Stolpersteine Karlsruher Straße 23

Diese neun Stolpersteine wurden am 16.4.2013 in Anwesenheit von 20 Schülerinnen und Schülern der Anna-Lindh-Schule in Berlin-Wedding verlegt. Gespendet wurden sie von den Hausbewohnern Henrich Rauschning und Dirk Battermann sowie von Gabriele Rauschning (Hamburg), Heinz Stahlhut und Stefan Hoeltz, Sascha Goetz und Hanne Weisensee (alle Berlin) und mehreren weiteren Unterstützern/innen.

Im Haus Karlsruher Straße 23, das seit den 1920er Jahren bis 1942 dem in Pilsen lebenden Kaufmann E. Klauber gehörte, lebten zum Zeitpunkt der Volkszählung am 17.5.1939 neun Menschen jüdischer Herkunft, die später deportiert und ermordet wurden. Im Berliner Adressbuch waren sie alle bis 1941 verzeichnet, zwei Namen sogar bis 1942. Aus dem Adressbuch von 1935 lässt sich entnehmen, dass im gleichen Haus, jedenfalls für kurze Zeit, ein Beamter der Geheimen Staatspolizei namens Wolanski wohnte – ein Mitarbeiter jener gefürchteten Gestapo also, die für die Verfolgung, Massendeportation und Ermordung der Juden maßgeblich mitverantwortlich war.

Stolperstein Johanna Treitel

HIER WOHNTE
JOHANNA TREITEL
JG 1888
DEPORTIERT 14.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Johanna Treitel und Max Treitel waren Geschwister und unverheiratet. Sie wohnten seit 1925 zusammen in der Karlsruher Straße 23, Johanna Treitel stand im Adressbuch als „Privatiere“. Im Jahr 1941 ist merkwürdigerweise eine Helene Treitel in der Karlsruher Straße 23 eingetragen, dieser Name taucht aber sonst nirgends auf. Aus den einsehbaren Akten im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam geht hervor, dass die Geschwister vor ihrer Deportation zwangsweise kurzfristig in die Westfälische Straße 59 umquartiert wurden.

Johanna Treitel ist am 19. März 1888 in Posen (Poznan) geboren. Sie war wie viele junge Leute aus der Provinz in die Metropole Berlin gezogen und wohnte seit 1913 in Halensee. Von Beruf war sie Kontoristin. Als sie zur Deportation abgeholt wurde, war sie allerdings Zwangsarbeiterin bei der W. Spindler AG und verdiente dort, wie sie in der im Sammellager an der Großen Hamburger Straße am 13.12.1942 von ihr verlangten Vermögenserklärung angab, „ca 18.- Mark netto“. Die Firma W. Spindler an der Grünauer Straße in Spindlersfeld war eine Färberei und Chemische Reinigung und einer der Einsatzorte für Zwangsarbeiterinnen.

Eine amtliche Schätzung der Möbel und Gegenstände, die sie in der Westfälischen Straße 59 zurücklassen musste, verlief nach Angaben des Schätzers „erfolglos“, allerdings habe sie noch eine „Restschuld“ von 10,75 RM zu begleichen. Am 7.3.1943 gab der Hausbesitzer, der Architekt Georg Reinemuth, Malplaquetstraße 4a, zu Protokoll, „dass der jüdische Mieter (er benutzte die männliche Form) Paula (nachträglich verbessert: Johanna) Sara Treitel nach Feststellungen des Hauswarts seit mehreren Tagen nicht mehr in seiner Wohnung ist und stelle ich hiermit Antrag auf Mietersatz. Heil Hitler!“

Am 14. Dezember 1942 ist Johanna Treitel zusammen mit ihrem Bruder Max deportiert worden. Sie mussten sich, nachdem sie aus ihrer Wohnung verschleppt wurden, in der Sammelstelle für zur Deportation vorgesehene Jüdinnen und Juden an der Großen Hamburger Straße melden und wurden am 14. Dezember 1942 in einem mit 811 Menschen besetzten Reichsbahnzug vom Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald nach Auschwitz gebracht, wo sie ums Leben kamen.

