Drucksache - 0769/4
Wir fragen das Bezirksamt:
Die Große Anfrage wird schriftlich durch das Bezirksamt beantwortet:
Aktuell sind 414 Menschen durch das Bezirksamt, Soziale Wohnhilfe, in Unterkünften untergebracht. Im Jahr 2012 waren es im Jahresdurchschnitt 347 Personen. Es ist davon auszugehen, dass die durchschnittliche Anzahl der untergebrachten Personen für das Jahr 2013 sich leicht erhöhen wird. Auch hat sich die Verweildauer in den Wohnheimen und Pensionen erhöht. Dies ist u.a. eine Folge der Entwicklung auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt. Es wird zunehmend schwieriger, für Menschen geeigneten, bezahlbaren und im Sinne der seit 01.05.2012 gültigen Wohnaufwendungsverordnung (WAV), kostenbezogen, angemessenen Wohnraum zu finden. Gerade in Charlottenburg-Wilmersdorf als attraktiver Citybezirk ist diese Entwicklung deutlich zu spüren.
Die Einschätzung, dass sich die Anzahl der Wohnungslosen, die sich im Bezirk aufhalten höher liegt, aber keinen Kontakt zum Bereich der Sozialen Wohnhilfe aufnehmen, beruht auf den Nutzerzahlen der niedrigschwelligen Einrichtungen der Wohnungslosen- bzw. Kältehilfe (Tagesstätten, Suppenküchen, Wärmestuben, Nachtcafés). Berlin bietet im Rahmen der Kältehilfe eine sehr gute Infrastruktur an. Die Angebote sind in der Regel kostenlos. Da sie niedrigschwellig sind werden die Besucherinnen und Besucher gewöhnlich nicht hinsichtlich ihrer Herkunft und Mittellosigkeit kontrolliert. Wohnungslose Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen aus anderen Bundesländern/Ländern finden hier ein sehr gutes Hilfenetz mit Angeboten, die ihnen in ihren Heimatorten/-ländern nicht zur Verfügung stehen.
Die Gründe für Wohnungslosigkeit sind vielfältig und treten häufig in Multiproblemstellungen auf:
Grundsätzlich halten sich einzelne Wohnungslose nicht kontinuierlich an einem Platz auf. Sie begeben sich zu Plätzen, an denen sie auf der einen Seite ihre "Ruhe" finden und zum anderen Hilfsangebote wie die Notübernachtung Franklinstraße, die Tagesstätte Seelingtreff, die Tagesstätte City-Station oder Bahnhofsmission finden. Parks oder Plätze mit Sitzbänken und Rückzugsmöglichkeiten sind immer wieder Anlaufstellen. Zu nennen sind hier u.a.
Die verstärkte Präsenz der Ordnungsbehörden und Polizei, die z.B. durch Beschwerden von Anrainern oder aufgrund von Strafermittlungen ergibt, führen zu Verdrängungssituationen. In der Regel kann man nach Reduzierung der Präsenz einen Rücklauf beobachten.
Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist mit seinen vielfältigen, niedrigschwelligen und vernetzten Angeboten für wohnungslose Menschen grundsätzlich gut aufgestellt. Zwischen der Sozialen Wohnhilfe und den örtlichen Trägern findet ein kontinuierlicher Austausch statt. Die Angebote haben die Aufgabe die Menschen zu informieren, zu beraten und ggf. zu begleiten. Sie sollen einen unkomplizierten Weg zu den gesetzlichen Leistungen aufzeigen. Ziel dieser "Anlaufstellen" ist es die Menschen aus niedrigschwelligen in strukturierte, höherschwellige Angebote zu führen. Dies wird auch durch die Vernetzung der Träger untereinander befördert.
Trotzdem sind die Plätze zur Unterbringung von Wohnungslosen sind schon jetzt nicht ausreichend. Die Unterbringung der Wohnungslosen gemäß ASOG (Allgemeines Sicherheits und Ordnungsgesetz), als Aufgabe des Bezirkes, ist in der Zwischenzeit kaum noch möglich, da insgesamt berlinweit keine ausreichenden Platzkapazitäten vorhanden sind. Die aktuelle Problematik verstärkt sich letztlich auch dadurch, dass es keine geeigneten Immobilien gibt, die für die Unterbringung von Wohnungslosen zur Verfügung stehen. Hier kann nur ein gesamtstädtisches Konzept im Hinblick auf den insgesamt engen Wohnungsmarkt greifen.
Beiliegend der aktuelle Flyer der Kälte- und Wohnungslosenhilfe im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf für 2012/2013. Sämtliche berlinweite Angebote der Kältehilfe sind unter www.kaeltehilfe-berlin.de abrufbar. Das Kältehilfe-Telefon ist ab dem 1. November 2011 bis 31. März 2012 täglich von 19:00 bis 23:00 Uhr besetzt. Tel.: 0 30 / 81 05 60 425 Fax: 030 / 81 05 60 420 Email: Kaeltehilfe-Berlin@gebewo.de
Im Rahmen des von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beauftragten Moderationsverfahrens Hardenbergplatz fand eine Bestandsaufnahme statt, die neben gestalterischen auch funktionale und nutzungsbedingte Beziehungen untersuchte. Darin wurde dem Platz attestiert, durchaus ein sozialer Brennpunkt zu sein und gewisse Verwahrlosungstendenzen durch Müll, herrenlose Fahrräder und die ungepflegte Treppe zu den ehemaligen Terrassen am Zoo erkennen zu lassen. Das Thema Wohnungslosigkeit wurde jedoch nicht ausdrücklich erwähnt, wenngleich es mit der zum Betrachtungsraum gehörenden Jebensstraße durchaus bei der Umgestaltung des Platzes zu beachten ist. Diesbezüglich hat die Deutsche Bahn AG gegenüber dem Bezirksamt jedoch schon versichert gehabt, der Bahnhofsmission auch weiterhin die genutzten Räume zur Verfügung stellen zu wollen. Mit Instrumenten der Stadtplanung ist zwar eine Verdrängung aus bestimmten Bereichen möglich, dies kann aber politisch nicht unser Ziel sein. Wohnungslosigkeit kann zwar nicht mit Instrumenten der Stadtentwicklung beseitigt werden, ein Gegensteuern bei negativen Entwicklungen ist dennoch möglich. Sowohl der Erhalt und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, der gerade auf Landes- und Bundesebene eine zentrale Rolle spielt, kann dafür ein Mittel sein. Aber auch die bezirklichen Initiativen, wie sie in den BVV-Beschlüssen "Soziale Erhaltungssatzungen für Charlottenburg-Wilmersdorf prüfen!" und "Milieuschutzgebiete benennen" formuliert sind, stellen die Weichen in die richtige Richtung zum Erhalt bezahlbaren Wohnraums im innerstädtischen Bereich.
Bezirksstadtrat Carsten Engelmann
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