Oscars für die Hauptstadt

_von Namrata Mehta_

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Das Team des Oscar-Gewinners „Spielzeugland“: David C. Bunners (Schauspieler), Jochen A. Freydank (Regisseur, Produzent, Autor), Julia Jäger (Schauspielerin), Torsten Michaelis (Schauspieler)

Berlin ist eine glamouröse Filmstadt, kann man nun behaupten. Denn am 22. Februar 2009 gingen zwei Oscars an Berlin. Oder besser formuliert: Die deutsche Hauptstadt hat dazu beigetragen, dass am Abend der 81. Oscar-Verleihung, die im Kodak Theatre in Los Angeles stattfand, die Filme „Spielzeugland“ und „Der Vorleser“ die heißbegehrten Preise gewannen.

Der 41-Jährige Berliner Jochen Alexander Freydank wurde mit seinem Beitrag „Spielzeugland“ mit dem Oscar für den besten Kurzfilm ausgezeichnet. Die Handlung des Kurzfilms ist kurz und bewegend: 1942, im nationalsozialistischen Deutschland, erzählt die Mutter Marianne Meißner (gespielt von Julia Jäger) ihrem Sohn Heinrich (gespielt von Cedric Eich) die Notlüge, dass die jüdischen Nachbarn, Familie Silberstein, ins Spielzeugland fahren würden. Sie möchte ihrem Sohn nicht die Wahrheit sagen, dass den Nachbarn und damit Heinrichs bestem Freund David Silberstein (gespielt von Tamay Bulut Öztavan), die Deportation bevorsteht. Kurz darauf packt Heinrich heimlich seinen Koffer, denn er möchte auch in das Spielzeugland reisen …

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Eine Szene aus dem Kurzfilm Spielzeugland

Der Film wurde mit 18.000 Euro vom Medienboard Berlin-Brandenburg und mit 12.000 Euro von der Filmförderungsanstalt unterstützt. Der 14-minütige Film wurde an nur fünf Tagen in Berlin gedreht und kam mit einem Budget von 30.000 Euro aus – ein knappes Budget für eine solche Kurzfilmproduktion. Zudem verzichtete das gesamte Team auf ihre Gagen – auch das Engagement der Schauspieler hat also dazu beigetragen, dass der Kurzfilm realisiert werden konnte. Nachdem der Kurzfilm auf internationalen Filmfestivals nominiert wurde und auch ausgezeichnet wurde – wie beispielsweise mit den Publikumspreisen in Tokio und in Palm Springs – wurde er auch in Deutschland gewürdigt.

Interessant ist die Biographie des gebürtigen Ost-Berliners: Jochen Alexander Freydank wurde fünf Mal von der Filmhochschule Berlin und Brandenburg abgelehnt. Mit „kleinen“ Jobs – er hat Werbespots und Drehbücher für Fernsehserien produziert – hat er sich hochgearbeitet und 1999 seine eigene Produktionsfirma gegründet – Mephistofilm – wo er schließlich seine Projekte realisieren konnte. In der Oscar-Dankesrede sagte Freydank: „Ich bin in Ostdeutschland aufgewachsen, da war Westdeutschland schon weit weg – und Hollywood ganz weit.“

Bei seiner Rückkehr aus Los Angeles nach Berlin wurde Freydank mit großer Begeisterung am Berliner Flughafen Tegel empfangen – mit einem kleinen roten Teppich, der den Schriftzug „Oscar“ trug sowie mit reichlich Presse. Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, gratulierte dem Filmemacher: „Der Oscar ist Jochen Freydanks bisher größter Erfolg. Ich beglückwünsche ihn im Namen aller Berliner Filmfans und darüber hinaus aller Berlinerinnen und Berliner.“

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Hollywood-Schauspielerin Kate Winslet signiert ihr Portrait während der Berlinale 2009. Der Film „Der Vorleser“ wurde im Rahmen der Berlinale vorgestellt

Seine Zukunft sieht Freydank aber nicht in Hollywood, sondern in Deutschland. Auch sein nächstes Projekt – ein 90-minütiger Film – hört sich vielversprechend an, er wird „Der Bau“ heißen und als Vorlage dient die Erzählung Franz Kafkas.

Neben „Spielzeugland“ hat das Medienboard Berlin-Brandenburg auch den Kinofilm „Der Vorleser“ unterstützt. Die Tochtergesellschaft der Filmstudios Babelsberg „Neunte Babelsberg Film GmbH“ produzierte den Film. Ein erstklassiges Schauspiel-Ensemble wurde engagiert, bevor dann die Dreharbeiten in Berlin und Potsdam stattfanden. Die Hollywood-Schauspielerin Kate Winslet gewann schließlich den Oscar für die beste weibliche Hauptdarstellerin. Als Vorlage für den Film diente der gleichnamige Roman von Bernhard Schlink. Darin geht es um eine tragische Liebesgeschichte zwischen der ehemaligen KZ-Aufseherin Hanna Schmitz und dem 20 Jahre jüngeren Teenager Michael Berg. Übrigens: Auf der Bühne, während der Oscar-Verleihung fasste Kate Winslet sich ans Ohr – ein geheimes Zeichen. Wie zuvor verabredet, hat der Hollywood-Star mit dem „Ohrzeichen“ sich bei den Filmstudios Babelsberg bedankt.

Das Medienboard Berlin-Brandenburg förderte im Jahr 2008 248 Filme, um deutsche Produktionen zu unterstützen. Es ist aber auch mit dafür verantwortlich, dass internationale Filme in Berlin produziert werden. Die deutsche Hauptstadt-Metropole gilt unter Filmemachern als eine äußerst innovative und kreative Filmstadt. Durch die Förderung internationaler Projekte erhofft man sich, dass weitere hochkarätige Produktionen in Berlin und Brandenburg stattfinden werden – und durch die Nacht des 22. Februars in Los Angeles wurde auf die Berliner Filmregion erneut aufmerksam gemacht.


Die Autorin studiert Neuere Geschichte und Erziehungswissenschaften an der Technischen Universität Berlin sowie Publizistik an der Freien Universität Berlin. Sie absolvierte ein Praktikum in der Redaktion von _aktuell_ .