Stolperstein Max Treitel

HIER WOHNTE
MAX TREITEL
JG. 1890
DEPORTIERT 14.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Max Treitel ist am 17. Dezember 1890 in Posen (Poznan, Polen) als Sohn einer armen Familie geboren. Wie seine zwei Jahre ältere, am 19. März 1888 in Posen (Poznan) geborene Schwester Johanna zog es ihn nach Berlin. Beide waren ledig und wohnten seit 1925 zusammen in der Karlsruhr Straße 23.
Max Treitel besuchte das Studien-Atelier für Malerei und Plastik und war Schüler von Lovis Corinth. Er war auch als Illustrator gefragt. Als Beruf gab er in seiner Vermögenserklärung vom 9. Februar 1942 an: Kunstmaler. In die Rubriken für Eigentum, Möbel und Wertgegenstände schrieb er durchgehend „keine, nichts, nein“.

Urkunde für besondere Leistungen Max Treitels, 1914. Unterzeichnet von Lovis Corinth und Max Liebermann

Urkunde für besondere Leistungen Max Treitels, 1914. Unterzeichnet von Lovis Corinth und Max Liebermann

„Er hat außer einigen wertlosen selbstgemalten Bildern nichts zurückgelassen“, protokollierte Obergerichtsvollzieher Schramm am 19.2.1943, die Schätzung sei „fruchtlos“ geblieben. Das von Max Treitel bewohnte Zimmer sei mittlerweile „an den Juden Orbach vermietet“ worden. Für seine „fruchtlosen“ Bemühungen stellte der Obergerichtsvollzieher allerdings 2,70 RM in Rechnung.

Max Treitel: Selbstbildnis (Kohle)

Max Treitel: Selbstbildnis (Kohle)

Am 14. Dezember 1942 ist Max Treitel zusammen mit seiner Schwester Johanna deportiert worden. Sie mussten sich, nachdem sie aus ihrer Wohnung verschleppt wurden, in der Sammelstelle für zur Deportation vorgesehene Jüdinnen und Juden an der Großen Hamburger Straße melden und wurden am 14. Dezember 1942 in einem mit 811 Menschen besetzten Zug vom Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald nach Auschwitz gebracht, wo sie ums Leben kamen.
Einige Bilder Max Treitels sind im Jüdischen Museum Frankfurt a.M. erhalten, andere bei den Familien seiner damaligen Kunden.

Stolperstein Sally Bruck

HIER WOHNTE
SALLY BRUCK
JG. 1878
DEPORTIERT 29.11.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Sally Bruck, geboren am 26. März 1878 in Berlin, und Henny Bruck, geb. Goldes, geboren am 1. April 1892 in Hamburg, wohnten seit 1932/33 in der Karlsruher Straße 23.
Er war wechselnd als „Kaufmann“, „Vertreter“ oder als „Handelsvertreter“ im Adressbuch eingetragen. Ihr Sohn Gerhard Bruck kam am 26. November 1919 in Berlin zur Welt.
Alle drei sind am 29. November 1942, nachdem sie im Sammellager Große Hamburger Straße 26 registriert worden waren, in einem mit 980 Menschen voll besetzten Zug der Reichsbahn vom Bahnhof Grunewald nach Auschwitz deportiert worden, wo sie ermordet wurden.
„Familie B. hat die Wohnung verlassen“, schrieb der Hausverwalter, Oberregierungsrat Erich Struck, an das Oberfinanzpräsidium Berlin-Brandenburg in einer Ausdrucksweise, als ob er den Grund nicht kenne: Die Wohnung sei „von der Polizei beschlagnahmt“ worden und solle dem Hauptplanungsamt übergeben werden. Im Namen der Hauseigentümerin Agnes Fürstenau, die in Dahlem wohnte, verlangte der Verwalter eine Erstattung „der überfälligen Dezembermiete“ von 107,80 Reichsmark.

