Wie Berlin die Verkehrswende vorantreiben will

Wie in vielen Metropolen weltweit ist auch in Berlin die Verkehrswende ein zentrales Thema: Wie kann allen Menschen in der Stadt ein angemessenes Mobilitätsangebot gemacht werden, während man zugleich die klima- und umweltschädlichen Auswirkungen des Verkehrs minimiert? Das ist eine der großen – und meist diskutierten – Zukunftsfragen in der Stadt.

Von Jessica Hanack, Berliner Morgenpost

Zwei Menschen Arbeitskleidung tragen eine grüne Beschichtung auf einem Radweg auf.

Radwege werden durch die grüne Beschichtung sichtbarer und sicherer für den Verkehr.

Der schwarz-rote Senat hat in den Richtlinien seiner Regierungspolitik das Ziel formuliert, sich für ein „mobiles und nachhaltiges Berlin“ zu engagieren. Ein entscheidender Faktor dafür sei der öffentliche Nahverkehr, heißt es. Als weiteres zentrales Anliegen in der Mobilitätspolitik benennt es die Landesregierung, auf ein Miteinander und nicht auf ein Gegeneinander der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer zu setzen. Abgezielt wird damit insbesondere auf Konflikte im begrenzten Straßenraum, etwa zwischen Radfahrern und Autofahrern oder dem Bus- und Fahrradverkehr, wenn es um die Verteilung vorhandener Flächen geht.

Beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Berlin will der Senat insbesondere die U-Bahn in den Fokus nehmen. Für fünf Streckenverlängerungen sollen die Planungen fortgesetzt werden, dazu kommen zehn mögliche Ausbauprojekte, die geprüft werden sollen. Anspruch ist es, mit dem Bau der ersten Verlängerung, der die U-Bahn-Linie U3 betrifft, noch in dieser Legislatur zu begonnen, also spätestens im September 2026. Auch im Bereich der Straßenbahn soll der Streckenausbau vorangetrieben werden – die Verlängerung einer Tramlinie ist im September dieses Jahres eröffnet worden. Insgesamt hat Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) das Ziel benannt, den öffentlichen Personennahverkehr vor allem mit Blick auf eine gute verkehrliche Anbindung von Außenbezirken und neuen Wohnquartieren auszubauen.

Ein weiteres Element auf dem Weg zur Verkehrswende ist die Stärkung des Rad- und Fußverkehrs. Der seit April amtierende Senat hat sich etwa vorgenommen, mehr Radwege als die Vorgängerregierung aus SPD, Grünen und Linken zu bauen. Zahlen dazu, wie viele Radwege im vergangenen Jahr in Berlin entstanden sind, liefert der Fortschrittsbericht der Senatsverkehrsverwaltung, der im Juli veröffentlicht wurde. Demnach wurden im Jahr 2022 insgesamt 26,5 Kilometer Strecke neu gebaut oder verbessert, womit das Jahresausbauziel von 40 Kilometern, das im Berliner Radverkehrsplan vorgebeben wird, jedoch verfehlt wurde. Weitere 21,7 Kilometer befanden sich zum Ende des Vorjahres im Bau oder der Bauvorbereitung sowie 132,3 Kilometer in der Planung.

Auch Radschnellwege sollen in der Stadt entstehen, auf mindestens 100 Kilometern Länge bis zum Jahr 2030. So ist es im Berliner Mobilitätsgesetz festgeschrieben. Insgesamt neun Routen befinden sich aktuell in der Planung, sie führen in der Regel von den Außenbezirken in Richtung Stadtzentrum. Was sie außerdem auszeichnet. sind besondere Qualitätsstandards, beispielsweise eine Breite von vier Metern, oder dass Radschnellverbindungen an Kreuzungen meist Vorrang erhalten sollen. Der Umstieg aufs Fahrrad soll damit noch attraktiver werden.

Verfolgt wird außerdem die sogenannte Vision Zero, der Anspruch also, die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten im Verkehr auf null zu senken. Dazu sollen beispielsweise gefährliche Kreuzungsbereiche in Berlin umgebaut oder die Schulwegsicherheit in den Blick genommen werden. In Berlin sind im vergangenen Jahr 34 Menschen im Verkehr gestorben, es war der geringste Wert seit mehr als 30 Jahren. Pro Tag wurden jedoch auch rund sechs Schwerverletzte erfasst.

Ladepunkt für Elektrofahrzeug.

Einer von 2.280 Ladepunkten in Berlin.

Für das Ziel der Antriebswende im Kfz-Verkehr hat sich der Senat das Ziel gesetzt, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge auszubauen. Als konkrete Vorgabe wurde in den Richtlinien der Regierungspolitik festgehalten, durchschnittlich 2.000 Ladepunkte pro Jahr zu errichten. Aktuelle Daten zeigen den Stand für das erste Quartal 2023. Zu diesem Zeitpunkt waren in Berlin knapp öffentlich zugängliche Ladepunkte in Betrieb, wobei sich große Unterschiede zwischen Außenbezirken und Innenstadt zeigen. Im Berliner Zentrum ist die Zahl an Lademöglichkeiten deutlich höher. Der Senat hat deshalb angekündigt, einen Schwerpunkt beim Ausbau der Ladeinfrastruktur auf die Außenbezirke zu legen. Bis zum Jahr 2030 sollen außerdem sämtliche Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) elektrisch unterwegs sein.

Zur „Beschleunigung der notwendigen Transformation im Verkehrssektor“ will der Berliner Senat auch sein geplantes Sondervermögen „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ nutzen. Fünf Milliarden Euro sollen in einem ersten Schritt in Projekte investiert werden, die dabei helfen, die Klimakrise in Berlin zu bekämpfen und die Stadt klimaneutral zu machen. Eines der Handlungsfelder ist der Bereich Mobilität. Neben geschilderten Aspekten wie dem verstärkten Infrastrukturausbau für den Umweltverbund oder der Angebotsausweitung im öffentlichen Personennahverkehr sollen Mittel des Sondervermögens auch genutzt werden, um neue Logistikkonzepte für Gütertransporte und Paketdienste zu entwickeln oder Park & Ride- sowie Bike & Ride-Plätze in Berlin und Brandenburg auszubauen.