Ausbildungskapazität ist anzustreben.

(3) Bei der Ermittlung der Ausbildungskapazität sind die personellen, räumlichen, sachlichen und fachspezifischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Dadurch dürfen jedoch weder die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, die den ausbildenden Stellen obliegen, unzumutbar beeinträchtigt noch die ordnungsgemäße Ausbildung gefährdet werden.

(4) Übersteigt die Zahl der Bewerber die Zahl der freien Ausbildungsplätze, wird nach den folgenden Vorschriften verfahren. Vorab werden bis zu jeweils 10 vom Hundert der freien Ausbildungsplätze
1. an Bewerber mit der Gesamtnote „gut“ oder „sehr gut“ im ersten Staatsexamen und
2. an Bewerber, für die die Zurückstellung eine außergewöhnliche Härte bedeutet, vergeben.
Bis zu 80 vom Hundert der verbleibenden Ausbildungsplätze können durch Rechtsverordnung Bewerbern, die die erste juristische Staatsprüfung in Berlin abgelegt und davor die letzten zwei Semester an einer Universität des Landes Berlin Rechtswissenschaft studiert haben, vorbehalten werden, solange nicht in der Mehrzahl aller Oberlandesgerichtsbezirke Bewerber regelmäßig länger als sechs Monate zurückgestellt werden. Der Präsident des Kammergerichts prüft jährlich, ob diese Voraussetzung gegeben ist. Die Feststellung wird im Amtsblatt für Berlin veröffentlicht und ist für alle Einstellungen in den folgenden zwölf Monaten verbindlich.

(5) Innerhalb der in Absatz 4 genannten Gruppen richtet sich die Auswahl der Bewerber nach der Dauer der Wartezeit. Als Wartezeit rechnet die Zeitspanne zwischen der Antragstellung und dem Termin, zu dem der Bewerber eingestellt werden soll. Bei gleicher Wartezeit ist das höhere Lebensalter maßgebend. Durch Rechtsverordnung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 7 kann bestimmt werden, dass der zurückgelegten Wartezeit Zeiten einer ausbildungsfremden Tätigkeit vor und während des Studiums mit bis zu sechs Monaten hinzugerechnet werden. Das gleiche gilt für die Bewerberinnen mit einem Kind unter 18 Jahren.

(6) Der Antraf auf Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst kann abgelehnt werden, wenn
1. ein Grund vorliegt, der die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst rechtfertigt;
2. der Bewerber nach seinem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst erneut die Aufnahme beantragt, es sei denn, dass die Unterbrechung aus wichtigem Grund erfolgt ist;
3. der Bewerber mehr als zwölf Monate des Vorbereitungsdienstes in einem anderen Bundesland abgeleistet hat.

§ 8 a
Unterhaltsbeihilfe, Rentenversicherungsfreiheit

(1) Der Referendar erhält eine monatliche Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 885,00 ¤. Die Senatsverwaltung für Justiz kann durch Rechtsverordnung Anpassungen dieses Grundbetrages an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Einkommensverhältnisse der Beschäftigten des öffentliches Dienstes im Land Berlin vornehmen. Daneben wird ein Familienzuschlag gewährt, dessen Voraussetzungen und Höhe sich nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst für ein Amt der Besoldungsgruppe A 13 + Zulage oder R 1 richten.

(2) Eine den Vorschriften für Beamte entsprechende Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung wird gewährleistet. Weitergehende Leistungen, insbesondere vermögenswirksame Leistungen, jährliche Sonderzuwendungen, Urlaubsgeld, Kaufkraftausgleich bei Auslandsstationen sowie Beihilfen, Jubiläumszuwendungen und Reise- und Umzugskosten werden nicht gewährt.

(3) Die Unterhaltsbeihilfe wird am 15. Des Monats für den laufenden Monat gezahlt. Der Anspruch erlischt mit Ablauf des Tages, an dem der Vorbereitungsdienst endet. Im Falle des Bestehens oder endgültigen Nichtbestehens der zweiten Staatsprüfung wird die Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende des Monats, in dem die Entscheidung über das Bestehen oder endgültigen Nichtbestehen bekannt gegeben wird, weiter gewährt. Im übrigen sind auf die Unterhaltsbeihilfe die besoldungsrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden.

