Stellen Sie sich vor, es wäre an Ihnen, Ihr Leben zu gestalten; Sie selbst würden bestimmen, wie ihr Leben verläuft … Aber Moment: Tun wir das nicht?
Stellen Sie sich vor, Sie lassen alles hinter sich und fangen noch einmal neu an: andere Stadt, anderer Beruf, andere Liebschaft. Stellen Sie sich vor, es wäre an Ihnen, Ihr Leben zu gestalten; Sie selbst würden bestimmen, wie ihr Leben verläuft … Aber Moment: Tun wir das nicht? Wie würden wir denn leben, wenn wir nur anders könnten? Was würden wir tun, wenn wir nur anders wollten?
"Mein Name sei Gantenbein" treibt Max Frischs Lebensfrage danach, wer wir sind und wer wir sein könnten, auf die Spitze – und gibt der Zweifelhaftigkeit des modernen Menschen und der Abwägung von Wirklichkeit und Möglichkeit gleichermaßen eine Stimme. Oliver Reese, der bereits viele Monologe auf die Bühne gebracht hat, inszeniert eine eigene Bearbeitung des letzten großen Frisch-Romans mit Matthias Brandt, der dafür nach 20 Jahren Abstinenz auf die Bühne zurückkehrt.
Künstler/Beteiligte: von Max Frisch (Autor/in), Matthias Brandt, Hansjörg Hartung, Elina Schnizler, Jörg Gollasch, Steffen Heinke, Johannes Nölting, Oliver Reese
Laufzeit: Sa, 23.11.2024 bis Mi, 18.12.2024
ZUM STÜCK
MEIN NAME SEI GANTENBEINVON MAX FRISCHIn einer Fassung von Oliver Reese
DU SOLLST DIR KEIN BILDNIS MACHEN
"Die Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack von Katastrophe nehmen." Max Frisch
"Krise" leitet sich vom altgriechischen Wort krísis, "Entscheidung" ab. Eine Krise ist also eine Situation, in der man eine Wahl hat. Wer eine Wahl hat, ist frei und in dessen Verantwortung liegt es, sich zu entscheiden: Wie weiter? Was nun?Der Zustand des sich ständig und immer wieder entscheiden Müssens ist ein wesentlicher in Max Frischs Werk. Er umkreist ihn in fast all seinen Schriften mit seinem berühmten Credo "Du sollst dir kein Bildnis machen" – kein Bildnis von der Welt (Homo Faber), kein Bildnis vom Leben (Stiller) und auch kein Bildnis von dir selbst (Mein Name sei Gantenbein).Sich ein Bildnis von etwas zu machen, bedeutet für Frisch, etwas auf einen Begriff zu bringen, fertig mit etwas zu sein – in seinem Urteil von einem so könnte es sein zu einem so ist es überzugehen. Darin liegt für Frisch auch das Ende aller Liebe: In der Behauptung, den anderen zu kennen, "im Verweigern des Anspruchs alles Lebendigen, unfassbar zu sein." Die Krise also, die die Möglichkeit über jede Behauptung von Wirklichkeit stellt, nennt Frisch Leben – das Starre dagegen, das Sichere, Unveränderbare, die Wiederholung ohne Hoffnung oder Sorge, das ist die Katastrophe.Und so stelle man sich vor: Ein anderes Leben.Handeln also, nicht büßen; werden also, nicht sein. •Johannes Nölting
MIT Matthias BrandtREGIE Oliver Reese BÜHNE Hansjörg Hartung KOSTÜME Elina Schnizler KOMPOSITION Jörg Gollasch LICHT Steffen Heinke DRAMATURGIE Johannes Nölting