Stolperstein Henny Bruck

HIER WOHNTE
HENNY BRUCK
GEB. GOLDES
JG. 1892
DEPORTIERT 29.11.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein Gerhard Bruck

HIER WOHNTE
GERHARD BRUCK
JG. 1919
DEPORTIERT 29.11.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein Clara Spielmann

HIER WOHNTE
CLARA SPIELMANN
GEB. SAKLIKOWER
JG. 1873
DEPORTIERT 18.10.1941
LODZ/LITZMANNSTADT
ERMORDET

Clara Spielmann geb. Saklikower ist am 19. September 1873 in Brody (Polen) geboren. Im Berliner Adressbuch wurde sie noch 1942 mit dem Zusatz „Privatiere“ geführt, obwohl sie schon am 18. Oktober 1941 nach Lodz/Litzmannstadt (Polen) deportiert worden war. Dieser war der allererste Transport, der vom Bahnhof Grunewald nach Lodz/Litzmannstadt abfuhr – mit mehr als 1000 Menschen. Es folgten bis zum März 1945 von hier 180 Zugtransporte, die mehr als 50 000 Menschen in die Ghettos und Lager im Osten brachten. Dabei war auch Mathilde Spielmann , die am 16. November 1898 in Wien geboren wurde und vermutlich Clara Spielmanns Tochter war. Sie ist am 18. Oktober 1942 ums Leben gebracht worden.

Stolperstein Mathilde Spielmann

HIER WOHNTE
MATHILDE SPIELMANN
JG. 1898
DEPORTIERT 18.10.1941
LODZ/LITZMANNSTADT
ERMORDET 18.4.1942

Stolperstein Chaim Hermann Askanas

HIER WOHNTE
CHAIM HERMANN
ASKANAS
JG. 1868
DEPORTIERT 14.9.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 14.1.1943

Chaim Askanas, der sich mit dem Vornamen Hermann ansprechen und eintragen ließ, ist am 13. März 1868 in Plock (Polen) geboren. Er bewohnte seit 1931 mit seiner Frau Jenny Askanas, geb. Lappe, geboren am 1. November 1867 in Breslau, in der Karlsruher Straße 23 drei Zimmer mit Balkon und einer Kammer für 73,50 RM Miete. Allerdings benutzte sie – sicherlich aus wirtschaftlicher Not – nur einen Raum, denn zwei Zimmer hatten sie für monatlich 60 Reichsmark untervermietet an Fridaluise Thomsen. Aus zwei Vermerken, sie sei „arisch“ und „wandert nicht aus“, ist zu schließen, dass sie nicht zu den verfolgten Berliner Jüdinnen gehörte. Offenbar musste sie unter persönlich drängenden Umständen in diese Wohnung einziehen und überwies die Miete, wie ihr Sohn mit antisemitischem Unterton formulierte, „verständlicherweise nicht an die Juden Askanas“, sondern an den Hausverwalter.

1942, als Hermann und Jenny Askanas sich auf ihre Deportation vorbereiten mussten, waren sie in einer Jüdischen Gemeinschaftsküche in der Sächsischen Straße 72 angestellt, er als „Pflichtarbeiter“, wie er notierte, womit er offenbar den Begriff „Zwangsarbeiter“ umschrieb, und sie als Küchenhelferin. Hermann Askanas, der in den Jahren zuvor als Kaufmann im Adressbuch eingetragen war, verdiente nach eigenen Angaben dort nur 3 RM wöchentlich.

Jenny Askanas gab ihren Sohn Hans Lappe mit der Anschrift Wilmersdorf, Wilhelmsaue 3, an. Ein Mann dieses Namens ist weder unter dieser Adresse noch in den Deportationslisten nicht zu finden, also ist er offenbar mit dem Leben davongekommen. Hermann Askanas nannte eine Schwester: Margarete Damm, geb. Askanas, geboren am 7. Juni 1895 in Berlin, die in der Meraner Straße 5 in Schöneberg wohnte und am 5. September 1942 nach Riga deportiert wurde, wo sie erschossen worden ist.