§ 9
Ziel und Inhalt der Ausbildung

Der Vorbereitungsdienst gibt dem Referendar Gelegenheit, die durch das juristische Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und anzuwenden, die juristische Berufsausübung insbesondere als Anwalt, Richter, Staatsanwalt und Verwaltungsbeamter mit ihren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Grundlagen und Auswirkungen kennenzulernen und die Erfahrungen kritisch zu verarbeiten. Er soll zu diesem Zweck praktische juristische Arbeit leisten und an Arbeitsgemeinschaften teilnehmen, die der Vorbereitung und Ergänzung der praktischen Tätigkeit, der Vermittlung und Einübung von Schlüsselqualifikationen, wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit, und der Vorbereitung auf die zweite juristische Staatsprüfung dienen.

§ 10
Leitung der Ausbildung

Der Präsident des Kammergerichts leitet die Ausbildung.

§ 11
Dauer und Gliederung des Vorbereitungsdienstes

(1) Die Ausbildung in den Pflichtstationen dauert in Zivilsachen sechs Monate, in Strafsachen, in der Verwaltung und bei einem Rechtsanwalt je drei Monate. Der Referendar wählt außerdem, bei welcher der durch Rechtsverordnung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 5 zugelassenen Pflichtstationen er weitere drei Monate ausgebildet werden will; in erstinstanzlichen Zivilprozesssachen kann er sich nicht erneut ausbilden lassen. Die Ausbildung endet mit einer Wahlstation in den folgenden Schwerpunktbereichen:
1. Justiz,
2. Staat und Verwaltung,
3. Wirtschaft,
4. Arbeit und soziale Sicherung.

(2) Nach Maßgabe der verfügbaren Ausbildungsplätze wählt der Referendar seine Ausbildungsstellen.

(3) Auf Antrag kann eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung für den gehobenen Justizdienst oder für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst mit drei Monaten auf die Stationsausbildung angerechnet werden.

(4) Nimmt der Referendar nicht unmittelbar im Anschluss an die Ausbildung an dem nächstfolgenden Prüfungstermin teil, so kann er bis zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes mit Dienstgeschäften betraut werden.

§ 12
Beendigung des Vorbereitungsdienstes

(1) Der Vorbereitungsdienst endet mit Ablauf des Tages,
1. an dem die Entscheidung über das Bestehen oder das endgültige Nichtbestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung dem Referendar bekannt gegeben wird;
2. zu dem der Referendar durch schriftliche Mitteilung an den Präsidenten des Kammergerichts die Ausbildung abbricht.

(2) Der Vorbereitungsdienst endet spätestens vier Monate nach Beendigung der Ausbildung oder einer Ergänzungsausbildung. Er endet nicht, wenn der Präsident des Kammergerichts vorher feststellt, dass er fortdauert. Diese Feststellung kann er nur treffen, wenn die Verzögerung des Prüfungsverfahrens nicht auf einem in der Person des Referendars liegenden Grund beruht. Die Senatsverwaltung für Justiz kann in Fällen außergewöhnlicher Härte auf Antrag Ausnahmen zulassen. Eine außergewöhnliche Härte ist gegeben, wenn die Nichtverlängerung des Vorbereitungsdienstes den Referendar infolge persönlicher oder sozialer Umstände unzumutbar benachteiligen würde. Der Antrag ist spätestens zwei Monate vor Beendigung des Vorbereitungsdienstes zu stellen. Mit dem Antrag sind die geltend gemachten Umstände nachzuweisen.

(3) Der Referendar kann entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. er in seiner Ausbildung nicht hinreichend fortschreitet oder sich als ungeeignet erweist, den Vorbereitungsdienst fortzusetzen;
2. er dienstunfähig im Sinne von § 77 des Landesbeamtengesetz ist;
3. die Voraussetzungen des § 83 des Landesbeamtengesetz vorliegen;
4. er seine Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis in grober Weise verletzt.
Die Entscheidung trifft der Präsident des Kammergerichts. Der Vorbereitungsdienst endet mit Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung über die Entlassung bekannt gegeben wird.

