In einem Buch las ich einmal den Satz: „Es ist nicht die Art des Himmels, das Haupt zu erheben.“ Es wäre gut, wenn alle wüssten von diesem Satz, der von der Unart des Himmels spricht. Oh nein, es ist wahrhaftig nicht seine Art, herabzublicken, Zeichen zu geben den Verwirrten unter ihm.
Wenigstens nicht, wo ein so dunkles Drama stattfindet, in dem auch er, dieses erdachte Oben, mitspielt. Vater und Sohn. Ein Sohn – dass es das gibt, das ist das Unfassbare.
Mir fallen jetzt solche Worte ein, weil es für diese finstere Sache kein klares Wort gibt; sowie man daran denkt, kommt man um den Verstand. Finstere Sache: Denn da war mein Samen, undefinierbar und mir selbst nicht geheuer, und dann das Blut seiner Mutter, in dem das Kind genährt worden war, und das die Geburt begleitete, alles zusammen eine finstere Sache.
Diese Verwirrung. Diese Öde. Wenn da eine Rechnung ist, wird sie aufgehen zu meinen Gunsten. Austreten aus dem Geschlecht, zu Ende kommen, ein Ende, dahin soll es nur kommen.
(Ingeborg Bachmann)
SIGISMUND: Ich bin immer überzeugter, dass der Mensch ein unglückliches Tier ist.
Unsere Zivilisation leidet an vitaler Erschöpfung. Im Spanien des 17. Jahrhunderts, als der Lebenshunger groß war, legte die offizielle Kultur den Akzent auf die Verleugnung der Lüste und des Fleisches. Sie erinnerte unablässig daran, dass das irdische Leben nur unvollkommene Freuden biete und Gott die einzig wahre Quelle des Glücks sei. Ein solcher Diskurs wird heute nicht mehr akzeptiert.
Wir brauchen Abenteuer und Erotik, denn wir müssen uns ständig einreden, das Leben sei wunderbar und erregend, und natürlich haben wir genau daran so unsere Zweifel.
Okay, bei der Inquisition aufs Rad gespannt und gevierteilt zu werden, wird nicht angenehm gewesen sein. Aber man biss ins Gras im Bewusstsein, dass es bei der ganzen Sache um irgendwas ging. In diesen glücklichen Zustand können wir uns heute nicht mehr zurückversetzen.
Laufzeit: Fr, 13.12.2024 bis Fr, 13.12.2024