Die Ausstellung arbeitet das vielfältige Wirken Mori Ōgais und seine Beziehung zu Berlin heraus und stellt sie in den Kontext der intensiven wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Japan.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts öffnete sich Japan auf Drängen der Staaten Europas und Nordamerikas, nachdem die weitgehende Isolierung des Landes mehr als zweihundert Jahre angedauert hatte. Das Inselreich stand vor der Herausforderung, sich binnen weniger Jahrzehnte in einen modernen Nationalstaat zu verwandeln, um sich im »Strom der Weltgeschichte« zu behaupten.
Im Zentrum der Reformen, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens durchdrangen, standen Erziehungswesen und Wissenschaft. Ausländische Spezialisten wurden nach Japan gerufen, wo sie grundlegende Strukturen des Bildungssystems aufbauten. Zugleich wurden junge Studierende ins Ausland entsandt, um neues Wissen zu erwerben oder ihre Kenntnisse zu vervollkommnen. Annähernd 750 unter ihnen schrieben sich in den Jahren 1870 bis 1914 an der »Berliner Universität« ein. Nach ihrer Rückkehr gelangten diese Brückenbauer in einflussreiche Positionen in Bildung, Kultur, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft.
Unter ihnen befand sich Mori Ōgai. Mit der Annäherung an eine andere Kultur gewann er nicht nur ein neues Verständnis seiner selbst, sondern wurde auch mit neuen Konzepten von Staat und Religion sowie von Kunst und Wissenschaft vertraut. In diesem Sinn sind seine Erfahrungen paradigmatisch für eine Generation japanischer Intellektueller, die während des Übergangs zur Moderne im Spannungsfeld zwischen Asien und Europa nach einer neuen Identität suchten.
Die Mori-Ōgai-Gedenkstätte sieht sich in dieser Tradition des Wirkens zwischen den Kulturen. Sie lotet Leben und Werk dieser Symbolfigur der deutsch-japanischen Beziehungen aus und ergründet die vielschichtigen Begegnungen zwischen Japan und Europa an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.