Am 3.9.1942 musste das Ehepaar Askanas wie alle zur Deportation vorgesehenen Juden eine Vermögenserklärung ausfüllen, und die Nazi-Behörden zogen Bilanz: Es sei „keinerlei Vermögen vorhanden“. Wenige bescheidene Möbel wurden von der Händlerin Marie Bredow, Müllerstraße 16, auf 24,50 Reichsmark geschätzt und am 19.3.1943 an den Vollziehungsbeamten Roder übergeben. Die Wohnung war schon am 1.10.1942 beschlagnahmt worden.

Am 14. September 1942 wurden Hermann und Jenny Askanas, beide 74 Jahre alt, vom Bahnhof Grunewald ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie starb am 4. Dezember 1942 im Ghetto ausweislich des Totenscheins http://109.123.214.108/de/document/DOCUMENT.ITI.11573 an einer Lungenembolie, er kam ein Jahr danach am 14. Dezember 1943 ums Leben.
Die Behörde des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg hatte sofort nach der Deportation von Hermann und Jenny Askanas deren 64 Jahre alter Untermieterin gekündigt, vermutlich weil die Wohnung für Interesssenten gebraucht wurde. Aber der Sohn Winfried Thomsen protestierte und benutzte dafür einen Dienstbriefbogen mit dem Kopf „Der Bevollmächtigte Vertreter des Reichsbeauftragten der NSDAP für Altmaterialerfassung“ und Hakenkreuz-Aufdruck. Sollte die Kündigung aufrecht erhalten werden, drohte er am 9.11.1942, „so würde ich mich unverzüglich Beschwerde führend an die Kanzlei des Führers wenden“. Drei Tage später antwortete ein Beamter des Oberfinanzpräsidiums handschriftlich, er sei „ausdrücklich“ verpflichtet, „allen Untermietern in den Wohnungen der abgeschobenen Juden“ zu kündigen. Auch Fridaluise Thomsen selbst widersprach ihrem bevorstehenden Rauswurf: „… „werden Sie verstehen, dass ich nicht zufrieden bin“, warb sie um Verständnis, verwies auf die Wohnungsnot und unterschrieb: „Heil Hitler!“ Am 3.8.1943 kaufte sie dann einige Gegenstände ihrer einstigen Vermieter: Küchenschrank und -tisch für 12 Reichsmark. Also war es ihr gelungen, in der Wohnung zu bleiben – mindestens bis zum 29.4.44, mit diesem Datum ist ein letzter Vermerk über ihre Miete in den noch vorhandenen Akten im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam erhalten.

Hausbesitzerin war Agnes Fürstenau, Podbielskiallee 81. Hausverwalter war der Oberregierungsrat Erich Struck, von dem ein „Antrag auf Zahlung zum Teil längst überfälliger Mieten“ existiert: Vom Oberfinanzpräsidium erwarte er eine Nachzahlung für Oktober 1942 bis Januar 1943 von 54 Reichsmark für die ihm entgangene Miete, während „Frau Thomsen (arisch) monatlich Rmk 60,— bezahlt“.

Recherchen und Texte: Helmut Lölhöffel

PS 2021: Ein Zeitgenosse, der durch die Recherche nach seiner Familiengeschichte auf den Stolperstein für Jenny Askenas aufmerksam wurde, ist sich sicher, in dem in dieser Biographie genannten Winfried Thomsen seinen Vater erkannt zu haben. Er tut sich schwer mit der Vorstellung, dass seine Großmutter – Untermieterin bei Jenny und Hermann Askenas – von deren Deportation profitiert haben könnte, ohne sich je über deren weiteres Schicksal Gedanken gemacht zu haben. Ein “familiäres Erbe”, mit dem sich viele Nachkommen der sog. “2. Generation” auseinandersetzen (müssen).

