Der Abiturjahrgang 2022 war besonders stark von den außergewöhnlichen Lernbedingungen und Einschränkungen während der Corona-Pandemie betroffen. Eine Mathematiklehrkraft der Refik-Veseli-Schule in Kreuzberg schilderte uns, wie es den Schülerinnen und Schülern ihres Mathematik-Grundkurses gelang, durch intensive Prüfungsvorbereitung im Rahmen von der „Ferienschule“ und „Stark trotz Corona“ ihre mündliche Abiturprüfung mit beachtlichem Erfolg zu bestehen.
„Im Schuljahr 2021/2022 habe ich den Mathematik-Grundkurs des Abiturjahrgangs unterrichtet. Einen Großteil dieser Schülerinnen und Schüler begleite ich bereits seit drei Jahren. Insbesondere in der 11. Klasse waren die Kompetenzen in Mathematik sehr heterogen ausgeprägt.
Insgesamt 16 Schülerinnen und Schüler dieses Grundkurses mussten ihre Abiturprüfung im Fach Mathematik ablegen. In diesem Fach waren die Prüfungsängste besonders groß. Private Nachhilfe oder Unterstützung können sich viele unserer Schülerinnen und Schüler finanziell nicht leisten – auch, wenn sie nicht BuT-berechtigt (Berechtigung für das Bildungs- und Teilhabepaket) sind. Das Angebot Ferienschule sowie die Lernförderung über das Programm Stark trotz Corona ermöglichten diesen Schülerinnen und Schülern schließlich eine erfolgreiche Prüfungsvorbereitung.
Das Programm „Ferienschule“ richtet sich an Schülerinnen und Schüler bis zur 13. Klasse. Die Angebote finden in Kleingruppen in den Räumen der eigenen Schule statt. Der vertraute Ort und die Kostenfreiheit waren ausschlaggebend dafür, dass sich beinahe der gesamte Abiturjahrgang anmeldete. Während einige Schülerinnen und Schüler nur einzelne Stunden besuchten, nutzten andere das ganztägige Angebot intensiv für alle Prüfungsfächer. Die Lehrkräfte standen ihnen dabei für Fragen beratend zur Seite.
Aufgrund der positiven Lernerfahrungen wünschten sich die Teilnehmenden, die Lernbegleitung unbedingt auch nach den Ferien weiterzuführen. Über das Programm „Stark trotz Corona“ war es kurzfristig möglich, zwei Studierende zu gewinnen, die allen Prüfungskandidatinnen und -kandidaten sowohl eine fachsprachliche als auch inhaltliche Vorbereitung auf die Abiturprüfung anbieten konnten.
Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten, dass allein die Möglichkeit, an einem ruhigen Lernort und gemeinsam in einer Gruppe lernen zu können, eine große Erleichterung darstellte. Oft lassen die Lernbedingungen zu Hause dies nicht zu, da die Schülerinnen und Schüler zum Teil in kleinen Wohnungen leben, keinen eigenen Schreibtisch besitzen oder z.B. aufgrund jüngerer Geschwister, die in dieser Zeit von pandemiebedingten Einrichtungsschließungen oder Betreuungsausfällen betroffen waren, kaum ungestört arbeiten können. Zudem fehlen einigen von ihnen Ansprechpersonen innerhalb der Familie, sodass sie für die fachlich kompetente, meist von Studierenden geleistete, Begleitung dankbar waren.
Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Die Abiturientinnen und Abiturienten berichteten nicht nur von einer deutlichen Verbesserung ihrer Lernleistungen, sie haben darüber hinaus mehr Sicherheit für das Absolvieren der Prüfungen gewonnen.
Alle 16 Schülerinnen und Schüler haben die mündliche Abiturprüfung im Fach Mathematik bestanden. Zwei von ihnen konnten ihre Ausgangsnoten beachtlich verbessern: So legte ein Schüler mit 15 Punkten die beste mündliche Prüfung in Mathematik ab, nachdem er in Klasse 11 noch einen Punkt im Halbjahreszeugnis erreicht hatte. Das hat mich sehr stolz gemacht! Er nutzte zur Vorbereitung mehrere Programme: Neben „Plan-Abi“, einem regionalen Angebot zur Prüfungsvorbereitung für den Mittleren Schulabschluss des Plan Solidarität e.V., und der „Ferienschule“ besuchte er täglich die Förderung über „Stark trotz Corona“. Eine Schülerin, die in den Halbjahresnoten in Mathematik durchschnittlich 8 Punkte erreichte, schloss die Abiturprüfung mit 14 Punkten ab. Auch hier war meine Freude über das Erreichte riesig!
Auch meine Schulleiterin Elke Bienzeisler ist beeindruckt von den Leistungen und dem Selbstbewusstsein der Kandidatinnen und Kandidaten in den mündlichen Prüfungen. Die Verbesserungen in den Mathematikprüfungen – von Klasse 11 an betrachtet – seien im Vergleich zu anderen Jahrgängen entsprechender Bildungsgänge geradezu erstaunlich.
Wir erhalten seitdem vermehrt Anfragen einzelner Schülerinnen und Schüler sowie unserer Verbundschule zur Möglichkeit der Teilnahme an den Angeboten zur Lernförderung und Prüfungsvorbereitung an unserer Schule.
Für mich ist nach dieser Erfahrung im vergangenen Schuljahr klar: Unabhängig von pandemiebedingten Lernrückständen trägt die Förderung einer solchen Begleitung zu den Abschlussprüfungen dazu bei, angemessene Lernorte und Lernmöglichkeiten zu schaffen und soziale Benachteiligungen zu reduzieren.“