Die Sonderausstellung widmet sich einem besonderen Zeitraum im jahrzehntewährenden Schaffen einer Künstlerin, die als gebürtige Berlinerin seit 1952 in Pankow lebt – die Kunstweberin Ingeborg Flierl, geb. Millies. In der Textilkunst der DDR hat sie einen unverwechselbaren Platz inne. Ihr Werk umfasst mehr als 200 Gobelins, zahlreiche Applikationen, Druckgrafiken und baugebundene Arbeiten in Keramik.
Nach 1945 tritt Ingeborg Millies den gerade erlernten Beruf einer Landwirtin nicht an. Es zog die passionierte Zeichnerin zu einem Kunststudium. Kurzerhand immatrikuliert sich die 20-jährige Autodidaktin an der traditionsreichen Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg. Sie studiert zunächst Malerei und Bildhauerei, bis sie 1951 schließlich in die Abteilung Angewandte Kunst wechselt. Hier wendet sie sich der Textilkunst zu.
1952 gehören Ingeborg Millies und ihr Freund, der Architekturstudent Peter Flierl, zu den Unterzeichnenden einer Petition gegen den Deutschlandvertrag zwischen der BRD und den drei westlichen Alliierten. Dieser sah die Wiederbewaffnung Deutschlands und seine Aufnahme in die westlichen Bündnisse vor. Da sie ihre Unterschriften nicht zurückziehen, folgt die politisch motivierte Exmatrikulation aus der Charlottenburger Hochschule.
Beide verlegen daraufhin 1953 ihren Wohnsitz in den Ostberliner Bezirk Pankow und heiraten. Um die Flierls bildet sich ein offener Freundeskreis gleichgesinnter Künstler*innen. Im Klima der staatlich initiierten Formalismus-Debatte gegen den westlichen Kulturbetrieb rückt man zusammen. Der Austausch mit Freund*innen und Kolleg*innen bereichert und inspiriert die junge Ingeborg Flierl, die nun als Zeichnerin, Grafikerin und Textilkünstlerin freischaffend arbeitet und in den nächsten zehn Jahren „nebenher“ die vier gemeinsamen Kinder großzieht.
Zwischen 1956 und 1961 lebte Ingeborg Flierl mit ihrer Familie mitten in Prenzlauer Berg, am Kollwitzplatz. Die Atelierwohnung wurde ihr vom Künstlerverband zugewiesen und befand sich im Dachgeschoss des Hauses Knaackstraße 45. In der Umgebung ist nach mühsamen Enttrümmerungsarbeiten der Kriegsschutt beseitigt. Aber die Bäume auf dem Platz haben die kalten Nachkriegswinter ohne Abholzung überstanden. Der Platz wird zum Treffpunkt vieler Menschen. Ingeborg Flierl beobachtet und porträtiert wieder normales, tägliches Treiben und auch den eigenen Alltag. Zugleich zeichnet sie auch entferntere Stadtmotive in Mitte und Friedrichshain, u. a. Ansichten von zerstörten Kulturstätten wie dem Schinkelschen Konzerthaus. Hierfür legt sie die Bleistifte beiseite, greift zu Feder, Pinsel und Tusche, und wendet sich druckgrafischen Techniken zu, insbesondere der Lithografie. So hält Ingeborg Flierl die besondere Atmosphäre fest, wie sie typisch für die lange Ostberliner Nachkriegszeit war – zwischen überstandenen Kriegsjahren und neuem Lebensmut.
Die Sonderausstellung stellt diese bisher unbekannten zeichnerischen und druckgrafischen Blätter vor. Sie kamen beim Erstellen des Werkverzeichnisses durch Theresa Flierl zum Vorschein und werden hier erstmalig öffentlich gezeigt.
Gefördert durch den Bezirkskulturfonds.
Kurse der Volkshochschule Pankow begleitend zur Ausstellung:
Einführung in die Lithographie – das magische Drucken vom Stein
Pa2270F Alberto Gobber
29.–30.06.24, Sa/So, 13.00–19.15 Uhr
Einführung in die Lithographie – das magische Drucken vom Stein
Pa2270H Mila Christina Albrecht
03.-04.08.24, Sa/So, 13.00–19.15 Uhr
Urban Sketching am Kollwitzplatz
Pa2177F Thomas Smorek
31.08.24, Sa, 11.00–17.30 Uhr
Zeichnen mit der Feder
Pa2140H Simone Schneider
07.–08.09.24, Sa/So, 10.00–15.45 Uhr
Urban Writing - Schreiben am Kollwitzplatz
Pa2028H Dr. Johann Reißer
14. und 21.09.24, Sa, 10.00-16.30 Uhr
Anmeldung unter:
/ Tel.: +49 30 90295-3824
Laufzeit: Mi, 12.06.2024 bis So, 02.02.2025