Cordelia Edvardson wurde am 1. Januar 1929 in München geboren. Sie war die Tochter der katholisch getauften Schriftstellerin Elisabeth Langgässer (1899-1950) und des jüdischen Staatsrechtlers Hermann Heller. Elisabeth Langgässer war in Griesheim bei Darmstadt Lehrerin und zog kurz nach der Geburt der Tochter Cordelia mit ihr nach Berlin. 1935 heiratete sie den nichtjüdischen Philosophen Wilhelm Hoffmann und bezog mit ihm und ihrer Tochter ein Haus – das „Eichkatznest“ – in Eichkamp, einem kleinen genossenschaftlich errichteten Stadtteil nahe am Grunewald. Sie galt als in „privilegierter Mischehe“ lebend, ihre Tochter Cordelia wurde von den Nazis als jüdisch eingestuft. 1938 und jeweils zwei Jahre später wurden drei Töchter geboren. Cordelia war ein ernstes, zurückhaltendes Mädchen.
Seit 1939 hatte sich ihre soziale Ausgrenzung bedrohlich verschärft, ihre Abstammungspapiere lagen erst 1940 vor. Als sie 1941 den „Judenstern“ tragen musste, zog sie mit 12 Jahren zu Bekannten, um die Familie nicht zu gefährden. Ihre Mutter versuchte, sie in der Schweiz oder in Brasilien in Sicherheit zu bringen, die nötigen Visa waren jedoch nicht zu bekommen. Im November 1942 war Cordelias Emigration endgültig gescheitert. Es gelang Elisabeth Langgässer jedoch, sie von einem spanischen Ehepaar adoptieren zu lassen – nun hieß sie Cordelia Garcis-Scouvart. Dadurch war sie für kurze Zeit geschützt.
In ihrem Buch „Gebranntes Kind sucht das Feuer“(1984 in Schweden erschienen) beschrieb Cordelia Edvardson die schicksalsträchtige Vorladung bei der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Die Mutter wurde mit Hochverrat bedroht, da sie durch die Adoption „eine Jüdin den Rassengesetzen zu entziehen“ versucht hatte. Die 14-jährige Cordelia musste ein Dokument der doppelten Staatsbürgerschaft unterzeichnen. Eine Weigerung würde die Zuteilung von Lebensmittelkarten für die Familie sowie die Kennzeichnung des Hauses mit einem gelben Stern nach sich ziehen. Bald darauf holte die Gestapo Cordelia ab und brachte sie ins Jüdische Krankenhaus in der Iranischen Straße – damals ein Sammellager.
Im Herbst 1943 wurde sie nach Theresienstadt deportiert. Wilhelm Hoffmann wurde wegen seiner Weigerung, sich von seiner nichtarischen Frau scheiden zu lassen, zur Zwangsarbeit bei der Organisation Todt eingezogen. Elisabeth Langgässer musste auch Zwangsarbeit leisten. 1944 erhielt Elisabeth Langgässer die Nachricht, dass Cordelia nach Ausschwitz deportiert worden war, wo sie die Häftlingsnummer A3709 erhielt. Cordelia arbeitete zunächst in der Glühbirnenproduktion, später als Schreibkraft, wahrscheinlich auch für den berüchtigten KZ-Arzt Joseph Mengele.
Schwer erkrankt, gelangte sie 16-jährig im Frühjahr 1945 mit den „Weißen Bussen“ (Rettungsaktion des Schwedischen Roten Kreuzes durch Folke Bernadotte) nach Schweden. Dort versuchte sie auch mit Hilfe der Psychoanalyse die Traumata der Vergangenheit zu bewältigen. Erst 1946 erfuhr die Mutter vom Überleben der Tochter. Im gleichen Jahr erschien Elisabeth Langgässers Roman „Das unauslöschliche Siegel“. Damit erlangte sie über Nacht Weltruhm. Dennoch war in ihr etwas unwiederbringlich zerbrochen. 1949, ein Jahr vor ihrem plötzlichen Tod, sah sie Cordelia erstmals wieder.
Cordelia Edvardson wurde in Schweden eine erfolgreiche Journalistin, heiratete und bekam vier Kinder. Während des Jom-Kippur-Krieges 1974 übersiedelte sie als Auslandskorrespondentin des Svenska Dagbladet nach Israel. 2006 kehrte sie nach Stockholm zurück. In dem Dokumentarfilm: ‚Das Mädchen von Auschwitz‘, erweist sich Cordelia Edvardson nicht nur als unsentimentale Erzählerin ihres wechselvollen Lebens, sondern auch als kritische Beobachterin der israelischen Siedlungs- und Besatzungspolitik.
Die Verlegung des Stolpersteins in Eichkamp hat sie mit Überraschung aufgenommen: „… dass in Eichkamp noch jemand an mich denkt“. Sie starb mit 83 Jahren am 29.10.2012 in Stockholm.
Ihr Schicksal schildert sie in dem autobiografischen Roman „Gebranntes Kind sucht das Feuer“ (Hanser, München 1986, Geschwister-Scholl-Preis). Weiterhin erschienen: Die Welt zusammenfügen (1989), sowie der Gedichtband Jerusalems Lächeln (1991, dt.1993).
2001 erhielt sie den Königlichen Preis der Schwedischen Akademie. Sie publizierte auf Schwedisch, die deutsche Sprache ist ihr – wie sie in einem Interview sagte – „geraubt worden“.
Quelle: „Eichkamp, eine Siedlung am Rande, mitten in Berlin“ ( Hrsg. Siedlerverein Eichkamp,1999 )