Ergänzung im Januar 2022

Der Sohn des Ehepaares Jenny und Chaim Askanas, Hans Lappe, hat den Holocaust überlebt. Das Landgericht Berlin hatte am 7. April 1941 entschieden, „dass der Beklagte nicht das eheliche Kind des Kaufmanns Chaim Wolfgang Askanas ist.“ Die Mutter des Prüflings habe „in der gesetzlichen Empfängniszeit, in der die Eheleute getrennt gelebt hätten, keinen Geschlechtsverkehr gehabt…“. Das „Reichssippenamt“ verweist am 12. August 1941 auf eine „erb- und rassenkundliche Untersuchung bei der Poliklinik für Erb- und Rassenpflege“ in Berlin-Charlottenburg. Dabei hätten der Sohn, die Mutter und der „gesetzliche Vater“ zur Verfügung gestanden. Ergebnis: „Eher wäre anzunehmen, dass ein anderer, bisher nicht untersuchter und zwar deutschblütiger Mann der Erzeuger des Prüflings war.“

Der 44-jährige Hans Askanas führt ab jetzt – als uneheliches Kind – den Namen seiner Mutter, geb. Lappe. Er ist nur noch „jüdischer Mischling“ – eine vermutlich lebensrettende Einstufung.

Die Eltern von Hans Lappe wohnten zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung in Schöneberg. Dort wird Hans Askanas, später Lappe, am 21. Juni 1897, geboren. Im Jahr 1912 beginnt er eine kaufmännische Lehre und arbeitet danach in verschiedenen Betrieben. Ab 1927 ist er Vertreter und technischer Volontär bei der Großdruckerei H.C.H. Fasbaender GmbH in der Rigaer Straße. Im April 1933 wird ihm, wie vielen jüdischen Angestellten, fristlos gekündigt. Einen Monat später kauft Lappe mehrere Druckereimaschinen, Schriften, Setzregale und anderes Zubehör und stattet damit den Kleinbetrieb des Buchdruckers Gustav Masannek in der Schützenstraße 12 aus. Der Betrieb kann in wenigen Monaten stark expandieren. Lappe ist stiller Teilhaber. „Ich konnte Kundschaft besuchen und hatte unter meiner Eigenschaft als Jude kaum zu leiden“, schrieb er später. Er hat inzwischen geheiratet und lebt in einer 4 ½-Zimmerwohnung in der Nassauischen Str. 31. Zeugen bezeichnen ihn später als wohlhabend. Er habe Perserteppiche, einen Kraftwagen und ein Motorboot besessen. Doch bereits Anfang 1934 ändert sich fast alles. Die jüdischen Kunden aus der Konfektionsbranche brechen weg, Lappe darf keine Hausbesuche mehr machen, wird ausspioniert und zusammengeschlagen. Im Mai 1939 wird seine Teilhaberschaft endgültig aufgelöst, er verliert alle Ansprüche an die Firma und ist für einen geringen Lohn als Arbeiter in der Druckerei beschäftigt.

September 1941. Hans Lappe ist nun offiziell „Mischling 1. Grades“. Das Arbeitsamt vermittelt ihn als kaufmännischen Hilfsarbeiter an die Rüstungsindustrie. Lappe steigt schnell zum inoffiziellen Abteilungsleiter der Fluggeräte-Baufirma Filter & Mann in Berlin SO 36 auf. Arbeitet 12-14 Stunden pro Tag. Am 14. September 1942 werden seine Eltern, Jenny und Chaim Askanas, nach Theresienstadt deportiert. Im Januar 1945 wird Lappe von der „Organisation Todt“, zusammen mit Kriegsgefangenen, zwangsverpflichtet. Die Arbeit hält er nur kurze Zeit durch. Bei einer Körpergröße von 1,77 m wiegt er nur noch 93 Pfund. Bis Kriegsende bleibt er krank und ohne Einkommen zu Hause.

Bereits im April 1945 pachtet er eine Druckerei. Und ab 1948 ist er Inhaber der Firma Hans Lappe OHG, Buchdruckerei, Berliner Straße 42/43, zuletzt, nach eigener Angabe, mit einer Belegschaft von „21 Mann“. Hans Lappe wurde 63 Jahre alt.

Recherche und Text: Gudrun Küsel
Quellen: Berliner Adressbücher, Akten des Entschädigungsamtes Berlin

Stolperstein Jenny Askanas

HIER WOHNTE
JENNY ASKANAS
GEB. LAPPE
JG. 1867
DEPORTIERT 14.9.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 4.12.1942