Das effektive Zusammenwirken von Berufsschulen und ausbildenden Betrieben ist das Kernstück der dualen Ausbildung. Acht ausgewählte Oberstufenzentren* und ihre ausbildenden Betriebe haben sich auf den Weg gemacht, Instrumente und Maßnahmen zur qualitativen Verbesserung der Zusammenarbeit zu entwickeln. Wir sprachen mit Heike Uck-Koglin über das Berliner Modell zur Lernortkooperation.
Frau Uck-Koglin, was ist eine Lernortkooperation?
Mit Lernortkooperation meinen wir das Zusammenwirken der Lernorte Betrieb und Berufsschule. Idealerweise findet hier im Sinne der Auszubildenden eine fürsorgliche Abstimmung zwischen Schule und Betrieb zu allen die Ausbildung betreffenden Themen statt, um den Auszubildenden einen erfolgreichen Ausbildungsabschuss zu ermöglichen.
Sie haben nun ein Pilotprojekt abgeschlossen. Worum ging es da?
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat im Rahmen des Projektes zur Weiterentwicklung und Stärkung der beruflichen Schulen und Oberstufenzentren vor mehr als zwei Jahren ein Pilotprojekt zur Entwicklung und Verbesserung der Lernortkooperation zwischen Berufsschulen und Betrieben ausgearbeitet. Erklärtes Ziel aller Beteiligten war, die Qualität der Ausbildung zu verbessern, bessere Anschlussperspektiven zu schaffen und die Zahl der Ausbildungsabbrüche zu verringern.
Um das zu erreichen, haben wir uns auf gemeinsame Leitvorstellungen geeinigt und die Leistungen am Lernort Betrieb und Schule wechselseitig anerkannt. Was das bedeutet und wie herausfordernd das ist, versteht man vielleicht besser, wenn man bedenkt, dass in Berlin in 326 Ausbildungsberufen ausgebildet wird. Und je nach Berufsgruppe betreuen die Oberstufenzentren Auszubildende aus bis zu 700 Betrieben. Hier gab es also eine Menge abzustimmen.
Wie genau ist das abgelaufen?
Bei 326 unterschiedlichen Ausbildungsberufen ist klar, dass es kein einzelnes allgemeingültiges Vorgehen geben kann. Daher haben wir in acht Pilotschulen, in denen zu sehr unterschiedliche Branchen ausgebildet wird, einzelne Prozesse angestoßen. Jedes Oberstufenzentrum hat für seine Branche ein systematisches Zusammenwirken der Lernorte durch geeignete Maßnahmen erarbeitet, angewandt und weiterentwickelt. Im Verbund reflektierten dann die beteiligten Berufsschulen regelmäßig ihre Pilotprojekte, um Faktoren zu identifizieren, die zum Gelingen einer Lernortkooperation beitragen.
Diese wurden regelmäßig in einem Begleitgremium diskutiert, in dem neben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, der Deutsche Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg, die Industrie- und Handelskammer Berlin, die Handwerkskammer Berlin, die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. und das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) vertreten waren. Wissenschaftlich begleitet und evaluiert wurde das gesamte Projekt durch die Humboldt-Universität zu Berlin. Die Projektleitung hatte die kos GmbH.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf das Pilotprojekt ausgewirkt?
Sie hat eine deutliche Hinwendung zur Digitalisierung befördert. Die Berufsschulen und die Betriebe mussten sich der neuen Wirklichkeit anpassen.
Was sind die zentralen Lehren aus dem Pilotprojekt?
Das zentrale Ergebnis des Pilotprojektes ist das Berliner Modell zur Lernortkooperation (BER-LOK), in dem vier Qualitätsdimensionen definiert werden. Die Lernorte sollen sich gegenseitig zu den Leistungen der Azubis und organisatorischen Fragen informieren, die Ausbildung und Ausbildungsbegleitung zeitlich und organisatorisch abstimmen, bei Themen, Digitalisierung und Weiterbildung besser zusammenwirken und gemeinsame Strukturen nutzen.
Die Ergebnisse der einzelnen Oberstufenzentren sind je nach Ausgangslage und Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich, aber alle insgesamt beeindruckend. Die eingebundenen Kolleginnen und Kollegen haben mit viel Engagement und Enthusiasmus für einzelne Ausbildungsberufe den Ausbau der Lernortkooperation mit ihren betrieblichen Partnern auf den Weg gebracht. Aber wir stehen am Anfang. Für eine regelhafte Zusammenarbeit zwischen Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben bedarf es nun konkrete Erfahrungen.
Lernortkooperationen gelingen vor allem dann, wenn sie in der aktiv gelebten Schulkultur und damit auch in der professionellen Identität der Leitungskräfte, Lehrkräfte und Ausbildungsverantwortlichen gelebt werden.
h5. * Am Pilotprojekt teilgenommen haben: OSZ Kommunikations-, Informations- und Medientechnik, OSZ Gesundheit I, OSZ Kraftfahrzeugtechnik, OSZ Technische Informatik, Industrieelektronik und Energiemanagement, OSZ Bürowirtschaft I, Oskar-Tietz-Schule (OSZ Handel II), Emil-Fischer-Schule (OSZ Ernährung und Lebensmitteltechnik), Ernst-Litfaß-Schule (OSZ Druck- und Medientechnik).