Das von der Ampel-Koalition erklärte Auslaufen der Finanzierung des Förderprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ zum Jahr 2023 stößt auf viel Unverständnis. „Der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition im Bund versprach die Weiterentwicklung und Verstetigung des Programms. Das nun angekündigte Aus durch die Bundesregierung ist enttäuschend und nicht nachvollziehbar. Ich hoffe, dass die Abgeordneten der Ampel-Koalition den Fehler korrigieren werden“, erklärte die Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie Astrid-Sabine Busse.
Zudem sei es realitätsfern, an den Sprach-Kitas zu sparen, deren Umsetzung viele Anstrengungen und Erfolge zunichtemachen würde. „Sprache ist – wie es das Programm selbst sagt – der Schlüssel zur Welt. Wer Kinder in ihrer Sprachentwicklung unterstützt, schafft Chancen und Perspektiven, die sonst verschlossen bleiben können. Die Fachkräfte leisten hier hervorragende und essenzielle Arbeit“, so Busse.
Am vergangenen Freitag hatte das Bundesfamilienministerium mit einem Schreiben an die Jugend- und Familienministerien der Länder mitgeteilt, dass man alle „Möglichkeiten eines Modellprogramms ausgeschöpft“ habe. Dies stieß nicht nur in Berlin auf Verständnislosigkeit. Die Jugend- und Familienministerkonferenz (JMFK), die sich in ihrer „Berliner Erklärung“ noch auf eine Fortsetzung des Bundesprogramms verständigt hatte, appellierte nun an die politisch Verantwortlichen im Bund, diese Entscheidung insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der Ukraine-Krise zu revidieren. In der derzeitigen Situation müsse die Sprachförderung von Kindern ein zentrales Anliegen auch der Bundespolitik sein.
Erst zum Jahresbeginn hatte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine umfangreiche Broschüre herausgegeben, in der Impulse und Erfahrungen aus dem Bundesprogramm versammelt wurden. Demnach existieren in Deutschland über 6.800 Sprach-Kitas, über 7.000 Fachkräfte wurden zusätzlich qualifiziert und begleitet, um eine halbe Million Kinder und deren Familien zu unterstützen.
Hier den „Rotstift“ anzusetzen, sei auch für die vielen Beschäftigten in den Kitas eine Entwertung ihrer bisher geleisteten Arbeit, heißt es in der Presseerklärung der für Jugend und Familie zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren. Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der hohen Belastung der Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen ist es unverständlich und fahrlässig, dass die Personalsituation auf diese Weise weiter verschärft wird. Die für Jugend und Familie zuständigen Verantwortungsträger/-innen in den Ländern wollen sich entschieden dafür einsetzen, das Programm auch über 2022 hinaus fortzuführen und perspektivisch als dauerhaftes Bundesprogramm zu verstetigen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisierte die Entscheidung der Bundesregierung deutlich. „Auf Sonntagsreden heben die Politikerinnen und Politiker die Bedeutung der frühkindlichen Bildung hervor. Am nächsten Tag stellen sie keine Gelder mehr für hochwertige Förderprogramme bereit. Die Fachkräfte schütteln darüber frustriert den Kopf“, hieß es in ihrer Erklärung.
Das seit 2016 laufende Bundesprogramm zu den Sprach-Kitas umfasst drei Handlungsfelder: alltagsintegrierte sprachliche Bildung, inklusive Pädagogik sowie die Zusammenarbeit mit Familien. Im Fokus stehen dabei Kindertageseinrichtungen, die von einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit besonderem sprachlichem Förderbedarf besucht werden. Zu den Zielen gehören die Unterstützung von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf sowie von Einrichtungen in benachteiligten Stadtteilen. Kita-Teams erhalten über die Programmmittel eine wichtige fachliche Unterstützung bei der Weiterentwicklung ihrer alltagsintegrierten sprachlichen Bildungsarbeit. Zusätzliches Personal kann gezielt für die Sprachförderung eingesetzt werden. Allein in Berlin wurden kürzlich 50 neue Fördervorhaben für Sprach-Kitas umgesetzt, insgesamt profitieren 355 Kitas. Der Förderumfang beträgt
in diesem Jahr rund 13,2 Millionen Euro.
Insbesondere vor dem Hintergrund der wachsenden Benachteiligung während der Corona-Pandemie sei vor allem die Förderung von Kindern mit besonderem Sprachbedarf eine wichtige Aufgabe, betonte Astrid-Sabine Busse und machte deutlich, dass sie sich mit allen Kräften für den Erhalt der Sprachförderung einsetzen werde. „Falls das Bundesprogramm nicht fortgeführt werden sollte, muss der Bund mehr Geld in das Gute-Kita-Gesetz stecken, damit die gekürzten Mittel für die Sprachförderung ausgeglichen werden können“, forderte sie. Zugleich kündigte sie an, dass Berlin alle Möglichkeiten ausschöpfen werde, „um das Konzept der umfangreichen Sprachförderung abzusichern. Das ist auch ein Versprechen an die Fachkräfte, die eine enorm wichtige Arbeit leisten. Klar wäre aber, dass die fehlenden Mittel insgesamt eine Lücke reißen würden.“