Richard Thieme (23. Juli 1876 Berlin – 30. April 1948 Berlin) leitete 1903 bis 1945 die Wilmersdorfer Gartenverwaltung und entwarf die meisten in dieser Zeit ausgeführten öffentlichen Grünanlagen. Dabei war er 1906 nach Fritz Encke in Schöneberg der erste Gartenkünstler in Berlin und Umgebung, der sich dem modernen Stil zuwandte. Seine Arbeiten zeichnen sich durch hohe raumkünstlerische Qualität und phantasievolle Eigenständigkeit aus. Auch in der Pflanzenverwendung beschritt er neue Wege, indem er schon 1910 Stauden im öffentlichen Grün einsetzte.
Er lernte im Schlossgarten Charlottenburg bei Hofgärtner Eduard Nietner und besuchte das Pomologische Institut im schlesischen Proskau. Auf seinen anschließenden Wanderjahren kam er nach Kiel, Innsbruck und London, Weimar und Klein-Glienicke.
Die benachbarten reichen Gemeinden Schöneberg, Deutsch-Wilmersdorf, Friedenau und Charlottenburg erlebten in den Jahren zwischen 1900 und 1914 eine rasante Entwicklung und beispiellose Bautätigkeit und wetteiferten miteinander in der Anlage richtungweisender öffentlicher Grünanlagen. Wilmersdorf stellte am 15. April 1903 Thieme als Gemeinde-Obergärtner (seit 1906 Stadtobergärtner) ein.
Er begann mit Ausführung von Entwürfen von Hermann Geitner. Seine ersten eigenen Entwürfe galten dem Preußenplatz, Prager Platz, Rankeplatz, Hohenzollern- und Ludwigkirchplatz. 1905 hatte er schon 26 Anlagen zu bearbeiten.
Allmählich wandte sich Thieme von der eklektizistischen Gartenkunst der Meyerschen Schule zur modernen der Sezession. Sein erster Hohenzollernplatz und der Prager Platz von 1904 sind noch Plätze nur zum Ansehen. Mit dem Preußenplatz (ebenfalls 1904) und dem Ludwigkirchplatz (1906) jedoch schuf er bereits Plätze zum Aufenthalt, im Falle des Preußenplatzes sogar für Kinder.
Thiemes Preußenplatz war allerdings noch landschaftlich. 1906 erhielt Wilmersdorf die ersehnten Stadtrechte. Mit dem Olivaer Platz entschied sich Thieme 1906 für den strengen geometrischen Stil, den er seitdem kaum noch verlassen sollte. Man wird sagen dürfen, dass der Olivaer Platz damals der modernste Platz im Berliner Umkreis war. 1909 nahm Thieme mit Nitze an dem Wettbewerb für den Berliner Südwestfriedhof in Stahnsdorf teil und erhielt den 1. Preis. 1912 folgte Thieme mit seinem neuen Hohenzollernplatz, der alle die Eigenschaften in hervorragender Qualität aufwies, die der ersten Anlage des Platzes abgingen. Der spätestens 1911 entworfene und 1913 begonnene Volkspark Wilmersdorf wirkt hingegen in einigen Bereichen wie ein Rückfall ins 19. Jahrhundert. Allerdings ließ die Geländeform in weiten Teilen keine andere als landschaftliche Gestaltung zu.
In Anerkennung seiner Verdienste wurde Thieme Anfang 1914 zum Garteninspektor ernannt.
Nach Kriegsdienst 1915-18 kehrte Thieme an seinen Wilmersdorfer Schreibtisch zurück. Mit der Eingemeindung nach Berlin 1920 erhielt er den Titel Bezirksgartendirektor. Sein Zuständigkeitsgebiet erweiterte sich um die neuen Ortsteile Grunewald und Schmargendorf.
Mit der Umgestaltung des Preußenparks (1920) gelang Thieme ein wahrhaft guter Wurf, der in einem Atem mit Barths Volkspark Jungfernheide genannt zu werden verdient. Die Nutzung steht nun unmissverständlich im Vordergrund, landschaftliche und geometrische Formen sind integriert, wobei die Symmetrie aber deutlich die Oberhand behält.
Weitere beachtenswerte Neuanlagen Thiemes sind Flinsberger Platz, Kissinger Platz , Laubenheimer, Kolberger und Hochmeisterplatz.
„In seiner schlichten und selbstverständlichen Art,“ heißt es von Thieme, „hat er alle diese großen Leistungen vollbracht, ohne viel von sich reden zu machen.“
Nach 1933 scheint er ganz an den Rand gedrängt worden zu sein und musste die Vorgaben der Nationalsozialisten ausführen, besonders als nach langer Vakanz zum 15.12.1935 Josef Pertl Berliner Gartendirektor wurde. Die Anlage von Sportplätzen anstelle des Sees im zentralen Teil des Volksparks dürfte Thiemes Intentionen entgegen gewesen sein.
1941 wurde Thieme 65 Jahre alt, er arbeitete aber noch im April 1943. Das Datum seines Ausscheidens aus dem Dienst ist bisher nicht bekannt. 1946 war bereits sein Nachfolger Riemann im Amt. Thieme wurde in dem von ihm selbst angelegten Urnenhain des Wilmersdorfer Friedhofs in Wilmersdorf bestattet. Das Grab ist nicht mehr vorhanden.