Drucksache - 1245/V
Die BVV möge beschließen:
Das Bezirksamt wird gebeten, auf dem kleinen Platz an der Ecke Ringstraße/Weddigenweg und an der Ecke Drakestraße/Weddigenweg jeweils eine Informationstafel zu Otto Eduard Weddigen zu installieren. Die Tafeln sollen Auskunft geben über das Leben Weddigens, seine militärische Laufbahn, seine Beteiligung am Ersten Weltkrieg (inklusive seiner völkerrechtswidrigen Angriffe auf zivile Schiffe) sowie die Glorifizierung Weddigens und anderer sogenannter „Kriegshelden“ durch das Deutsche Kaiserreich, die Weimarer Republik und das faschistische Hitler-Regime. In den Entstehungsprozess des Textes und des Layouts der Informationstafeln sollen neben Historiker*innen und den BVV-Fraktionen nach Möglichkeit auch Schüler*innen des Goethe-Gymnasiums einbezogen werden.
Begründung:
Seit 1915 trägt die Bellevuestraße in Lichterfelde-West den Namen Weddigenweg. Sie erinnert an den am 15. September 1882 in Herford geborenen und nur wenige Wochen vor der Straßenumbenennung verstorbenen Kapitänleutnant Otto Eduard Weddigen. Unmittelbar nach seiner Schulzeit ging Weddingen im Jahr 1901 zur Kaiserlichen Marine und lernte das Kriegshandwerk. 1902 wurde er Fähnrich zur See, 1904 Leutnant zur See, ab 1908 war er im U-Boot-Dienst, erst als Wachoffizier, dann als Oberleutnant, 1912 wurde er zum Kapitänleutnant ernannt. Ende September 1914 versenkte Weddigen mit der Besatzung des von ihm geführten Unterseeboots 9 drei britische Panzerkreuzer. Bei diesem Angriff starben schätzungsweise 1500 bis 1600 Menschen, 800 konnten durch britische und niederländische Schiffe gerettet werden. Weddigen wurde für diese Tat als Held gefeiert. Durch Kaiser Wilhelm II. wurde ihm das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse verliehen. Im Oktober 1914 erhielt er für die Zerstörung eines weiteren britischen Kriegsschiffes den „Tapferkeitsorden“ Pour le Mérite. Weddigen und die Besatzung des Unterseeboots 9 versenkten in der Folgezeit auch völkerrechtswidrig zivile Schiffe. Anfang 1915 wurde Weddigen das Unterseeboot 29 unterstellt. Bevor er und seine Besatzung am 18. März bei einer weiteren „Feindfahrt“ ums Leben kamen, versenkten sie noch vier weitere Handelsschiffe. Weddigen, der schon zu Lebzeiten ein gefeierter Held war, wurde zur militärischen Ikone aufgebaut. Dieser Heldenkult hielt während der Zeit der Weimarer Republik an und steigerte sich mit der Machtübergabe an die deutschen Faschisten im Jahr 1933. Das Hitler-Regime benötigte „Kriegshelden“ wie Weddigen, um breite Bevölkerungsschichten für die Vorbereitung und Ausführung seiner von Anfang an geplanten Angriffskriege zu mobilisieren. Teile der Familie Weddigen wirkten aktiv daran mit, dass das Andenken an Otto Eduard Weddigen als „Kriegsheld“ auch ins „Dritte Reich“ überführt und eine Traditionslinie vom Deutschen Kaiserreich bis zur faschistischen Wehrmacht hergestellt wurde. Noch heute schreibt die Marine der Bundeswehr auf ihrer Internetseite über Weddigen: „Kapitänleutnant Weddigen galt als exzellenter Taktiker und Menschenführer, der trotz seiner Erfolge [sic!] und Ehrungen stets bescheiden blieb“ (vgl. Kurzbiografie Otto Weddigen von Dr. Jörg Hillmann, Abruf 19.12.208; www.tinyurl.com/y78thmgu). Der