Dritter Abschnitt

Die zweite juristische (große) Staatsprüfung

§ 13
Zweck der Prüfung

Die große Staatsprüfung dient der Feststellung, ob der Referendar nach seinen fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und nach seinen praktischen Fähigkeiten das geltende Recht unter Berücksichtigung seiner geschichtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und rechtsphilosophischen Grundlagen anwenden kann und nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit in der Lage ist, nach einer angemessenen Zeit der Einarbeitung als Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt oder Beamter des nichttechnischen höheren Verwaltungsdienstes oder in vergleichbaren juristischen Berufen tätig zu sein.

§ 14
Bestandteile und Gegenstand der Prüfung, Bewertung der Prüfungsleistungen

(1) Der schriftliche Teil der Prüfung umfaßt acht Aufsichtsarbeiten, die am Ende der Ausbildung in den Pflichtstationen angefertigt werden. Der mündliche Teil der Prüfung bezieht sich auf die gesamte Ausbildung und besteht aus einem Aktenvortrag und einem Prüfungsgespräch. Der Aktenvortrag und ein Teil des Prüfungsgesprächs beziehen sich auf die Ausbildung im gewählten Schwerpunktbereich.

(2) Gegenstand der Prüfung sind unter Einbeziehung des Pflichtstoffs der ersten juristischen Staatsprüfung
1. bei den auf die Pflichtstationen bezogenen Prüfungsleistungen die Zivilrechtspflege, die Strafrechtspflege und die Verwaltung einschließlich des Verwaltungsprozesses sowie ein durch Rechtsverordnung gemäß § 23 Nr. 1 zugelassenes Rechtsgebiet nach Wahl des Referendars,
2. der gewählte Schwerpunktbereich.
Die Prüfung ist auf die Anforderungen der Praxis auszurichten. Gerichte und Behörden sind befugt, dem Justizprüfungsamt zur Erstellung entsprechender Prüfungsaufgaben Akten vorzulegen; die daraus entnommenen Fälle dürfen nur in anonymisierter Form zu Prüfungszwecken verwendet werden. § 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(3) § 6 Abs. 1 gilt entsprechend.

(4) Wer in mehr als fünf Aufsichtsarbeiten eine schlechtere Note als „ausreichend“ erhalten oder in der schriftlichen Prüfung nicht mindestens einen Punktdurchschnitt von 3,5 erzielt hat, ist von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden. § 6 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 15
Rechtswirkung der Prüfung, Wiederholung der Prüfung

(1) Wer die zweite juristische (große) Staatsprüfung bestanden hat, besitzt die Befähigung zum Richteramt und zum höheren Verwaltungsdienst. Er ist berechtigt, die Bezeichnung „Assessor“ zu führen. Mit Ablauf des Tages der mündlichen Prüfung endet das Beamten- oder Praktikantenverhältnis.

(2) Hat der Referendar die Prüfung nicht bestanden, so kann er sie einmal wiederholen. Besteht er die Wiederholungsprüfung nicht, so ist er mit Ablauf des Tages der mündlichen Prüfung oder, falls keine mündliche Prüfung stattfindet, mit dem Tag der Zustellung der Entscheidung aus dem Beamten- oder Praktikantenverhältnis entlassen.

(3) In besonderen Ausnahmefällen kann die Senatsverwaltung für Justiz die nochmalige Wiederholung der Prüfung gestatten. Der Antrag ist spätestens drei Monate nach Zustellung der Mitteilung über das Ergebnis der ersten Wiederholungsprüfung zu stellen. Er ist abzulehnen, wenn der Antragsteller in der Wiederholungsprüfung ein schlechteres Gesamtergebnis, im Fall des § 14 Abs. 4 Satz 1 einen schlechteren Punktdurchschnitt als 3,0 erzielt hat. Die Genehmigung wird unwirksam, wenn der Antragsteller sich nicht binnen sechs Monaten zur erneuten Wiederholungsprüfung gemeldet hat.

Vierter Abschnitt

Das Justizprüfungsamt

§ 16
Aufgaben und Zusammensetzung

(1) Die juristischen Staatsprüfungen nimmt das Justizprüfungsamt Berlin bei der Senatsverwaltung für Justiz ab.

