Am #Volkstrauertag gedenken viele Menschen ihrer verstorbenen Lieben und gewiss nicht nur heute. In dieser Woche haben wir in unserer Reihe #LetzterEinsatz täglich Kollegen gedacht, die im Dienst ihr Leben ließen.
Wir müssten diese Reihe noch einige Wochen fortsetzen, wenn wir Ihnen von jedem Fall berichten wollten, bei dem wir einen Kollegen im Einsatz verloren haben.
Unseren heutigen Beitrag haben wir Uwe Lieschied gewidmet.
1982 begann der damals 19-jährige Uwe Lieschied seine Ausbildung bei der Berliner Polizei. Im Anschluss kam er zur Einsatzbereitschaft 13 und 1991 wechselte er zur 23. Einsatzhundertschaft. Mitte der 90er Jahre führte ihn sein dienstlicher Weg zum Abschnitt 55, dort wurde er Truppführer beim Streifendienst Verbrechensbekämpfung. Im Jahr 2000 wurde er dann zum Polizeikommissar befördert und übernahm die Leitung seiner Dienststelle.
Zusammen mit zwei weiteren Kollegen war Uwe Lieschied – mittlerweile Polizeihauptkommissar – am 17. März 2006 in ziviler Kleidung in einem zivilen Dienstfahrzeug auf Streife. Gegen 21 Uhr wollte sein Team eine andere Streife in der Fontanestraße unterstützen.
Auf dem Weg zum Einsatz fielen dem Team zwei Männer auf, die offenbar auf der Flucht waren. Uwe Lieschied erinnerte sich an einen kürzlichen Überfall auf ein Internetcafé in der Nähe, und in diesem Zusammenhang kamen ihm die beiden Flüchtenden noch verdächtiger vor. Sie nahmen die Verfolgung mit dem Auto auf. In der Fontanestraße stiegen Uwe Lieschied und ein Kollege aus, um die Verfolgung zu Fuß fortzusetzen, während der dritte Kollege des Teams dem Flüchtenden den Weg mit dem Auto abschneiden wollte.
Uwe Lieschied erreichte als erster die beiden Personen und rief laut: „Halt stehenbleiben, Polizei.“ Einer der beiden Männer eröffnete sofort das Feuer auf die beiden Polizisten. Von den acht abgefeuerten Schüssen traf einer Uwe Lieschied in die Schläfe. Sein Kollege hatte Glück. Dem Schützen und seinem Komplizen gelang zunächst die Flucht.
Mit der lebensbedrohlichen Schussverletzung wurde Uwe Lieschied ins Krankenhaus eingeliefert. Zwar konnte er zunächst stabilisiert werden, aber sein Zustand verschlechterte sich zusehends und vier Tage nach dem Einsatz erlag er seiner schweren Verletzung.
Zwei Tage nach seinem Tod fand zu seinem Gedenken ein Trauermarsch statt, an dem sich 8000 Menschen beteiligten, darunter unzählige Kolleginnen und Kollegen.
Am Tatort gefundene Patronenhülsen führten unsere Ermittler auf die Spur des Schützen und seines Komplizen. Die Tatwaffe kam im selben Jahr bereits bei einem Überfall zum Einsatz. Beide Männer – der Schütze Mehmet E. und sein Komplize Yusuf K. – wurden von unserem SEK festgenommen. Wie sich herausstellte, hatten Mehmet E. und Yusuf K. am Tag des Einsatzes einer Frau die Handtasche geraubt und waren gerade auf der Flucht, als Uwe Lieschied und seine Kollegen auf die Zwei aufmerksam wurden.
Im späteren Prozess gegen die beiden Männer wurde Mehmet E. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und Yusuf K. wegen schweren Raubes zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.
Im Februar 2020 wurde (neben dem ebenfalls im Dienst erschossenen Kollegen Roland Krüger) auch Uwe Lieschied eine Straße im Neuköllner Rollbergviertel gewidmet. Ein Teil der Morusstraße wurde in die Uwe-Lieschied-Straße umbenannt.
2021 enthüllten der Neuköllner Bezirksbürgermeister und die Polizeipräsidentin, Frau Dr. Slowik, eine Gedenktafel im Rathaus Neukölln zu Ehren von Roland Krüger und Uwe Lieschied.
Uwe Lieschied hinterließ eine Frau und drei Söhne. Seit seinem Tod 2006 hat kein Kollege mehr im Dienst sein Leben lassen müssen. So soll es bleiben.
Uwe Lieschieds Foto hat seinen Ursprung im Gedenkbuch, welches im Foyer des Polizeipräsidiums ausliegt. Am heutigen Volkstrauertag werden dort Kränze niedergelegt und den Kolleginnen und Kollegen, die in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben ließen, gedacht. An dieser Gedenkveranstaltung nehmen jedes Jahr auch Auszubildende teil.
Quelle: “Letzter Einsatz” – Ein Buch über die im Dienst getöteten Polizisten in Berlin von 1918-2010 von Michael Stricker