Weddigenweg in Lichterfelde-West ist die letzte in Berlin verbliebene Straße, die nach Otto Eduard Weddigen benannt ist. 104 Jahre nach seinem Tod, 101 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und 74 Jahre nach dem Ende des „Dritten Reichs“ ist es an der Zeit, die Person Otto Weddigen kritisch in die deutsche Geschichte einzuordnen. Dies soll unter anderem mit Hilfe der beantragten Hinweistafeln geschehen. Die Einbeziehung von Schüler*innen des Goethe-Gymnasiums wäre aus Sicht der Linksfraktion erstrebenswert, da die Schüler*innen wahrscheinlich eine Einordnung Weddigens jenseits einer kriegerischen Logik, die den Tod von 1500 bis 1600 Menschen als „Erfolg“ beurteilt, sicherstellen könnten. __________________________________________________________________________
Der Antrag wurde am 03.04.2019 in der 59. Sitzung des Ältestenrats mit folgendem Ergebnis beraten:
Aufgrund der Umbildung des Ausschusses für Schule, Bildung und Kultur wurde der Antrag in den umbenannten Ausschuss für Bildung und Kultur überwiesen.
Rögner-Francke Bezirksverordnetenvorsteher
Der Antrag wurde am 30.10.2019 in der 25. Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur beraten und wie folgt geändert:
„Die BVV möge beschließen:
Das Bezirksamt wird gebeten, auf dem kleinen Platz an der Ecke Ringstraße/Weddigenweg und an der Ecke Drakestraße/Weddigenweg jeweils eine Informationstafel zu Otto Eduard Weddigen zu installieren. Die Tafeln sollen Auskunft geben über das Leben Weddigens, seine militärische Laufbahn, seine Beteiligung am Ersten Weltkrieg (inklusive seiner völkerrechtswidrigen Angriffe auf zivile Schiffe) sowie die Glorifizierung Weddigens und anderer sogenannter „Kriegshelden“ durch das Deutsche Kaiserreich, die Weimarer Republik und das nationalsozialistische Hitler-Regime. In den Entstehungsprozess des Textes und des Layouts der Informationstafeln sollen neben Historiker*innen und den BVV-Fraktionen nach Möglichkeit auch Schüler*innen des Goethe-Gymnasiums einbezogen werden.
Begründung:
Seit 1915 trägt die Bellevuestraße in Lichterfelde-West den Namen Weddigenweg. Sie erinnert an den am 15. September 1882 in Herford geborenen und nur wenige Wochen vor der Straßenumbenennung verstorbenen Kapitänleutnant Otto Eduard Weddigen. Unmittelbar nach seiner Schulzeit ging Weddingen im Jahr 1901 zur Kaiserlichen Marine und lernte das Kriegshandwerk. 1902 wurde er Fähnrich zur See, 1904 Leutnant zur See, ab 1908 war er im U-Boot-Dienst, erst als Wachoffizier, dann als Oberleutnant, 1912 wurde er zum Kapitänleutnant ernannt. Ende September 1914 versenkte Weddigen mit der Besatzung des von ihm geführten Unterseeboots 9 drei britische Panzerkreuzer. Bei diesem Angriff starben schätzungsweise 1500 bis 1600 Menschen, 800 konnten durch britische und niederländische Schiffe gerettet werden. Weddigen wurde für diese Tat als Held gefeiert. Durch Kaiser Wilhelm II. wurde ihm das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse verliehen. Im Oktober 1914 erhielt er für die Zerstörung eines weiteren britischen Kriegsschiffes den „Tapferkeitsorden“ Pour le Mérite. Weddigen und die Besatzung des Unterseeboots 9 versenkten in der Folgezeit auch völkerrechtswidrig zivile Schiffe. Anfang 1915 