Gedenktafel für den Centralverein Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens und den Philo-Verlag

Pariser Straße 44, 27.2.2013, Foto: KHMM

Pariser Straße 44, 27.2.2013, Foto: KHMM

Die Berliner Gedenktafel (Porzellantafel der KPM) am Haus Pariser Straße 44 wurde am 8.11.1988 enthüllt. Die Adresse des C.V. war um die Ecke, Emser Straße 42, der Philo-Verlag mit Buchhandlung befand sich an der Pariser Straße 44.

Gedenktafel für den C.V. und den Philo-Verlag, 27.2.2013, Foto: KHMM

Gedenktafel für den C.V. und den Philo-Verlag, 27.2.2013, Foto: KHMM

BERLINER GEDENKTAFEL
C.-V.
In diesem Hause befanden sich
seit 1930 bis zu ihrem Verbot vom 9.November 1938
der 1893 gegründete C.-V. (Centralverein deutscher
Staatsbürger jüdischen Glaubens)
(Emser Straße 42) und der ihm gehörende
Philo-Verlag (Pariser Str. 44)
Der C.-V., die größte jüdische Organisation in Deutschland,
vertrat beharrlich die staatsbürgerlichen Rechte der
deutschen Juden. Er gehörte zu den Vorkämpfern gegen
Antisemitismus und Nationalsozialismus.

Emser Straße 42 Ecke Pariser Straße 44, 27.2.2013, Foto: KHMM

Emser Straße 42 Ecke Pariser Straße 44, 27.2.2013, Foto: KHMM

Der gesamte Baukomplex zwischen Emser Straße 40-47, Düsseldorfer Straße 17-18 und Pariser Straße 44 wurde 1930 von E. Paul Hetzer gebaut und steht unter Denkmalschutz. Es ist ein typischer 20er Jahre Bau der Neuen Sachlichkeit. In den Neubau zog 1930 die größte jüdische Organisation Deutschlands mit ihrer Hauptgeschäftsstelle ein, der 1893 gegründete Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, C.-V. mit seinem Philo-Verlag.
Die Gründung des C.V. erfolgte mit dem Ziel, gegen den ausufernden Antisemitismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts anzugehen; unmittelbarer Anlass war eine anonym erschienene Schrift des Direktors des Schillertheaters Raphael Löwenfeld, die die Juden aufrief, die Verteidigung ihrer Rechte selbst zu organisieren. Der Verein trat an, “…die deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens…zu sammeln, um sie zu bestärken in der tatkräftigen Wahrung ihrer staatsbürgerlichen und gesellschaftlichen Gleichstellung und der unbeirrten Pflege der deutschen Gesinnung.”
Der C.V. setzte sich für eine möglichst vollständige Integration der Juden in die deutsche Gesellschaft ein.
Mit seinen vielfältigen Publikationen versuchte er, in Deutschland über das Judentum aufzuklären und gegen Vorurteile anzukämpfen, unter anderem mit der C.-V.-Zeitung, die in hoher Auflage in ganz Deutschland erschien.
Für seine Publikationen hatte der C.-V. den Philo-Verlag gegründet und gab unter dem Titel “Anti-Anti” eine Loseblatt-Sammlung heraus, die ständig ergänzt und aktualisiert wurde. Darin wurden antisemitische Vorurteile benannt und mit sachlichen Argumenten widerlegt.
Auch nach 1933 gab man im C.V. die Hoffnung nicht auf, sondern arbeitete weiter und versuchte, Wissen an die Stelle von Vorurteilen zu setzen. 1935 erschien das “Philo-Lexikon – Handbuch des jüdischen Wissens”. Es war ein einzigartiges Nachschlagewerk zum Judentum und insbesondere zum jüdischen Leben in Deutschland.
1935 musste der C.V. sich umbenennen in “Centralverein der Juden in Deutschland”, denn “deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens” durfte es nicht mehr geben. Nach der Pogromnacht des 9. November 1938 wurde der C.-V. und der Philo-Verlag aufgelöst und verboten, und die Büros in diesem Haus wurden geschlossen.
Die vierte, überarbeitete Auflage des “Philo-Lexikons” von 1937 wurde 45 Jahre später, 1982, im Jüdischen Verlag unverändert nachgedruckt und ist im Buchhandel erhältlich. Es erläutert noch immer verständlich und prägnant Grundbegriffe aus Religion, Tradition, Geschichte und Kulturgeschichte des Judentums. Es erschließt in sach- und personenbezogenen Stichworten die jüdische Welt von A bis Z, von ihren Anfängen bis in die Zeit der Moderne, mit besonderem Schwerpunkt auf dem deutschen Sprach- und Kulturkreis.