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Ursonate [Wir spielen, bis uns der Tod abholt]
Eine dadaistische Sprechoper
Claudia Bauer und Peer Baierlein haben sich dem Dada-Klassiker verschrieben und präsentieren ein beeindruckendes Musiktheater basierend auf Kurt Schwitters' "Ursonate"
© Eike Walkenhorst
Die Ursonate entstand im Umfeld von Dada an den Schnittstellen Poesie, Musik, Typografie und Performance. Der hannoversche Merzkünstler Kurt Schwitters (1887–1948) arbeitete seit 1921 über Jahrzehnte an ihrer Entwicklung und bezeichnete sie als seine „umfassendste und wichtigste dichterische Arbeit“.
Eigenwillig und bizarr, anarchistisch und sinnentleert:
Collagen-Kunst aus Müll, verwinkelte Grotten, ein Alphabet von hinten,
eine wuchernde Privatwohnung ohne Außenwelt, Nonsens-Gedichte. Aberwitz
und ad absurdum geführte Konventionen bis zur absoluten Sinnenlosigkeit
wurden zum Markenzeichen des hannoverschen Dada-Künstlers, Dichters,
Komponisten und Werbegrafikers Kurt Schwitters.
Dabei war seine Kunst
geprägt von den Nachbeben des Ersten Weltkriegs, in dem sich eine
ungeahnte Zerstörungswut entfesselte. Der Krieg hatte sich vom
Schlachtfeld in die Köpfe verlagert. Mit dem Krieg zerfiel die vertraute
Welt in ihre Bruchstücke, alle geltenden Sinnzusammenhänge verloren an
Bedeutung. Ein tief verwurzeltes Gefühl der Orientierungslosigkeit
machte sich breit.
Kunst diente Schwitters als Gegenwelt zur
bestehenden bürgerlichen Gesellschaft, als skurriler Anti-Kosmos
jenseits etablierter Logiken: Merz-Kunst, wie er seine eigene Kunst
bezeichnete. Eine Silbe, die er aus dem Wort der damaligen Kommerz- und
Privatbank herausgeschnitten hatte. Merz bedeutete für ihn die
Überwindung der Gegensätze von Welt und Kunst, Sinn und Unsinn sowie den
Grenzen zwischen den Künsten.
Schwitters arbeitete akribisch über
neun Jahre (1923 – 1932) an seinem Lautgedicht Ursonate, während um ihn
herum die Krisen der modernen Welt tobten. Zwar folgte er in der
Struktur einer klassischen, viersätzigen Sonate, in die er aber sein
verwildertes Sprachmaterial einsortierte und sie umformte zu einer
Anti-Sonate – einer spielerischen Dekonstruktion der
bildungsbürgerlichen Kunst. So befreite Schwitters die ideologisch
vereinnahmte Sprache, indem er sie auf ihre Urlaute reduzierte, um alle
semantischen Bezüge aufzulösen und durch die Atomisierung der Sprache
neue Bedeutung schaffen zu können. Und auch diese absurde Lautpoesie mit
Brüllen, Zischen, Krähen war für ihn Revolte und Beginn von etwas
Neuem.
Vive la crise! Oder mit den Worten des Bürgerschrecks: Fümms bö
wö tää zää Uu.
Künstler/Beteiligte: Kurt Schwitters (Autor/in), Claudia
Bauer, Mareike Beykirch, Moritz Kienemann, Jens Koch, Vanessa Loibl,
Janek Maudrich, Lenz Moretti, Mathilda Switala, Anita Vulesica, Maria
Schneider aka Mascha Juno (Musik), Lih Qun Wong (Musik), Yannick
Wittmann (Dirigent), Dorian Sorg (Live-Kamera)
Künstler/Beteiligte: Deutsches Theater Berlin
Laufzeit: Mi, 10.07.2024 bis Mi, 10.07.2024
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