wurde Weddigen das Unterseeboot 29 unterstellt. Bevor er und seine Besatzung am 18. März bei einer weiteren „Feindfahrt“ ums Leben kamen, versenkten sie noch vier weitere Handelsschiffe. Weddigen, der schon zu Lebzeiten ein gefeierter Held war, wurde zur militärischen Ikone aufgebaut. Dieser Heldenkult hielt während der Zeit der Weimarer Republik an und steigerte sich mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Jahr 1933. Das Hitler-Regime benötigte „Kriegshelden“ wie Weddigen, um breite Bevölkerungsschichten für die Vorbereitung und Ausführung seiner von Anfang an geplanten Angriffskriege zu mobilisieren. Teile der Familie Weddigen wirkten aktiv daran mit, dass das Andenken an Otto Eduard Weddigen als „Kriegsheld“ auch ins „Dritte Reich“ überführt und eine Traditionslinie vom Deutschen Kaiserreich bis zur Wehrmacht hergestellt wurde. Noch heute schreibt die Marine der Bundeswehr auf ihrer Internetseite über Weddigen: „Kapitänleutnant Weddigen galt als exzellenter Taktiker und Menschenführer, der trotz seiner Erfolge [sic!] und Ehrungen stets bescheiden blieb“ (vgl. Kurzbiografie Otto Weddigen von Dr. Jörg Hillmann, Abruf 19.12.208; www.tinyurl.com/y78thmgu). Der Weddigenweg in Lichterfelde-West ist die letzte in Berlin verbliebene Straße, die nach Otto Eduard Weddigen benannt ist. 104 Jahre nach seinem Tod, 101 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und 74 Jahre nach dem Ende des „Dritten Reichs“ ist es an der Zeit, die Person Otto Weddigen kritisch in die deutsche Geschichte einzuordnen. Dies soll unter anderem mit Hilfe der beantragten Hinweistafeln geschehen. Die Einbeziehung von Schüler*innen des Goethe-Gymnasiums wäre aus Sicht der Linksfraktion erstrebenswert, da die Schüler*innen wahrscheinlich eine Einordnung Weddigens jenseits einer kriegerischen Logik, die den Tod von 1500 bis 1600 Menschen als „Erfolg“ beurteilt, sicherstellen könnten.“
Der Antrag in der geänderten Fassung wurde mit 13 Ja-Stimmen einstimmig beschlossen.
Der Bezirksverordnetenversammlung wird die Annahme des Antrags in der geänderten Fassung empfohlen.
Specht-Habbel Ausschussvorsitzende
Die BVV hat in ihrer 34. Sitzung am 13.11.2019 beschlossen:
Das Bezirksamt wird gebeten, auf dem kleinen Platz an der Ecke Ringstraße/Weddigenweg und an der Ecke Drakestraße/Weddigenweg jeweils eine Informationstafel zu Otto Eduard Weddigen zu installieren. Die Tafeln sollen Auskunft geben über das Leben Weddigens, seine militärische Laufbahn, seine Beteiligung am Ersten Weltkrieg (inklusive seiner völkerrechtswidrigen Angriffe auf zivile Schiffe) sowie die Glorifizierung Weddigens und anderer sogenannter „Kriegshelden“ durch das Deutsche Kaiserreich, die Weimarer Republik und das nationalsozialistische Hitler-Regime. In den Entstehungsprozess des Textes und des Layouts der Informationstafeln sollen neben Historiker*innen und den BVV-Fraktionen nach Möglichkeit auch Schüler*innen des Goethe-Gymnasiums einbezogen werden.
Rögner-Francke Bezirksverordnetenvorsteher |
||
Legende
Ausschuss | Tagesordnung | Drucksache | |||
Parlament | Aktenmappe | Drucksachenlebenslauf | |||
Fraktion | Niederschrift | Beschlüsse | |||
Kommunalpolitiker | Auszug | Realisierung | |||
Anwesenheit | Kleine Anfragen |