Laut einer Studie der Vodafone-Stiftung erwarten vier Fünftel der Schüler/-innen, dass KI den Unterricht in den kommenden Jahren stark verändern wird. Drei von vier der befragten 14- bis 20-Jährigen gaben an, dass der Einsatz von KI an ihrer Schule entweder noch gar kein Thema ist oder es keine einheitliche Regelung dazu gibt. Der Einsatz von KI im Unterricht wird eher als Chance betrachtet.
Künstliche Intelligenz wird den Unterricht in den kommenden Jahren verändern, davon ist ein Großteil der jungen Generation in Deutschland überzeugt, wie eine repräsentative Studie der Vodafone-Stiftung ergeben hat. Für die Studie „Pioniere des Wandels: Wie Schülerinnen und Schüler KI im Unterricht nutzen möchten“ wurden mehr als 1.500 Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren im Auftrag der Vodafone Stiftung befragt.
Bisher spiele der Einsatz von KI im schulischen Bereich jedoch kaum eine Rolle. Die Mehrheit der Befragten wünscht sich daher, dass sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten von KI in Schule und Alltag sowie die Sensibilisierung für mögliche Gefahren im Unterricht behandelt werden. Vor allem in den Fremdsprachen sowie in Mathematik und Naturwissenschaften sehen Schüler/-innen Potenzial für den Einsatz von KI.
Der geringen Nutzung von KI in der Schule steht laut Studie der starke Rückgriff auf KI im Alltag der Jugendlichen gegenüber: 74 Prozent der Befragten nutzen bereits KI-Anwendungen, wobei 71 Prozent angeben, dass die Nutzung häufiger aus Eigeninitiative für private oder schulische Zwecke erfolgt und seltener durch die Schule angeregt wird. Ein deutlich geringerer Anteil von 31 Prozent nutzt KI mehrmals pro Woche für schulische Zwecke, nur acht Prozent mindestens einmal täglich. Zu den wichtigsten Anwendungen gehöre ChatGPT, Google Lens und DeepL.
Die befragten Schüler/-innen haben eine differenzierte Perspektive auf KI. Den Einsatz in der Grundschule lehnen sie mehrheitlich ab, KI sollte erst ab der Sekundarstufe I eingesetzt werden. Hier versprechen sie sich aber Vorteile, weil KI-Instrumente ein effektives und individuelles Lernen ermöglichen. So könne man sich Themen, die man nicht verstanden hat, noch einmal erklären lassen oder KI zur Fehlerkorrektur einsetzen. Zugleich gaben die Befragten an, dass es im Umgang mit KI wichtig sei, nicht alles zu glauben, was man sieht oder liest. Der verantwortliche Umgang mit KI-Technologien und die Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen, seien Kernkompetenzen, die es zu vermitteln gelte. Schüler/-innen wünschen sich auch eine Anpassung von Prüfungen. Um die eigenen Leistungen von den Leistungen der KI zu unterscheiden, sprechen sich mehr als die Hälfte der Befragten dafür aus, stärker Anwendungs- und Problemlösungskompetenzen zu prüfen, statt auswendig gelerntes Wissen
abzufragen.
„Schülerinnen und Schüler in Deutschland sehen in der Integration von KI eine Chance, den Unterricht entscheidend zu verändern und damit Lern- und Lehrmethoden zu verbessern“, kommentierte der Geschäftsführer der Vodafone Stiftung Matthias Graf von Kielmansegg die Studienergebnisse. Deutlich werde aber auch, „dass die Festlegung der grundlegenden Lerninhalte und die didaktische Einbettung in das schulische Lernen noch eine große Baustelle sind“, so von Kielmansegg.
Berlin hat im April 2023 als eines der ersten Bundesländer Empfehlungen zum Umgang mit den Anwendungsformen Künstlicher Intelligenz für die Schulen erarbeitet und den Schulen zur Verfügung gestellt. In der Handreichung geht es insbesondere um den Umgang mit der KI-Anwendung „Chat GPT“, die KI-basiert Texte generiert. Außerdem werden die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um KI-Anwendungen erläutert. Es werden zudem grundsätzliche Fragen von Datenschutz über den Einsatz von Chat GPT im Unterricht bis hin zu Leistungsbewertungen von Aufgaben, die zumindest teilweise mit KI erstellt wurden, beantwortet. Die Berliner Schulen werden in den Empfehlungen dazu ermuntert, sich mit dem Einsatz von KI im Unterricht progressiv auseinanderzusetzen. Zugleich liefert die Handreichung Anregungen für Lehrkräfte, wie sie
Aufgaben nutzen können, die nach dem derzeitigen Stand nicht ausschließlich von KI-Anwendungen gelöst werden können.
Textgenerierende KI-Anwendungen wie ChatGPT ermöglichen aber auch eine Vielzahl an Einsatzszenarien im Unterricht. Sie erweitern bewährte Methoden und schaffen neue Perspektiven. Als konkrete Beispiele können eine Debatte mit dem Chatbot, das Einholen eines Feedbacks zu Lernprodukten durch die Schülerinnen und Schüler, Selbsttests zum Überprüfen des eigenen Lernfortschritts oder die Erläuterung komplexer Sachverhalte mittels Beispielen, Analogien oder Nachfragen genannt werden. KI-Anwendungen bieten ein enormes Potential für den Unterricht, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Differenzierung bis hin zur Individualisierung gelegt werden kann. Wie jedes andere Lernmittel müssen Lehrkräfte auch im Falle von KI für eine angemessene didaktische Einbindung sorgen, um ihre Potentiale voll ausschöpfen zu können.
Prinzipiell bieten die KI-Anwendungen Chancen und Risiken zugleich, so dass es im Unterricht darum gehen sollte, den Schülerinnen und Schülern Kompetenzen im Umgang mit der neuen Technologie zu vermitteln. Zu einer reflektierten Nutzung gehört auch das Wissen um Stärken und Schwächen textgenerierender KI-Anwendungen. Daher sollten Lehrkräfte mit den Schülerinnen und Schülern auch hinter das System schauen und sich schülernah mit den Funktionsweisen auseinandersetzen.
Passend zum Thema veranstaltet die Bildungsstätte Anne Frank am 19. April eine Tagung über die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz für die offene, vielfältige Gesellschaft. Wer profitiert von der gewonnenen Effizienz und für wen wird Künstliche Intelligenz zu einer echten Gefahr? Welche Konsequenzen wird es für die Demokratie und die offene, vielfältige Gesellschaft geben? Und wird KI künftig auch für jene von Nutzen sein, die heute von Diskriminierung, menschenfeindlicher Gewalt und gesellschaftlichen Ausschlüssen betroffen sind? Diesen Fragen widmet sich nicht nur die Tagung „KI & Demokratie“, sondern auch der vierte Band der Edition Bildungsstätte Anne Frank „Code & Vorurteil. Über Künstliche Intelligenz, Rassismus und Antisemitismus“, der im Februar im Berliner Verbrecher Verlag erschienen ist. Begleitend zur Buchveröffentlichung lädt die Bildungsstätte (Medien-)Pädagog/-innen, Lehrkräfte und politische Bildner/-innen zur ganztägigen Tagung ins Künstler/-innenhaus Mousonturm, Waldschmidtstraße 4, 60316 Frankfurt am Main ein. Eine Anmeldung zur Tagung ist bis zum 31. März möglich.