„Übergieße dich mit Wasser: so sollst du dem Universum ein Brunnen sein.” (Kenneth Anger)
In der Dämmerung des ‘Age of Aquarius’, einer Zeit, in der sich ein
Shift von technologischen Innovationen hin zu humanitären Anliegen und
kollektiver Verantwortung vollzieht, steigen die Geschichten der
Erbinnen Ophelias unvermeidlich an die Wasseroberfläche empor, um dort,
ausgebreitet wie ein Teppich aus Algen, ihre Abgründe zu verbergen.
Auf dem nassen Terrain der Bühne wird das Ophelia-Sein trainiert:
die Verkörperung der sie umgebenden Gesetzmäßigkeiten und die bewusste
Befriedigung fremder Phantasien sind Teil eines ambivalenten Spiels,
dessen Meisterin sie ist. Die Narrative ihrer Vorfahren Leda, Melusine,
Undine, der Nymphen, Nereiden oder Sirenen sind es, die immer noch die
heutigen Biografien prägen. Als exzellente Tänzerinnen, die die Musik
lieben und Menschen ins Wasser locken, in die Tiefe zwingen und sie dort
in den Spiegel der Venus blicken lassen, bleibt doch der wahre Ort
ihrer Bedeutung im Dunkeln, untergegangen und auf den Grund gesunken.
Und nur der Fäulnisprozess treibt ihre Körper an die Oberfläche, wo sie
treiben, bis man sie findet, oder sie zerfallen, Eins geworden mit der
Natur.
Wasser ist das Element der Anpassung und gleichzeitig Sinnbild seiner
Fähigkeit zur Ausdehnung, einer endlosen, ewigen, unauflösbaren Einheit
mit der Außenwelt.
Weiblichkeit wurde ikonografisch häufig mit
Wasser in Verbindung gebracht. Und mit dem Tod: Stehend am wellenlosen
Teich ist es synonym für die Domestizierung der weiblichen
Subjektivität, Schaum auf dem Meer das Ergebnis ihrer Auflösung, ein
Fischschwanz das Bild ihrer aberkannten Sexualität.
In einer ozeanischen Landschaft voll kulturgeschichtlicher
Referenzen zu Wasserwesen und ertrunkenen Unbekannten geht es nicht nur
darum, wie man den prekären Umständen einer von klimakatastrophalen
Szenarien geprägten Gegenwart durch Training entkommen kann, sondern
auch um die Spekulation auf neue Lebensformen, die diese Umstände in
sich aufgenommen, verwandelt, zu neuen Wesen machen.
Fluktuation,
Reflexion, Reproduktion, Heilung und Gewalt: in Florentina Holzingers
neuer Arbeit an der Volksbühne vollzieht das multidisziplinäre Ensemble
aus mehreren Generationen eine physische Studie zur Psychologie des
Wassers im 21. Jahrhundert.
HINWEIS
Wir empfehlen für den Besuch der Vorstellung ein Mindestalter von 18 Jahren.
TRIGGERWARNUNG
Bitte beachten Sie: Die Show Ophelia’s Got Talent beinhaltet
* selbstverletzende Handlungen * Blut * Nadeln * Stroboskop-Licht *
explizite Darstellung oder Beschreibung körperlicher oder sexualisierter
Gewalt
Künstler/Beteiligte: Florentina Holzinger (Konzept &
Regie), Florentina Holzinger (Autor/in), Saioa Alvarez Ruiz (mit), Inga
Busch (mit), Renée Copraij (mit), Sophie Duncan (mit), Fibi Eyewalker
(mit), Paige A. Flash (mit), Florentina Holzinger (mit), Annina Machaz
(mit), Melody Alia (mit), Xana Novais (mit), Netti Nüganen (mit), Urška
Preis (mit), Zora Schemm (mit), Paige A. Flash (Musik), Urška Preis
(Musik), Stefan Schneider (Musik), Nikola Knežević (Bühne), Anne
Meeussen (Licht Design), Melody Alia (Videodesign), Jens Crull
(Videodesign), Max Heesen (Videodesign), Renée Copraij (Dramaturgie),
Sara Ostertag (Dramaturgie), Fernando Belfiore (Dramaturgie), Michele
Rizzo (Dramaturgie)
Laufzeit: Do, 21.11.2024 bis Sa, 23.11.2024