Die DDR und Ostdeutschland sind in der letzten Zeit immer wieder Auslöser von Ekel gewesen: etwa, wenn die Historikerin Hedwig Richter von der „ekligen menschenverachtenden DDR“ (2022) spricht, oder der Springerchef Mathias Döpfner seinen "Ekel" vor den Ostdeutschen beklagt, die entweder "nur Kommunisten oder Faschisten“ seien (2023). Auch in der Kunst wurde der Ekel vor Ostdeutschland vielfach bearbeitet, prominent in Christoph Schlingensiefs Horror-Satire „Das deutsche Kettensägenmassaker“ (1990) oder in den Ekel-Provokationen der umstrittenen Band Rammstein. Mit unserer Veranstaltungsreihe wollen wir die politischen und körperlichen Ökonomien des 'ekligen Ostens' untersuchen, nach dem Motto, das der Dramatiker Heiner Müller formuliert hat: „Mein Ekel ist ein Privileg“ (1979). Mit dieser materialistischen Lesart von Ekel als privilegierter Körperpraktik kuratiert Panzerkreuzer Rotkäppchen drei Veranstaltungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: 1. Ekel als politischer Horror in den 90er Jahren, 2. Ekel in der Performance-Kunst der DDR und 3. Ekel als Körperpolitik zeitgenössischer ostdeutscher Künstler*innen.
Zu den Veranstaltungen werden Expert*innen verschiedener Sparten und Genres eingeladen, die miteinander in ein Gespräch gebracht werden. Darüber hinaus wird für jede Veranstaltung ein künstlerisches Rahmenprogramm inklusive der Uraufführung einer Performance zum jeweiligen Themenschwerpunkt entwickelt. Ziel der Reihe ist die politische und körperliche Mobilisierung des ekligen ‘Ostens' als wirkmächtige Diskursform seit den 90er Jahren. Statt bürgerlichem Brechreiz eröffnet die Reihe künstlerische Denk- und Arbeitsräume für den Komplex "Ekel und Osten". Die erste Veranstaltung der Reihe findet in den Uferstudios, Studio 1, am 30.11.2024, um 19 Uhr statt. Diese Veranstaltung beschäftigt sich mit der Frage nach Ekel als politischem Horror in den 90ern. Dabei fokussiert Panzerkreuzer Rotkäppchen aus psychoanalytischer Perspektive auf Repressiertes in der DDR, das seine ekligen Auswürfe in den 90er Jahren findet (u.a. Pogrome wie Rostock Lichtenhagen, Schändung jüdischer Friedhöfe). Zum anderen rückt Panzerkreuzer Rotkäppchen den Komplex des ekligen Ostens im Wiedervereinigungsnarrativ der 90er Jahre in den Blick, mit dem eine paradoxe Anrufung an Ostdeutsche formuliert wurde: zugleich die richtigen und die anderen Deutschen zu sein, auf die sich das Abjekte des westdt. Konsens (antidemokratisch, faschistisch, rassistisch, anti-international) auslagern und abspalten ließ.
Die Reihe Mein Ekel ist ein Privileg ist gefördert von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Produktion: Panzerkreuzer Rotkäppchen
Künstlerische Leitung: Susann Neuenfeldt
Leitung Dramaturgie: Simon Strick
Dramaturgieassistenz: Marisa Burkhardt
Finanzleitung und Social Media: Maria Ullrich
Raumkonstruktion: Werner Türk
ÖA: N.N.
Technische Leitung: Holger Duhn, Klaus Altenmüller
Tanz & Performance: Jenny Helene Wübbe, Kerstin Hurbain, Anna Stiede, Giorgia Bovo / Dokumentation: Sezgin Kivrim