Mit drei Stücken, die in einer Zeitspanne von über 40 Jahren entstanden sind, widmet die Performing Arts Season der amerikanischen Choreografin Trisha Brown einen Abend, der wie unter dem Brennglas ihr künstlerisches Schaffen und dessen Fortbestehen nach ihrem Tod im Jahr 2017 in den Blick nimmt.
Über vier Jahrzehnte prägte Trisha Brown maßgeblich den postmodernen Tanz und schuf – stetig forschend und experimentierend – eine eigene, bahnbrechende Bewegungssprache. An diesem Abend ist neben ihren Schlüsselwerken „Glacial Decoy“ (1979) und „Working Title“ (1985) mit „In the Fall“ die 2023 uraufgeführte, erste Zusammenarbeit der Trisha Brown Dance Company mit dem französischen Star-Choreografen Noé Soulier zu erleben.
„Glacial Decoy“ ist Trisha Browns erste Choreografie für eine klassische Guckkastenbühne und markiert zugleich einen Wendepunkt in ihrer Karriere. Das Werk stellt die erste Zusammenarbeit mit dem bildenden Künstler Robert Rauschenberg dar, der zahlreiche Kollaborationen mit weiteren Künstler*innen folgten. Für „Glacial Decoy“ verantwortete Rauschenberg die visuelle Gestaltung und kreierte durchscheinende, an die weiblichen Säulenfiguren Karyatiden erinnernde Kostüme. Rauschenbergs Schwarz-Weiß-Fotografien bilden den Hintergrund für fünf Tänzerinnen, die mit schwingenden, leichtfüßig-kraftvollen und dabei höchst präzisen Bewegungen den Bühnenraum einnehmen. Wie im Tandem – als wären sie in einem gewissen Abstand unsichtbar miteinander verbunden – breiten sich die Tänzerinnen aus, um nur kurz danach wieder zusammenzufinden und betonen dabei die Gegenüberstellung von tänzerischer Freiheit und Abhängigkeit.
Die Einladung an Noé Soulier, ein Stück für die heutige Kompanie zu entwickeln, entsprang dem Wunsch, das Erbe von Trisha Brown durch die Arbeit mit heutigen Choreograf*innen, die sich mit ihrem künstlerischen Vermächtnis identifizieren, in den Mittelpunkt zu rücken. „In the Fall“ spürt dem Bewegungsvokabular Browns nach und verbindet es mit Souliers eigenen choreografischen Prinzipien zu einer kraftvollen und berührenden zeitgenössischen Kreation.
In „Working Title“ bewegt sich ein achtköpfiges Ensemble in unterschiedlichen Formationen zur eingespielten Musik von Peter Zummo. Choreografie und Musik sind heiter und verspielt, und doch ist die Arbeit in ihrem Überschwang und ihren asymmetrischen wie unvorhersehbaren Bewegungsmustern eine Herausforderung für das Ensemble. Der Titel verweist auf die schlichte, auf ein Bühnenbild verzichtende Inszenierung, die das Choreografische und Zummos musikalisches Spiel ins Zentrum rückt.
Programm
Glacial Decoy (1979)
In the Fall (2023)
Working Title (1985)
Künstlerisches Team
Glacial Decoy
Trisha Brown – Choreografie
Robert Rauschenberg – Visuelles Erscheinungsbild und Kostüme
Ambient – Sound
Beverly Emmons – Licht
Lisa Kraus, Carolyn Lucas – Wiederaufnahme
Trisha Brown, Elizabeth Garren, Lisa Kraus, Nina Lundborg – Originalbesetzung
Cecily Campbell, Catherine Kirk, Ashley Merker, Jennifer Payán, Rochelle Jamila – Neubesetzung
Uraufführung 7. Mai 1979, The Children’s Theater, Minneapolis, USA
„Glacial Decoy“ wurde durch Förderung des National Endowment for the Arts ermöglicht.
In the Fall
Noé Soulier – Choreografie
Florian Hecker – Musik
Noé Soulier, Victor Burel – Licht
Kaye Voyce – Kostüme
Christian Allen, Cecily Campbell, Burr Johnson, Lindsey Jones, Catherine Kirk, Patrick Needham, Jennifer Payán, Spencer Weidie – Originalbesetzung
Cecily Campbell, Savannah Gaillard, Burr Johnson, Catherine Kirk, Ashley Merker, Patrick Needham, Jennifer Payán, Spencer Weidie – Neubesetzung
Deutsche Erstaufführung
Uraufführung 16. November 2023, Cndc, Le Quai Angers, Frankreich
Produktion der Trisha Brown Dance Company und Cndc-Angers, Dance Reflections by Van Cleef and Arpels, Festival d’Automne à Paris und Créteil Maison des Arts, mit zusätzlicher Unterstützung durch die Villa Albertine.
Working Title
Trisha Brown – Choreografie
Peter Zummo mit „Six Songs (Suite for Lateral Pass): Sci-Fi, Slow Heart, Song VI, Song IV“ – Musik
Mustafa Ahmed – Perkussion
Guy Klucevsek – Akkordeon
Arthur Russell – Violoncello und Gesang
Bill Ruyle – Marimba und Tabla
Peter Zummo – Posaune
Beverly Emmons – Licht
Elizabeth Cannon – Kostüme
Trisha Brown, Iréne Hultman, Carolyn Lucas, Diane Madden, Stephen Petronio, Lisa Schmidt, Vicky Shick, Randy Warshaw – Originalbesetzung
Cecily Campbell, Savannah Gaillard, Rochelle Jamila, Burr Johnson, Catherine Kirk, Patrick Needham, Jennifer Payán, Spencer Weidie – Neubesetzung
Uraufführung 17. September 1985, New York City Center, New York, USA