Im Oktober diesen Jahres erschien im Neofelis Verlag in der Reihe Relationen. Essays zur Gegenwart der Band Judenhass im Kunstbetrieb. Reaktionen nach dem 7. Oktober 2023, in dem Herausgeber Matthias Naumann verschiedene Stimmen zusammenbringt, die sich zu einem erschreckenden Anstieg des Antisemitismus, insbesondere nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, verhalten. Dieser trete insbesondere in sich als progressiv, links und weltoffen verstehenden Milieus des Kunst- und Kulturbetriebs sowie an den Universitäten städtischer Metropolen lautstark in Erscheinung. Bereits zuvor bestehende Spaltungen wurden vertieft oder taten sich neu auf, so dass der Kunst- und Kulturbetrieb seit dem 7. Oktober unheilbar zerrissen wirke. Während die Relevanz einer künstlerischen Äußerung häufig nur noch im Verhältnis zu einer Positionierung zum Israel-Palästina-Konflikt bemessen zu werden scheint, zeige sich in den (Nicht-)Äußerungen einzelner Künstler:innen sowie von Institutionen ein großer Mangel an Empathie.
Judenhass im Kunstbetrieb analysiert die Ursachen und Äußerungsformen dieses Antisemitismus, beleuchtet Gegenpositionen, beschreibt und diskutiert sie. Der Band geht davon aus, dass die Reaktionen auf den 7. Oktober in den einzelnen Kunstfeldern unterschiedlich ausgefallen und daher differenziert zu betrachten sind. Renommierte Wissenschaftler:innen und Journalist:innen nehmen deshalb jeweils einen, ihnen vertrauten Bereich des Kunstbetriebs genauer in den Blick und untersuchen, was in Theater, Tanz, Film, Bildender Kunst, Literatur, Musik, Comic sowie in der Kulturpolitik nach dem 7. Oktober geschehen ist bzw. daraus folgen könnte oder sollte.
Es diskutieren Esther Slevogt, Alexander H. Schwan, Jonathan Guggenberger und der Herausgeber Matthias Naumann.
Esther Slevogt: Autorin, Theaterkritikerin und Redakteurin. Sie wurde in Paris geboren und hat Philosophie, Literatur- und Theaterwissenschaften studiert. Sie ist Mitbegründerin und Chefredakteurin des Theatermagazins nachtkritik.de. Sie hat zu jüdischer Nachkriegsgeschichte und Themen publiziert, die Theater, Politik und Gesellschaftsgeschichte verbinden.
Alexander H. Schwan: promovierter Tanzwissenschaftler und Ev. Theologe, forscht zum Verhältnis von Tanz, Religion und Spiritualität sowie zur Ethik im zeitgenössischen Tanz. In Theologies of Modern Dance untersucht er die religiöse Dimension der Tanzmoderne und fragt nach spezifischen theologischen Argumenten in der konzeptionellen Arbeit von Choreograf:innen aus dem deutschsprachigen Bereich, den USA und Israel.
Jonathan Guggenberger: studierte Bildende Kunst, Film- und Politikwissenschaft in Berlin. er forschte zu ästhetischen Strategien politischer Mobilisierung in den sozialen Medien u.a. an der Hebrew University in Jerusalem, schreibt für die taz, der freitag und den Tagesspiegel über digitale Bildkulturen, Erinnerungspolitik und Antisemitismus in Kunst und Kultur. Im Oktober 2024 erschien sein literarisches Debüt Opferkunst.
Matthias Naumann: Autor, Übersetzer und sei 2011 Verleger des Neofelis Verlags Berlin. 2006 – 2008 mit Stefanie Plappert wissenschaftliche Erstellung des Wollheim Memorials, frankfurt am Main. Schreibt Theatertexte, seit 2014 zumeist als Teil des Künstlerkollektivs Futur II Konjunktiv, übersetzt hebräische Theatertexte ins Deutsche. Seine Übersetzungen von Stücken Hanoch Levins sind unter dem Titel Die im Dunkeln gehen erschienen.