Uraufführung: 6. Juli 2023, Festival d’Avignon
Den „Garten der Lüste (Le jardin des délices)“ des französischen Regisseurs und Bühnenbildners Philippe Quesne und seines Vivarium Studio entdeckt eine skurrile Busreisegruppe in sehr karger Landschaft. Sie erinnern sich an letzte Fragmente europäischer Kultur und erträumen sich so die Utopie eines anderen Lebens in unsicheren Zeiten.
Eine achtköpfige Reisegruppe entsteigt in einer unwirtlich steinigen Umgebung einem weißen Bus und beginnt sogleich, sie zu erkunden und zu gestalten, wobei ein aufspringendes Dinosaurier-Ei eine wesentliche Rolle spielt. Wie so oft bei Philippe Quesne bildet sie eine Gemeinschaft von Individualist*innen, die sowohl einzeln als auch zusammen an einem nicht ganz klar definierten Projekt arbeitet. Dazu bedienen sie sich des Erinnerungsschatzes aus Jahrhunderten europäischer Hoch- und Popkultur: William Shakespeare, Georges Perec, Henry Purcell und Roy Orbison werden rezitiert und aufgeführt, wissenschaftliche Diskurse werden aufgefächert – und am Ende scheinen alle acht Protagonist*innen, brillant verkörpert von den künstlerischen Weggefährt*innen Philippe Quesnes, selbst in Boschs Gemälde gelandet zu sein. Wie Regisseur und Bühnenbildner Quesne im Interview mit dem Dramaturgen Éric Vautrin sagt: „Sie schlagen vor, für die Dauer der Aufführung an die von ihnen entworfene Utopie zu glauben, und so einander – uns? – zusammenzubringen.“
Bis die Gruppe nach rund 100 Minuten ihre Reise fortsetzt, erlebt das Publikum, wie sie sich ein anderes Leben erträumen, wie sie Erinnerung, Freundschaft, Landschaft und Theater miteinander verflechten und der Angst einen passiven, aber deutlichen Widerstand entgegensetzen.
2003 gründete Philippe Quesne das Vivarium Studio als freie Gruppe von Schauspieler*innen, Künstler*innen und Musiker*innen. Mit ihnen entwickelte er als Autor und Regisseur Stücke, bei denen das Bühnenbild die Performer*innen wie ein geschlossenes Ökosystem umgibt. Die Produktionen der Gruppe waren bei Theatern und Festivals weltweit zu erleben. Nach einer Intendanz am Théâtre Amandiers-Nanterre reaktivierte Quesne Vivarium Studio im Jahr 2021. In „Der Garten der Lüste“ lassen sie sich vom gleichnamigen Triptychon des niederländischen Malers Hieronymus Bosch inspirieren. Sie setzen damit ihre Auseinandersetzung mit unserer transformativen modernen Welt und der Position fort, die der Mensch ebenso wie die belebte und die unbelebte Natur darin einnehmen. Welche Strategien, welche Utopien können wir angesichts der unsicheren Zukunft, der sich radikal verändernden Strukturen erfinden?
Künstlerisches Team
Philippe Quesne – Konzept, Bühne und Szenografie
Laura Vazquez – Originaltext
Mit Textfragmenten von William Shakespeare, Dante Alighieri, Jan van Ruysbroek und weiteren
Mit Musik von Henry Purcell, José Mário Branco, Roy Orbison, Jérôme Bosch, Giacomo Meyerbeer, Areski Belkacem, Bernard Herrmann und weiteren
Karine Marques Ferreira – Kostüme, Skulpturen
Élodie Dauguet – Mitarbeit Bühne
Éric Vautrin – Dramaturgie
François-Xavier Rouyer – Assistenz
Marc Chevillon – Mitarbeit Technik
Janyves Coïc – Ton
Jean-Baptiste Boutte – Beleuchtung
Matthias Schnyder – Video
Mathieu Dorsaz – Requisite
François Boulet, Martine Staerk – Bühnenleitung
Ewan Guichard, Fabio Gaggetta – Bühnentechnik
Cassandre Colliard – Lichttechnik
Matthyas Schnyder, Victor Hunziker – Videotechnik
Estelle Boul, Cécile Delanoë – Ankleidedienst
Ateliers du Théâtre Vidy-Lausanne – Bühnenbildbau
Judith Martin, Elizabeth Gay – Produktion und Booking
Charlotte Kaminski, Alice Merer – Produktion Vivarium Studio
Aline Fuchs – Produktion on Tour
Entwickelt und realisiert von
Jean-Charles Dumay, Léo Gobin, Sébastien Jacobs, Elina Löwensohn, Nuno Lucas, Isabelle Prim, Thierry Raynaud, Gaëtan Vourc’h
Eine Produktion von Vivarium Studio und Théâtre Vidy-Lausanne in Koproduktion mit Festival d’Avignon, Ruhrtriennale, Athens Epidaurus Festival, Tangente St. Pölten –Festival für Gegenwartskultur, Berliner Festspiele, Théâtre du Nord – Centre Dramatique National Lille / Tourcoing Hauts-de-France, Maison de la Culture d’Amiens – Pôle européen de création et de production, Les deux scenes – Scène nationale de Besançon, Centro Dramático Nacional, MC93 - scène nationale de Seine-Saint-Denis à Bobigny, Le Maillon – Théâtre de Strasbourg – Scène européenne, Kampnagel, Festival NEXT, Scène nationale Carré-Colonnes Bordeaux-Métropole, National Theater und Concert Hall Taipei.