Viele erfolgreiche Nahwärmeprojekte sind als Idee einer kleinen, engagierten Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern gestartet. Als informeller Zusammenschluss von Gleichgesinnten können sie relevante Informationen zusammentragen und wichtige erste Schritte wie Informationsveranstaltungen und eine Interessensabfrage in der Nachbarschaft durchführen. Oft ist es sehr hilfreich, auf bestehenden Strukturen aufzubauen.
Soll jedoch tatsächlich ein Nahwärmenetz realisiert werden und Ihre Initiative eine aktive Rolle bei der Umsetzung spielen, dann ist es empfehlenswert, sich eine Rechtsform zu geben, die beispielsweise in der Lage ist, Verträge zu schließen oder Förderanträge zu stellen. Dadurch übernehmen die Mitglieder gemeinsam Verantwortung, sodass diese nicht von Einzelpersonen innerhalb der Initiative getragen werden muss.
Welche Rechtsform geeignet ist, hängt davon ab, wie Sie die Rolle Ihrer Initiative bei der Umsetzung gestalten möchten. Ein eingetragener Verein (e.V.) kann die gemeinsamen Interessen einer Gruppe vertreten – beispielsweise von Anwohnerinnen und Anwohnern in einer Nachbarschaft, die zukünftig mit Nahwärme versorgt werden soll. So kann ein Verein zum Beispiel eine Machbarkeitsstudie für ein Nahwärmenetz in Auftrag geben und ggf. Fördermittel dafür beantragen.
Eine Vereinsgründung benötigt mindestens sieben Personen und ist mit relativ geringem organisatorischem und finanziellem Aufwand umsetzbar. Informationen zur Gründung eingetragener Vereine in Berlin finden Sie auf der Webseite der Senatsverwaltung für Finanzen. Vereine können sich allerdings im Normalfall nicht wirtschaftlich betätigen. Wenn Ihre Initiative das zukünftige Nahwärmenetz selbst betreiben und Entscheidungen über dessen zukünftige Entwicklung selbst treffen möchte, dann ist ggf. die Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft sinnvoll.Bei der Entscheidung, welche Variante für Sie infrage kommt, sind verschiedene Abwägungen zu treffen. Vorteile einer Bürgerenergiegenossenschaft sind beispielsweise, dass der gesamte Prozess für die Mitglieder transparent ist, und dass sie selbst direkt Einfluss nehmen können, beispielsweise auf die Wahl geeigneter Wärmequellen und Technologien, die Preisgestaltung bzw. das Preismodell und welche Unternehmen als Dienstleister beauftragt werden, wodurch oft eine hohe regionale Wertschöpfung erfolgt. Neben ‚Wärmeautarkie‘ und Versorgungssicherheit führt dies häufig zu einer starken Identifikation mit dem Projekt und einer Stärkung der nachbarschaftlichen Beziehungen. Genossenschaftsanteile werden i.d.R. verzinst und ermöglichen auf diese Arte eine attraktive finanzielle Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Energiewende.
Andererseits tragen die Mitglieder der Energiegenossenschaft auch die technischen und wirtschaftlichen Risiken des Projekts und es müssen vielfältige Herausforderungen durch die Gründungsbeteiligten bewältigt werden. Sie benötigen kaufmännisches und technisches Know-How, um das Projekt realisieren zu können. Hier sind ggf schon früh Beratungsdienstleistungen einzukaufen, wenn die Mitglieder nicht selbst darüber verfügen. Häufig werden insbesondere in den frühen Phasen wichtige Aufgaben ehrenamtlich von einzelnen Mitgliedern übernommen, was auch einen hohen zeitlichen Einsatz erfordert.
Wird das Netz von einem Energieversorgungsunternehmen betrieben, beispielsweise in einem Contracting-Modell, können die Wärmebeziehenden dessen technisches und energiewirtschaftliches Know-How nutzen. Der Energieversorger übernimmt die Finanzierung und auch die technischen und kaufmännischen Risiken des Projekts. Andererseits werden die Entscheidungen über die technische Umsetzung und die Preisgestaltung in diesem Fall auch vom Unternehmen getroffen, und die Kundinnen und Kunden können deutlich weniger Einfluss nehmen.