(2) Das Justizprüfungsamt besteht aus dem Präsidenten, weiteren hauptamtlichen und nebenamtlichen Mitgliedern sowie Mitgliedern kraft Amtes.

(3) Der Präsident und die weiteren hauptamtlichen Mitglieder müssen Richter oder Beamte mit der Befähigung zum Richteramt sein. Mindestens ein hauptamtliches Mitglied soll Beamter des höheren Verwaltungsdienstes sein. Mitglieder kraft Amtes sind die an rechtswissenschaftlichen Fachbereichen der Berliner Universitäten tätigen hauptamtlichen Professoren und Hochschuldozenten. Zu nebenamtlichen Mitgliedern können berufen werden
a) emeritierte, außerplanmäßige und Honorarprofessoren sowie Privatdozenten des Rechts,
b) Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte,
c) andere Personen, die die Befähigung zum Richteramt oder auf Grund des Studiums der Rechtswissenschaft und der vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst erlangt haben.

(4) Der Senator für Justiz beruft die haupt- und nebenamtlichen Mitglieder einschließlich des Präsidenten, und zwar
a) die Hochschullehrer auf Vorschlag der Freien Universität Berlin oder der Humboldt-Universität zu Berlin,
b) die Rechtsanwälte auf Vorschlag des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Berlin,
c) die Richter im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Dienstbehörde, soweit er nicht selbst oberste Dienstbehörde ist,
d) die Beamten, wenn er nicht selbst deren oberste Dienstbehörde ist, auf Vorschlag des Senators für Inneres und im Einvernehmen mit den zuständigen obersten Dienstbehörden.

(5) Die Mitglieder des Justizprüfungsamtes sind bei ihrer Prüfungstätigkeit sachlich unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.

§ 17
Zulässigkeit der Datenverarbeitung

(1) Das Justizprüfungsamt darf personenbezogene Daten der Prüflinge gemäß § 4 Abs. 2 des Berliner Datenschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung verarbeiten, soweit dies für Zwecke des Prüfungsverfahrens erforderlich ist. Die Verarbeitung kann auch automatisiert erfolgen.

(2) Auskunft aus den Prüfungsakten wird, auch nach Abschluß des Prüfungsverfahrens, dem Betroffenen und Dritten nur mit schriftlichem Einverständnis des Betroffenen erteilt. In diesem Umfang wird auch Einsicht gewährt.

§ 18
Amtsdauer

(1) Die haupt- und nebenamtlichen Mitglieder einschließlich des Präsidenten werden jeweils für die Dauer von drei Jahren berufen; bei Ablauf der Frist verlängert sich ihr Auftrag bis zur Neubesetzung des Amtes, längstens jedoch um sechs Monate.

(2) Die nebenamtliche Mitgliedschaft endet mit dem Ausscheiden des Mitgliedes aus seinem Hauptamt, soweit die Senatsverwaltung für Justiz nicht im Ausnahmefall etwas anderes bestimmt.

§ 19
Prüfungsentscheidungen

(1) Jede Aufsichtsarbeit wird von zwei Mitgliedern des Justizprüfungsamtes, die der Präsident bestimmt, bewertet. Bei der ersten juristischen Staatsprüfung soll an der Korrektur der Bearbeitung jeder einzelnen Aufgabe mindestens ein Hochschullehrer mitwirken. Weichen die Bewertungen einer Aufsichtsarbeit voneinander ab und können sich die Prüfer nicht einigen, so gilt, wenn die Abweichung zuletzt nicht mehr als drei Punkte beträgt, der Mittelwert. Bei größeren Abweichungen entscheidet der Präsident des Justizprüfungsamtes; er kann sich dabei für die Bewertung eines Prüfers entscheiden oder eine zwischen den Bewertungen liegende Punktzahl festsetzen.

(2) Die übrigen Prüfungsentscheidungen werden durch Prüfungsausschüsse getroffen, die aus vier Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden bestehen. Die Prüfungsausschüsse treffen ihre Entscheidungen mit Stimmenmehrheit. Bilden sich in Beziehung auf die festzusetzende Punktzahl mehr als zwei Meinungen, deren keine die Mehrheit für sich hat, so werden die für die größere Punktzahl abgegebenen Stimmen den für die zunächst geringere abgegebenen solange hinzugerechnet, bis sich unter Berücksichtigung des Satzes 4 eine Mehrheit ergibt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

(3) Die Prüfungsausschüsse werden vom Präsidenten des Justizprüfungsamtes gebildet. Ein Mitglied des Prüfungsausschusses soll hauptamtliches Mitglied des Prüfungsamtes sein oder gewesen sein. Bei der ersten juristischen Staatsprüfung sollen zwei Hochschullehrer Mitglieder des Prüfungsausschusses sein. Ein Mitglied soll besondere Kenntnisse auf den Gebiet des öffentlichen Rechts haben. Bei der großen Staatsprüfung soll ein Mitglied des Prüfungsausschusses der Verwaltung oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit angehören oder angehört haben.

(4) Die Rücknahme von Prüfungsentscheidungen ist bei der ersten juristischen Staatsprüfung nur bis zum ordnungsgemäßen Bestehen der großen Staatsprüfung, längstens jedoch innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tage der mündlichen Prüfung zulässig. Bei der großen Staatsprüfung ist eine Rücknahme nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach dem Tage der mündlichen Prüfung zulässig.

(5) Gegen die Entscheidung über das Ergebnis der Prüfung ist der Widerspruch gegeben. Über den Widerspruch entscheidet der Präsident des Justizprüfungsamtes. Bei der Neubewertung von Prüfungsarbeiten gelten die Vorschriften über die Erstbewertung entsprechend.

§ 20
Prüfungsniederschrift

Über den Prüfungshergang ist eine Niederschrift aufzunehmen.

§ 21
Sonstige Entscheidungen

Soweit durch Rechtsvorschrift nicht etwas anderes bestimmt wird, entscheidet das Justizprüfungsamt durch den Präsidenten oder dessen Beauftragten.

§ 22
Offenlegung der Prüfungsergebnisse

Der Prüfling kann innerhalb von drei Monaten, nachdem ihm das Prüfungsergebnis bekanntgegeben worden ist, seine schriftlichen Arbeiten mit den Randbemerkungen und schriftlichen Bewertungen in den Räumen des Justizprüfungsamtes unter Aufsicht einsehen.

Fünfter Abschnitt

Die Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 23
Ausbildungs- und Prüfungsorgane

(1) Die Senatsverwaltung für Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Inneres die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsvorschriften zu erlassen über
1. die Bestandteile und die Gegenstände der Prüfung im einzelnen sowie das Prüfungsverfahren,
2. die Zulassungsvoraussetzungen einschließlich der Meldefristen,
3. den Freiversuch und die Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung,
4. die Wiederholung einer nicht bestandenen Prüfung einschließlich der Anrechnung einzelner Prüfungsleistungen,
5. die Gestaltung des Vorbereitungsdienstes einschließlich der Leistungsbeurteilungen,
6. den Datenschutz,
7. die Festsetzung der Ausbildungskapazität und die Gestaltung des Auswahl und Zulassungsverfahrens.

(2) Die Senatsverwaltung für Justiz wird ermächtigt, Rechtsvorschriften zur Erhebung von Gebühren für das Prüfungs- und Widerspruchsverfahren zu erlassen. Die Gebühren sind mit Beginn des Verfahrens fällig. Im übrigen gelten die Vorschriften des Gesetzes über Gebühren und Beiträge vom 22. Mai 1957 (GVBl. S. 516), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Oktober 1969 (GVBl. S. 2252), in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

§ 23 a
Sprachliche Gleichbehandlung

Alle Personen- und Funktionsbezeichnungen, die in diesem Gesetz gebraucht werden, gelten sowohl in der männlichen als auch in der weiblichen Sprachform.

II.
Für Referendare, die vor dem 1. August 2002 in den Vorbereitungsdienst aufgenommen worden sind, gelten die bisherigen Vorschriften weiter:

Gesetz über die juristische Ausbildung in der Fassung vom 4. November 1993 (GVBl. S. 554), geändert zuletzt durch Gesetz vom 31.5.2000 (GVBl. S. 342).